Jungnationalspieler Marko Grgic (21) sorgt für Ekstase in ausverkaufter Halle
27.12.24 - Was ein Krimi am zweiten Weihnachtsfeiertag in der Werner-Aßmann-Halle: 60 Minuten sind gespielt, der heimische ThSV Eisenach und der HSV Hamburg haben sich ein heißes Duell auf Augenhöhe geliefert, es steht leistungsgerecht 31:31-Unentschieden. Doch eine Szene hat dieses verrückte Spiel noch zu bieten.
Eisenach erhielt mit der Schlusssekunden einen Sieben-Meter-Strafwurf. Zu Survivors "Eye of the Tiger" läuft Marko Grgic zur magischen Linie, knisternde Spannung im Tollhaus. Behält der Jungnationalspieler die Nerven? Ja, tut er. Und wie. Er überlistet Hamburgs Mohamed El-Tayar zum umjubelten 32:31 (17:19).
Es war der Schlusspunkt eines spektakulären Spiels in der Handball-Bundesliga und zugleich der krönende Jahresabschluss für den Erstligisten aus Thüringen. Mit starken 16:16 Punkten liegen sie vor der nun beginnenden Winterpause auf einem einstelligen Tabellenplatz. 2.800 Zuschauer feierten die Jungs von Trainer Misha Kaufmann, schmetterten das traditionsreiche Rennsteig-Lied, tanzten zur "Humba" und stießen anschließend im Foyer zur Discomusik an.
Zur gleichen Zeit hat Trainer Misha Kaufmann viel Lob für sein Team parat. "Das war von uns moralisch sehr, sehr stark. In der zweiten Halbzeit war sehr viel Kampf und Bereitschaft da. Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft in dieser Halbserie. Das ist das erste Mal, dass ich als Bundesliga-Trainer auf einem Single-Platz bin. Sehr, sehr cool", sagte Kaufmann. Nach dem aufreibenden Spiel wolle er sich erst mal ein, zwei Bierchen genehmigen.
"Wahnsinnig emotionales Spiel, eine tolle Kulisse"
Sein Trainer-Kollege Torsten Jansen aus Hamburg war naturgemäß weniger glücklich. Er gratulierte den Thüringern zum Sieg in einem "wahnsinnig emotionalen Spiel, eine tolle Kulisse". Nach einer temporeichen und ausgeglichen Anfangsphase gelang es den Hamburgern, zwischenzeitlich beim 10:15 auf fünf Tore davonzuziehen. In dieser Phase habe es seine Mannschaft besser hinbekommen. Torhüter Simon Haug entschärfte zudem mehrere gute Abschlüsse der Eisenacher.Doch die Gastgeber kamen noch vor der Pause auf zwei Tore heran. "Sie haben dann eher klassisch gespielt", sagte Jansen. Im zweiten Abschnitt entwickelte sich das hochklassige Bundesligaspiel mit einigen feinen Treffern zu einem offenen Schlagabtausch auf Augenhöhe. Spannender kann ein Handballspiel kaum sein. Dazu diese eindrucksvolle Kulisse in der altehrwürdigen, authentischen Eisenacher Halle. Hier wird Handball hautnah und sprichwörtlich bis unters Hallendach gearbeitet. Dazu Thüringer Rostbratwürstchen vom Kohlegrill vor der Halle statt Häppchen auf dem Silbertablett. Eben keine Hochglanzarena von der Stange, dafür mit noch mehr Liebe zum Team auf dem Parkett.
Dieses Team liefert und wird belohnt. Während der Handball-Sportverein aus dem Norden laut Jansen "die Kompaktheit in der Abwehr vermissen ließ", kämpfte der Thüringer Sportverein Eisenach um jeden Zentimeter, um jeden Ball. Der vielleicht etwas glückliche, aber auch verdiente Lohn folgte mit dem finalen Siebenmeter. Hamburgs Trainer sagte zu dieser Situation: "Eine undurchsichtige Entscheidung zum Schluss, einen Siebenmeter zu geben, finde ich ein bisschen eigenartig", sagte Jansen. Trotzdem sei er mit der Leistung mit seiner Mannschaft "ganz zufrieden", auch wenn seine Jungs vielleicht ob der fehlenden Durchschlagskraft ein wenig "zu viel Weihnachtsbraten" gegessen habe. "Ich weiß es nicht".
Für Grgic geht es nun zur Nationalmannschaft
Den Eisenachern war es egal. Marko Grgic schenkte seinem Team und allen Fans aus Westthüringen und Osthessen nach dem bitteren Ausscheiden aus dem Pokal vor wenigen Tagen in Heidelberg im Viertelfinal-Duell bei den Rhein-Neckar Löwen (28:31) den achten Saisonsieg in der Handball-Bundesliga. Für den Jungnationalspieler geht es nun in die Vorbereitung zur Handball-Weltmeisterschaft. Nationaltrainer Alfred Gíslason hat den 21-jährigen gebürtigen Eisenacher in den vorläufigen WM-Kader der deutschen Mannschaft berufen.Teambuildung bei den Biathlon-Freunden in Oberhof
Für seine Eisenacher Mannschaftskollegen geht es bis zum 11. Januar 2025 in die verdiente Pause. "Am 12. Januar geht es zum Teambuildung zu unseren Freunden nach Oberhof zum Biathlon-Weltcup", sagte Eisenachs Geschäftsführer René Witte. Danach folgt ein Trainingslager in der Schweiz. Auch Witte lobte das Team des ThSV. "Was die Jungs heute abgerissen haben, war phänomenal. Für uns ist es ein Meilenstein, dass wir nach der Hinrunde 16 Punkte habe. Es war ein herausragendes Jahr für uns", sagte Witte.Alles fein in Eisenach, wenn da nicht die Diskussionen um die Trainerfrage wäre. Dazu gab es zumindest in der Pressekonferenz keine Neuigkeiten. Laut Medienberichten habe der Geschäftsführer gegenüber dem TV-Sender Dyn erklärt, dass man sich in den nächsten Tagen zusammensetzen werde und Anfang des Jahres dann "alles verkünden" wolle. Es bleibt also spannend in Eisenach.
ThSV Eisenach - HSV Hamburg 32:31 (17:19)
ThSV Eisenach: Spikic (10 Paraden), Heinevetter (1 P.); Grgic (9/6), Mengon (6), Walz (6), Meyer (3), Vistorop (3), Saul (2), Snajder (2), Hangstein (1), Reichmuth, Capric, Attenhofer, Maric, Donker, Kurch
HSV Hamburg: El-Tayar (2 P.), Haug (10 P.); Lassen (9), Sauter (8), Andersen (4), Tissier (4), Mortensen (3/2), Valiullin (2), Weller (1), Magaard, Axmann, Hartwig, Unbehaun, Ilic
Schiedsrichter: Julian Fedtke / Niels Wienrich
Strafminuten: 6 / 8
Zuschauer: 2.800 (ausverkauft). (Hans-Hubertus Braune) +++