Bundeskanzler Olaf Scholz verliert Vertrauensfrage: Es kommt zu Neuwahlen
16.12.24 - Am Montag war es so weit: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stellte die Vertrauensfrage im Bundestag. Das Ergebnis kam gegen 16:40 Uhr: 207 Ja-Stimmen, 394 Nein-Stimmen, 116 Enthaltungen. Damit ist Scholz das Vertrauen entzogen. Jetzt können Neuwahlen am 23. Februar stattfinden. Das bedeutet ein offizielles Ende der Ampel.
Alltäglich ist die Vertrauensfrage nicht. Erst zum sechsten Mal prüft ein Bundeskanzler, ob das Parlament grundsätzlich noch mit der Regierung einverstanden ist.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte zur Vertrauensfrage im Deutschen Bundestag: "Diese Entscheidung ist so grundlegend, dass sie vom Souverän selbst getroffen werden muss, von den Wählerinnen und Wählern." Zudem mahnte er in seiner Rede: "Riskieren wir unseren Zusammenhalt und unseren Wohlstand, indem wir längst überfällige Investitionen verschleppen?" Dabei konnte er sich einen Seitenhieb in Richtung der FDP nicht verkneifen: "Politik ist kein Spiel ... In eine Regierung einzutreten, dafür braucht es die nötige sittliche Reife. Wer in eine Regierung eintritt, trägt Verantwortung für das gesamte Land". Zudem warf er den Freien Demokraten eine "wochenlange Sabotage der Regierung" vor.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich fürchtet, dass deutsche Kanzler im Bundestag künftig häufiger die Vertrauensfrage stellen müssen. Friedrich Merz hielt er Engstirnigkeit und widersprüchliche und leichtfertige Aussagen vor.
SPD-Chef Lars Klingbeil bedauerte das vorzeitige Ende der Regierung, stellte aber klar, dass die getroffene Entscheidung richtig sei: "Es ist kein Tag, den ich mir gewünscht habe. Aber es ist ein Tag, der notwendig war, um Klarheit zu schaffen, für dieses Land." Zudem bekräftigte der Parteivorsitzende, dass er komplett hinter der Entscheidung des Kanzlers stehe, die Vertrauensfrage zu stellen.
Der Oppositionsführer und CDU-Chef Friedrich Merz sagte in seiner Rede: "Das ist ein Tag der Erleichterung für Deutschland." Allerdings stellte Merz klar, dass die Vertrauensfrage viel zu spät gekommen sei: "Wir sprechen endlich über die Vertrauensfrage, die Sie eigentlich hätten sofort stellen müssen und nicht anderthalb Monate später." Zudem nahm er die FDP in Schutz und unterstellte dem Bundeskanzler mangelnden Respekt.
Für Merz ist eine Sache aber bereits klar: Er lehnt eine mögliche Koalition mit Kanzlerkandidat Robert Habeck und somit den Grünen ab. Harbeck stellt für ihn "das Gesicht der Wirtschaftskrise in Deutschland" dar. Für seine Pläne für höhere Steuern und mehr Umverteilung setze Habeck komplett falsche Akzente. So sagte Merz: "Da kann ich Ihnen nur sagen: gute Reise mit Ihren Vorschlägen. Dann suchen Sie sich mal einen Koalitionspartner, der das mitmacht - wir werden es nicht sein, um es mal ganz klar zu sagen."
Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck meldete sich zu Wort: "Eine neue Bundesregierung wird es nicht einfacher haben." Nach der Bundestagswahl Ende Februar könne es noch länger dauern, bis Deutschland eine neue Regierung habe. Für ihn sei es also wichtig, dass die amtierende Regierung gewissenhaft weiterarbeiten kann. Für ihn war klar: "Deutschland muss handlungsfähig bleiben."
Der AfD-Abgeordnete Jürgen Pohl steht voll und ganz hinter Scholz, weil er den möglichen Kanzler Friedrich Merz ablehnt. Er betonte: "Ich bin hier nicht angetreten, um die AfD in einen gespaltenen Zustand zu versetzen kurz vor der Wahl." Pohl sehe mit Merz die Gefahr, in einen atomaren Weltkrieg zu geraten. "Hier steht einfach die Frage des Gewissens, wofür stimme ich, wo sehe ich Gefahren." Auch die Abgeordneten Christina Baum und Edgar Naujok wollten für den Kanzler stimmen.
Nach dem Vorwurf des Kanzlers, die FDP habe "wochenlange Sabotage der Regierung" geplant, meldete sich auch Finanzminister Lindner zu Wort. "Die Ampel hat keine Antworten auf wirtschaftliche Fragen gefunden und deshalb bei der Bevölkerung an Zustimmung verloren." Vor allem eins trifft auf Widderspruch: "Die von Kanzler Olaf Scholz vorgeschlagene Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel ist unnötig." Das koste Milliarden Euro, sichere oder schaffe allerdings keinen Arbeitsplatz. +++