Der Angeklagte zeigte Reue - ob die glaubhaft ist, sei dahingestellt. Neben ihm sein Verteidiger Rechtsanwalt Egon Schütz - Fotos: ci

FULDA Weil sie sich vom Angeklagten getrennt hatte

Dauer-Stalking macht Opfer krank - Auto mit Kot und Urin beschmiert

10.01.25 - Ob den Angeklagten wirklich die Tatsache zur Einsicht gebracht hat, dass er wegen einer Vielzahl übler Nachstellungen (so der juristische Begriff für Stalking) über Weihnachten und Silvester in Untersuchungshaft verbringen musste, sei dahingestellt. Sein Verteidiger und auch Richter Ulrich Jahn fanden die Reuebekundungen des 58-Jährigen vor Gericht glaubhaft. Angeblich habe er nicht gemerkt, wie sehr seine fortgesetzten Racheaktionen seine Ex-Freundin in Angst, Schrecken und unter Druck setzten und das bis heute tun. Die junge Frau ist seit Mai letzten Jahres wegen permanentem Stress, Anspannung, Erschöpfungszuständen und Schlafstörungen in Behandlung und arbeitsunfähig. "Ich traue mich nicht mehr aus dem Haus, denn dann steht er wieder da!", sagte sie am Donnerstag vor Gericht.

Richter Ulrich Jahn begrüßt die neue Amtsanwältin Mans

Die 39-Jährige hatte sich im März letzten Jahres nach sechsjähriger Beziehung vom Angeklagten getrennt, was er offensichtlich nicht verkraftet hat. Wegen seiner anschließenden Nachstellungen hatte die Frau ihm jede Kontaktaufnahme untersagt, was ihn aber nicht davon abhielt, ihr zuhause, an ihrer Arbeitsstelle und sogar bei ihren Eltern oder beim Einkaufen aufzulauern - und das nahezu täglich, auch nachts. Er schrieb ihr laut Anklage kryptische Textnachrichten - so lud er sie beispielsweise zu seiner gekauften Grabstelle, einem Baum auf einem Ruhepfad ein. Dort könnten zwölf Menschen ihre letzte Ruhestätte finden. Er kündigte ihr seinen Freitod an ihrem Geburtstag an, "damit Du künftig dann immer an mich denkst." Er rief sie unzählige Male an.

Peilsender am Auto angebracht, Fäkalien geworfen, fast umgefahren

Sie vertrat die Anklage. Neben ihr die Anwältin der Nebenklägerin Theresa Gescher. ...

Obwohl die Frau, die seine Nachstellungen protokolliert und fotografiert hatte, bei der Polizei erwirkte, dass dem Mann ein Kontaktverbot per einstweiliger Verfügung ausgesprochen wurde und er sich ihr nicht mehr auf 50 Meter annähern durfte, hielt er sich nicht daran. Er verfolgte sie mit dem Auto und hatte an ihrem Pkw einen Peilsender angebracht, um immer zu wissen, wo sie war. Er klingelte nachts an ihrer Wohnung und bewarf ihre Fensterscheiben mit "Wasserbomben", wobei es sich um Luftballons handelte, die nicht mit Wasser, sondern mit Fäkalien oder klebrigen und stinkenden Substanzen gefüllt waren. Die Frau fand Erbrochenes vor ihrer Tür. Er fuhr so dicht an ihr vorbei, dass er sie fast streifte. Er beschimpfte sie. Die Liste seiner Verfehlungen ist sehr lang.

Vier Lang- und eine Kurzwaffe werden eingezogen

Besondere Brisanz hatte für Richter Jahn die Tatsache, dass sich vier Lang- und eine Kurzwaffe in seinem Besitz befinden. Er veranlasste, dass diese noch am selben Tag behördlich eingezogen und mit Einverständnis des Angeklagten verkauft werden. "Sie wirken ja hier jetzt ganz verständig, aber man kann nun mal niemandem in den Kopf gucken", sagte der Richter. Er wies übrigens darauf hin, dass man wegen solches Fehlverhaltens mit einem Fahrzeug auch den Führerschein "wegen charakterlicher Mängel" entzogen bekommen könne.

"Es ist ja auch eine hübsche Frau!"

In ihrem Plädoyer wies die Staatsanwältin darauf hin, dass die angeklagten Sachverhalte feststünden, weil sie der Angeklagte vollumfänglich zugegeben habe. Die Vielzahl seiner Handlungen hätten die Frau krank gemacht. Sie plädierte für eine achtmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung und eine Geldauflage von 2.000 Euro. Die Anwältin der Frau sah sogar einen besonders schweren Fall von Nachstellung. Trotz einer Gefährderansprache durch die Polizei habe er sich nicht an die Auflagen gehalten, sondern weitergemacht. "Er wollte meine Mandantin gezielt leiden sehen!"

Der Verteidiger nahm seinen Mandanten in Schutz: Dieser habe sehr unter der Trennung gelitten und trauere der Beziehung nach. "Es ist ja auch eine hübsche Frau", wiederholte der Anwalt zweimal. Eine Freiheitsstrafe sei nicht notwendig, die Untersuchungshaft habe den 58-Jährigen geläutert.

Richter Ulrich Jahn folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Mann wegen Nachstellung und drei Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Zusätzlich muss der Angeklagte 2.000 Euro Schmerzensgeld an die Geschädigte zahlen. Außerdem darf er die Innenstadt von Fulda und einen Bereich in Ziehers-Nord weder befahren noch betreten. Wenn er gegen diese Auflagen verstößt, muss er die Haftstrafe absitzen. Das Urteil hat bereits Rechtskraft erlangt. (Carla Ihle-Becker) +++

 

 



Über Osthessen News

Kontakt
Impressum
Cookie-Einstellungen anpassen

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Whatsapp
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön