Zu Unrecht Kindergeld bezogen - wegen Steuerhinterziehung verknackt
27.11.24 - Den Vorwurf der dreifachen Steuerhinterziehung macht die Staatsanwaltschaft Fulda gegen eine heute 51-Jährige aus Philippsthal geltend. Obwohl sie mit ihren drei Kindern zunächst in Österreich, dann in Kanada und heute in Kalifornien/USA lebt, hatte sie seit 2002 fortlaufend Kindergeld bezogen. Deshalb war sie bereits im Oktober vergangenen Jahres zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro verurteilt worden. Zusätzlich sollten die zu Unrecht gezahlten 65.000 Euro Kindergeld eingezogen werden. Gegen dieses Urteil hatte die Frau Berufung eingelegt. Diese Verhandlung fand am Dienstag vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts Fulda statt - allerdings ohne die Angeklagte.
Wie ihr Anwalt angab, ließ sich seine Mandantin aus Krankheitsgründen entschuldigen. Sie sei überzeugt gewesen, dass ihr das Kindergeld für den 1998 geborenen Sohn und die 2004 und 2005 geborenen Töchter rechtmäßig zugestanden habe, weil sie zwischen November 2002 und April 2015 einen Wohnsitz in Philippsthal (Kreis Hersfeld-Rotenburg) gehabt habe. Dort leben ihre Eltern.
Staatsanwalt Wirth und ein Vertreter der Familienkasse waren aber davon überzeugt, dass die Familie nur sporadisch zu kurzen Besuchen in Deutschland war, ihren Lebensmittelpunkt aber im Ausland gehabt habe. Während der Verteidiger darauf hinwies, dass es Belege dafür gebe, dass die Kinder 2012 in Philippsthal eingeschult worden seien, sah das Gericht es nicht als erwiesen an, dass sie dort tatsächlich zur Schule gegangen waren.
Der Fall war durch einen Hinweis des Stuttgarter Finanzgerichts ins Rollen gekommen, weil durch einen Rechtsstreit des mittlerweile von der Frau geschiedenen Vaters des ersten Kindes bekannt wurde, dass seine Ex-Frau mit ihrem neuen Ehemann in Österreich lebte. Empfänger von Kindergeld müssen aber in der Bundesrepublik leben. Weil die Frau anschließend mit Mann und Kindern nach Kanada zog, dort aber nur ein Touristenvisum hatte, musste sie jeweils kurz ausreisen, um dann ein neues Visum beantragen zu können. Das Kindergeld wurde aber fortlaufend auf ein Konto bei der Sparkasse im Kreis Hersfeld-Rotenburg gezahlt, die Abhebungen seien aber alle aus dem Ausland erfolgt, führte der Staatsanwalt aus.
Während der Verteidiger darauf bestand, dass seine Mandantin höchsten fahrlässig, aber keinesfalls mit Vorsatz gehandelt und bereits 9.000 Euro zurückgezahlt habe, und deshalb Freispruch forderte, beurteilten Staatsanwalt und Richter das anders. Bis auf einmal sei die Frau nie vor Gericht erschienen, monierte der Staatsanwalt, habe immer neue Atteste vorgelegt. "Diese Spielchen ziehen sich jetzt seit 2021 hin, was zu der überlangen Verfahrensdauer geführt hat", führte er aus. Er forderte außer der Rückzahlung eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen á 80 Euro.
"Fotos der Familie beim Lollsfest wären ein guter Beweis gewesen"
Die Angeklagte habe selbst darauf hingewiesen, dass sie in Kanada und den USA hohe Beträge für Schulgeld der Kinder aufwenden müsse. Das spreche eindeutig gegen einen Aufenthalt in Deutschland. "Die Familie hätte ja sonst leicht ein Foto vom Besuch auf dem Lullusfest zum Beweis des Gegenteils vorlegen können", argumentierte Richter Becker. Das Urteil fiel dann etwas milder aus als vom Staatsanwalt gefordert Die Frau ist demnach der Steuerhinterziehung in drei Fällen schuldig, die Berufung wurde abgewiesen. Zusätzlich zu den verbliebenen 52.000 Euro wurde die Angeklagte zu einer Geldstrafe von 9.000 Euro verurteilt, allerdings auf Bewährung. "Sie ist nicht vorbestraft und wird das auch nicht wieder tun. Außerdem hat sie bereits einen Teilbetrag zurückgezahlt", so Richter Becker abschließend. (Carla Ihle-Becker)+++