Tegut-Betriebsversammlung am Donnerstagmorgen im "Morgensternhaus" in Fulda - Fotos: Marius Auth

FULDA "Unzureichende Entwicklung"

Tegut baut Stellen ab und sucht neue Filialbetreiber - Gutberlet geht

14.11.24 - Der Lebensmitteleinzelhändler Tegut aus Fulda war zuletzt in der Presse, weil die Genossenschaft Migros Zürich, die im Jahr 2012 übernommen hatte, ein umfassendes Sanierungsprogramm beschlossen hat. Brancheninsider vermuteten gar, dass der Verkauf bevorstehen könnte. Jetzt gibt das Unternehmen bekannt, Stellen abbauen zu wollen und sucht neue Betreiber für einen Teil der Filialen. Außerdem verlässt Thomas Gutberlet, der langjährige Geschäftsführer von Tegut, das Unternehmen.

Die Einschläge kamen für Tegut in den letzten Monaten immer näher: "Millionengrab Tegut", "Sanieren oder abstoßen?" - gerade die Schweizer Presse berichtete detailreich über das "Deutschlandabenteuer" des Migros-Genossenschafts-Bunds und deren Regional-Genossenschaft in Zürich: Von 2013 bis 2022 konnte nur viermal ein positives Jahresergebnis von Tegut vermeldet werden. Nach Schätzungen der Schweizer "Handelszeitung" hat die Supermarktkette durch den Kaufpreis mit weiteren Investitionen Migros bisher rund 640 Millionen Euro gekostet.

Der langjährige Geschäftsführer Thomas Gutberlet verlässt Tegut Archivfoto: O|N/Marius Auth

Jörg Blunschi, der als Chef der Migros Zürich 2012 für die Übernahme von Tegut verantwortlich war und die Entscheidung noch Anfang des Jahres verteidigt hatte, ist Ende Juni dieses Jahres ausgeschieden. Nachfolger Patrik Pörtig hatte sich bisher nicht zur Zukunft von Tegut geäußert. Migros Zürich hat allerdings Anfang des Jahres ein sogenanntes Turnaround-Projekt gestartet, das die Wirtschaftlichkeit von Tegut verbessern und so die Zukunft der Supermarktkette sicherstellen soll. Tegut-Geschäftsführer Thomas Gutberlet war deshalb ein Berater der Restrukturierungsunternehmens "Alix Partners" zur Seite gestellt worden.

Ernste Minen am Morgensternhaus

Jetzt kam Migros-Manager Pörtig ins Tagungszentrum "Morgensternhaus" am Eisweiher in Fulda. Wo sonst Tagungen für externe Kunden des Ankermieters Tegut stattfinden, mussten am Donnerstagmorgen die eigenen Mitarbeiter anrücken, und zwar die der Zentrale am Eisweiher und die Außendienstler. Nach rund 45 Minuten verließen die Mitarbeiter das "Morgensternhaus", die Minen waren ernst: "Aufgrund der unzureichenden Ergebnisentwicklung hat die Genossenschaft Migros Zürich für Tegut umfassende Sanierungsmaßnahmen beschlossen. In den zentralen Diensten werden 120 Vollzeitstellen abgebaut, für rund 10 Prozent des Filialportfolios werden neue Betreiber gesucht. Thomas Gutberlet, bisheriger Geschäftsführer von Tegut, verlässt das Unternehmen. Die unzureichende Ergebnisentwicklung hat die Genossenschaft Migros Zürich veranlasst, bei ihrer Tochterunternehmung Tegut ein Sanierungsprogramm einzuleiten. Ziel des Programms ist, den Negativtrend zu stoppen und die Zukunft des Unternehmens Tegut zu sichern", erklärte eine Sprecherin von Migros Zürich.

Hintergründe

Tegut-Filiale in Dipperz Archivfoto: O|N/Henrik Schmitt

Tegut sei es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, das vorhandene Marktpotenzial abzuschöpfen. Das Unternehmen weise eine unzureichende Umsatz- und Profitabilitätsentwicklung aus. Die nachhaltige Positionierung von Tegut habe im aktuellen Marktumfeld einen schweren Stand, zudem sei die Expansion außerhalb des Tegut-Kerngebiets anspruchsvoll. Vor diesem Hintergrund und auf Basis der Erkenntnisse aus dem Sanierungsprojekt würden folgende Maßnahmen umgesetzt:

  • Stellenabbau bei den zentralen Diensten: Nachdem sich die Zentralkosten in den vergangenen Jahren signifikant erhöht hätten, sollen in den zentralen Diensten insgesamt 120 Vollzeitstellen abgebaut werden.
  • Filialschließungen: Standorte, welche nicht die notwendigen Ergebnisse erwirtschaften, würden aktiv auf den Markt gebracht. Gemäß aktuellem Planungsstand würden für rund 10 Prozent der Filialen neue Betreiber gesucht.
  • Neue Geschäftsführung: Thomas Gutberlet, seit 2009 Geschäftsführer von Tegut, hat sich entschieden, das Unternehmen per sofort zu verlassen. Patrik Pörtig, Geschäftsleiter der GMZ, zum Entscheid von Gutberlet: "Für den Entscheid von Thomas Gutberlet habe ich großen Respekt und bedanke mich bei ihm für sein langjähriges Wirken." Mit dem Austritt von Thomas Gutberlet gehen die Verantwortlichkeiten für die Leitung des Unternehmens direkt an die neue Geschäftsführung über.
Die Geschäftsführung von Tegut setzt sich neu wie folgt zusammen:

• Sven Kispalko, Chief Restructuring Officer (CRO) und Sprecher der Geschäftsführung
• Karl-Christian Bay, Chief Financial Officer (CFO)
• Robert Schweininger, Chief Operating Officer (COO)

"Wir sind überzeugt, dass diese einschneidenden Maßnahmen notwendig sind, um die Zukunft von Tegut zu sichern und künftig robuste Ergebnisse zu erzielen", so Patrik Pörtig, Geschäftsleiter der Genossenschaft Migros Zürich. Und weiter: "Dass Mitarbeitende von Tegut das Unternehmen verlassen müssen, ist sehr bedauerlich. Es ist uns ein großes Anliegen, den Abbau so sozialverträglich wie möglich umzusetzen." (mau/pm) +++


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