Zu wenige Nutzer: Betreiber zieht zwei Fahrzeuge aus der Kreisstadt ab
17.11.24 - Es war ein Versuch, der nach rund zehn Monaten als gescheitert betrachtet werden muss: das Car-Sharing in der Stadt Bad Hersfeld. Das Unternehmen "Regio Mobil" aus dem benachbarten Schwalm-Eder-Kreis hatte im Januar dieses Jahres zwei Fahrzeuge am Marktplatz und am Bahnhof stationiert (OSTHESSEN|NEWS berichtete). Doch nun die ernüchternde Nachricht: Das Car-Sharing in der Kreisstadt ist zunächst auf Eis gelegt.
"Wir hatten 16 Nutzerinnen und Nutzer in der Stadt", so Regio mobil-Geschäftsführer Michael Schramek gegenüber OSTHESSEN|NEWS. "Da die Nachfrage in Bad Hersfeld nach über neun Monaten immer noch so gering war, dass wir jeden Monat mehrere Hundert Euro Verlust machten, haben wir uns gegen eine Fortführung in Bad Hersfeld entschieden", so Schramek. Die Fixkosten der Fahrzeuge hätten die Einnahmen überschritten.
Zu umständlich und ausreichendes ÖPNV-Angebot?
Bei der Stadt Bad Hersfeld war Christian Scholz, Geschäftsführer Wirtschaftsbetriebe Bad Hersfeld, für das Car-Sharing-Projekt verantwortlich. "Es könnte sein, dass die zwei Standorte innerhalb des Stadtgebietes und die Verpflichtung, die Fahrzeuge immer wieder an diese Plätze zurückzubringen, zu umständlich war", sieht Scholz mögliche Gründe dafür, warum das Car-Sharing in der Stadt kaum angenommen wurde. Im O|N-Gespräch sagt er: "Wir werden erstmal kein Car-Sharing mehr anbieten, weil es nicht funktioniert. Der ÖPNV in Bad Hersfeld ist gut ausgebaut und funktioniert. Der Halbstunden-Takt im Stadtbussystem ist sehr komfortabel", so Scholz. Der Stadt seien durch das Projekt keine Kosten entstanden - abgesehen von Werbemaßnahmen und Informationsveranstaltungen.Teams-Konferenzen zur Lösungsfindung "Regio Mobil" möchte das Car-Sharing in Bad Hersfeld noch nicht endgültig beerdigen. Aus diesem Grund bietet das Unternehmen am 18. November von 18 bis 19 Uhr und am 20. November von 9 bis 10 Uhr zwei Teams-Konferenzen an, bei der erörtert werden soll, inwieweit es gelingen könne, zumindest ein Fahrzeug in Bad Hersfeld ohne Verluste zu betreiben. Die bisherigen Nutzer wurden per E-Mail informiert und zu den Chats eingeladen.
"Wir erhoffen uns, gemeinsam mit den bisherigen Nutzern und gerne auch weiteren Interessenten, einen Weg zu finden, wie die Nutzungs- und Einnahmesituation so verbessert werden kann, dass wir das Angebot ohne relevante monatliche Verluste weiter betreiben können. Und am besten auch, wie wir mit der Community das Angebot ausweiten und damit attraktiver machen können", so Schramek. Die Links zu den Teams-Konferenzen können per E-Mail an [email protected] erfragt werden.
"Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Es braucht Zeit um seine Gewohnheiten zu verändern", sagt der Grünen-Stadtverordnete Thomas Bös auf Anfrage von O|N. Seine Partei hatte das Car-Sharing-Projekt in Bad Hersfeld angestoßen. Bös sieht Verbesserungsbedarf im Bereich Werbung: "Gerade Klimaschutzmaßnahmen sollten wir stärker und mit geeigneten Konzepten bewerben. Das Ziel ist es, beim Klimaschutz den Gemeinsinn anzusprechen und in diesem Bereich einen Flow zu erreichen", sagt Bös.
Nach dem vorläufigen Ende des Car-Sharings wäre laut Bös "noch einmal zu prüfen ob Erreichbarkeit und Zugänglichkeit niederschwellig und einfach genug sind. Auch sollten wir uns noch einmal die Frage stellen, ob die Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern, zum Beispiel Fahrrad, ÖPNV und Bahn, hinreichend gegeben ist", sagt der Grünen-Stadtverordnete. "Auch wenn es jetzt nicht danach aussieht, auch wenn es schleppend anläuft und am Anfang auch Geld kostet, sollten wir nicht zu leicht aufgeben. Car-Sharing wird ein wichtiges Element der Mobilität der Zukunft sein", ist Bös überzeugt. (Christopher Göbel) +++