Haushaltsdebatte vor der Einbringung: Hebesätze bringen Parlament auf Fahrt
20.12.24 - "Wenn wir heute die Nachrichten verfolgen, wird uns bewusst, dass die weltpolitische Lage so angespannt ist wie seit langem nicht mehr. Kriege in der Ukraine sowie im Nahen Osten, der Ausgang der Wahl in den USA, bei dem mit einer Verschärfung der restriktiven US-Handelspolitik gerechnet werden muss, und die Frage, welchen Weg wir in Deutschland bestreiten werden", sagt Anke Hofmann.
Deutschland sei hinsichtlich seiner Wirtschaftskraft an das Ende der Industriestaaten gerutscht. Auch die finanzielle Lage der Kommunen präsentiere sich alles andere als freundlich, erklärte die Bürgermeisterin der Kreisstadt Bad Hersfeld in ihrer Haushaltsrede.
"Sicherlich wundern Sie sich, weshalb ich zunächst den Blick auf die Weltpolitik und die wirtschaftliche Lage Deutschlands und der Kommunen werfe. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister – so auch ich - sind verärgert, wenn die Zahl der Aufgaben wächst, die Anforderungen an die Ausstattung steigen und die Finanzierung dieser Maßnahmen den Handlungsspielraum der Kommunen begrenzt", sagte sie am Donnerstagabend am Ende der für Hersfelder Verhältnisse langen Stadtverordnetenversammlung.
Ausgeglichener Haushalt vorgestellt
Wie viel bleibe tatsächlich im "Portemonnaie" der Kommunen? Auf den ersten Blick sieht der Entwurf recht erfreulich aus: "Wir haben in diesem Jahr einen Haushaltsplanentwurf unter Voraussetzungen erstellt, die sich gegenüber dem Jahr 2024 nochmals deutlich verschlechtert haben. Und gerade deshalb bin ich stolz, dass wir Ihnen einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können", sagte Hofmann.102,9 Millionen Euro an Erträgen stehen Aufwendungen in Höhe von rund 102 Millionen Euro gegenüber. Dies bedeutet einen möglichen Überschuss von rund 800.000 Euro. Zu den Investitionen zählen in den Jahren 2025 bis 2028 rund 53,4 Millionen Euro, davon 13,9 Millionen Euro in die Verkehrsinfrastruktur und 11,4 Millionen Euro in den Brandschutz. "Unter anderem werden wir in 2025 ein Löschfahrzeug, zwei Gerätewagen, ein Mittleres Löschfahrzeug, drei Mannschaftstransportwagen sowie einen Abrollbehälter Wasser beim Hersteller abholen. Für das Jahr 2026 ist die Abholung der Drehleiter mit Korb geplant. Wir investieren: 15,8 Millionen Euro in die Stadtsanierung, 2,2 Millionen Euro zusätzlich für das neue Festspielgebäude sowie 3,6 Millionen Euro für den Bereich der städtischen Kindertagesstätten", sagte Hofmann.
"Verlierer der Grundsteuerreform"
Bevor die Bürgermeisterin den Haushaltsentwurf vorstellte, entfachte sich bereits eine intensive Debatte. Dabei ging es um die Hebesätze. Wie in nahezu allen Kommunen sorgt die Reform für die Grundsteuern für hitzige Diskussionen. Wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts müssen die Sätze neu geordnet werden. Verlierer sei der ländliche Raum - darüber sind sich die Kommunalparlamente einig.Hofmann erklärte: "Verlierer der Grundsteuerreform, die in Hessen mit dem Flächen-Faktor-Modell umgesetzt wird, ist der ländliche Raum, mit der Folge, dass die Steuerkraftmesszahl Bad Hersfelds zunimmt – wir erscheinen demnach steuerstärker. Das Land plant für den KFA 2026 die Anpassung der Nivellierungshebesätze. Diese spielen eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der kommunalen Finanzausstattung. Sie beeinflussen sowohl die Höhe der Schlüsselzuweisungen, die die Kommunen erhalten, als auch die Umlagen, die sie an die Kreise und für die Schulen zahlen müssen – sprich die Kreis- und Schulumlage. Die geplante Anpassung der Nivellierungshebesätze in 2026 hat nach derzeitigem Stand zur Folge, dass wir im Jahr 2026 rund 500.000 Euro sowie im Jahr 2027 eine Million Euro weniger Finanzmittel zu verzeichnen haben."
Im Haushaltsentwurf werden die Hebesätze für die Grundsteuer A und B mit je 410 Prozentpunkten angesetzt. Die Mehrheit von SPD und CDU ist mit diesem Ansatz einverstanden. Bündnis 90/Die Grünen, FDP und UBH hatten für einen Ansatz von 440 Prozentpunkten als Kompromiss zu den zunächst im Raum stehenden 470 Prozentpunkten geworben. Sie befürchten, dass die finanziellen Mittel nicht ausreichen werden und die Bürgermeisterin im Laufe des Jahres eine Haushaltssperre einführen müssen. Zudem müssten rund eine Million Euro eingespart werden, was zulasten der Vereine, der Kultur und der Mitarbeiter gehe. Die FWG und die beiden Einzel-Abgeordneten enthielten sich. (hhb) +++