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Sonja Schubert mit ihren Kindern Karolin und Katharina schwören auf die Handwerkskunst und ihre Rhöner Schlitten aus Leubach. - Fotos: Friedrich
25.01.10 - Fladungen
Tradition: Schlittenbauer Andreas WEBER kocht Kufen im Wurstkessel weich
Gut zu tun hat der letzte Rhöner Schlittenbauer, Andreas Weber im Fladunger Ortsteil Leubach. Seit 1928 gibt es das Familienunternehmen, das heute allerdings nur noch im Nebenerwerb betrieben wird. 150 bis 200 Schlitten werden dort nach alter Handwerkskunst gebaut, wobei der Verkaufspreis für einen Schlitten bei 45 Euro liegt. Wie zu Großvaters Zeiten schürt Andreas Weber heute ab und zu noch den großen Wurstkessel an. In ihm werden die Eschenhölzer so lange gekocht, bis sie sich zu Kufen biegen lassen. Mindestens eine Stunde dauert es, bis ein Rhöner Davos-Schlitten fertiggestellt ist.
Endlich wieder einmal ein Winter, so wie man ihn sich wünscht – mit viel Schnee und damit auch die Möglichkeit zum Winterwandern, Skifahren, Langlauf oder Rodeln. Im vergangenen Winter und auch in diesem ist der letzte Schlittenbauer der Rhön mit dem Geschäft rundum zufrieden. In der Werkstatt von Andreas Weber, da rattert die alte Bandschneidemaschine. Hier sägt der Schlittenbauer die Holzteile für den Schlitten zurecht. Die Maschine stammt aus den Anfangstagen, erzählt Weber und sagt, daß hier sein Großvater die ersten Schlittenteile ausgesägt und bearbeitet hat. Heute wie damals werden hier die Kufen herausgeschnitten, ebenso wie kleine, filigrane Sägearbeiten.
Seit 1928 gibt es den Schlittenbauer Weber und Sohn in Leubach in der Rhön. Das waren noch Zeiten, als es richtig harte Winter in der Rhön gab, weiß der Schlittenbauer aus Erzählungen. Damals war der Schlitten gerade in der Rhön noch als Transportmittel, weniger als Rodelschlitten für die Kinder. Große Pferdeschlitten gab es mit denen unter anderem die Milch der Landwirte von Dorf zu Dorf transportiert oder auch notwendige Einkäufe erledigt wurden. Solche Pferdeschlitten, die wurden vor allem in Leubach gebaut. „Der Schlitten war ein Transportmittel, kein Spielzeug, so wie heute,“ fügt Andreas Weber an.
Von solchen Winterverhältnissen kann man heute nur noch träumen. Aber gerade in den letzten Jahren gabs wieder Schnee in der Rhön. Das hat doch auch dem Schlittenbauer gut getan. Die Nachfrage nach Rhöner Schlitten wird immer mehr. Nach einer Flaute der Jahre zuvor ist es nun enorm besser geworden. Es liege wohl vor allem auch daran, daß die Kinder wieder mehr Schlitten fahren,“ sagt der Leubacher Schlittenbauer. Zwischen 150 und 200 Schlitten werden in dem Ein-Mannbetrieb Weber in Leubach jährlich noch per Hand gefertigt, wobei der Vater, auch teils noch mithilft. Rund eine dreiviertel Stunde dauert es übrigens bis so ein Rhöner Schlitten fertig ist. Eine Besonderheit bei der Herstellung sind die Kufen aus Eschenholz.
Da werden zunächst die Bretter herausgesägt und zwar aus heimischem Eschenholz. Dann werden sie im großen Wurstkessel buchstäblich weich gekocht. Danach kann man sie anhand einer Schablone mechanisch in Form bringen. Das erfordert heute immer noch enorme Muskelkraft, sagt der Schlittenbauer. Er verweist aber auch auf seinen Großvater. Der hatte wohl auch eine Schablone, wobei die Kufen allerdings über dem Knie gebogen und dann mit Schraubzwingen justiert wurden. Der Rest des Schlittenbaus ist im Gegensatz dazu recht einfach. Die vorgefertigten einzelnen Teile werden angedübelt, verschraubt und genagelt. Dann kommt noch das feuerverzinkte Eisen auf die Kufen und fertig ist der Rhöner Schlitten.
Wichtig ist es übrigens so einen Schlitten korrekt zu pflegen. Keinesfalls sollte man ihn mit ins Haus nehmen, sondern im Freien, zum Beispiel in der Garage oder in einer Halle unterstellen. 45 Euro kostet so ein Schlitten und den kann man auch im Internet unter www.rhoener.de erwerben. Vom Christkind haben Karolin und Katharina Schubert ihre Schlitten bekommen und sie schauten in diesen Tagen dem Schlittenbauer einmal über die Schultern. So ein Rhöner Schlitten sei etwas anderes, vor allem etwas handwerklich, kompaktes, sagt die Mutter. Gerade auch deshalb komme man zum Schlittenbauer im Ort. Der Vorteil für die Kinder in Leubach: Sie haben die schönen Abfahrten direkt vor der Haustüre. So ein Schlitten muß schnell fahren und vor allem lange, sagen Karolin und Katharina. Die 4-Jährige erinnert sich dabei daran, daß sie einmal von der Sennhütte bis nach Hause gerodelt ist. „Das war schön!“ Dann fügt sie an: „Die Rodelschlitten aus Leubach sind halt die Besten.“ Etwas das den Rhöner Schlittenbauer natürlich besonders freute. Die Rhöner Schlitten also – sie sind noch echte Handwerkskunst und wohl deshalb auch heute noch so gefragt. (hf) ++
An der Maschine aus dem Jahr 1928 werden heute noch die Kufen gefertigt. Sie werden zunächst im Wurstkessel gekocht, damit sie gebogen werden können.