
Seit 40 Jahren Adoptionsdienst: Wenn aus Hoffnung Familie wird
04.02.25 - "Ein Kind in die eigene Familie aufzunehmen und ihm ein liebevolles Zuhause zu geben – das ist ein zutiefst bereichernder Schritt", sagt Ursula Schmitt, Vorstandsvorsitzende des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) Fulda. Seit 1978 begleitet der Adoptionsdienst Menschen, die sich auf diesen emotionalen Weg begeben möchten. Mit viel Erfahrung und Einfühlungsvermögen schafft der Dienst Verbindungen, die Leben verändern – für die Kinder und die Familien. Rund 250 Adoptionen wurden in den letzten Jahrzehnten erfolgreich vermittelt. "Die Zahl der Adoptionen schwankt von Jahr zu Jahr, in manchen Jahren vermitteln wir mehr, in manchen weniger", fügt Schmitt hinzu, "aber jede einzelne ist etwas Besonderes."
Ein eingespieltes Team mit Verantwortung Mit einem Team von drei Teilzeitkräften betreut der Adoptionsdienst Bewerberinnen und Bewerber aus der gesamten Diözese Fulda. Die staatliche Anerkennung stellt den Dienst auf eine Stufe mit Adoptionsdiensten von Jugendämtern. Die Aufsicht erfolgt durch die Landesjugendämter Hessen und Rheinland-Pfalz. Die Zielgruppe ist bewusst offen: "Wir richten uns an alle Menschen, unabhängig von ihrer Konfession oder Herkunft", betont Sarah Muth, Geschäftsführerin des SkF Fulda.
Von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Adoption begleitet der SkF Fulda Familien durch einen intensiven Prozess, der etwa ein Jahr dauert. "Wenn sich Bewerbende an uns wenden, weil sie den Wunsch haben, ein Kind zu adoptieren, durchlaufen sie eine umfassende Überprüfung und Vorbereitung", erklärt Muth. "Das umfasst sowohl Gespräche als auch Hausbesuche und es werden vertrauensvolle und tragfähige Beziehungen aufgebaut." Außerdem wird bei der Auswahl auch auf weitere Kriterien geachtet: etwa die partnerschaftliche Stabilität und das Alter der Bewerbenden. "Auch gesundheitliche Atteste sind wichtig – es sollte zum Beispiel keine lebensverkürzende Erkrankung vorliegen", erklärt Schmitt.
Mareike Andrecht (37), Teil des Teams des Adoptionsdienstes, fügt hinzu: "Wir legen außerdem Wert darauf, dass sich die Bewerbenden intensiv mit ihrer Motivation und ihren Erziehungsvorstellungen auseinandersetzen. So können wir sicherstellen, dass die Entscheidung für die Adoption langfristig tragfähig ist. Die Basis dafür ist eine gegenseitige vertrauensvolle Zusammenarbeit." Geeignete Adoptivfamilien kommen anschließend in einen Pool, aus dem im Falle einer Vermittlung ausgewählt wird.
Wichtig zu wissen ist auch: "Wir begleiten nicht nur die Vermittlungen, sondern auch Menschen, die darüber nachdenken, ihr Kind zur Adoption freizugeben. Das ist ein schwieriger, emotionaler Prozess, bei dem wir beratend zur Seite stehen", sagt Gudrun Franz (58), ebenfalls Mitarbeiterin des Adoptionsdienstes. "Gemeinsam mit den leiblichen Eltern erarbeiten wir ergebnisoffene Perspektiven. Das kann sowohl eine Form der Unterstützung sein, um das Kind selbst aufzuziehen, als auch die Begleitung bei der Entscheidung zur Adoptionsfreigabe." Während dieses Prozesses versucht der Adoptionsdienst, möglichst viele Informationen für das Kind festzuhalten, falls dieses später Fragen zu seinen leiblichen Eltern hat. "Wir schauen außerdem mit den leiblichen Eltern, welche Formen von Kontakt für sie vorstellbar, tragbar und gewünscht sind", erklärt Andrecht. "Auch nach der Adoptionsfreigabe sind wir jederzeit für Fragen und Probleme ansprechbar."
Kinderprofile und offene Kommunikation Besonders einfühlsam gestaltet sich die Auswahl des passenden Kindes für eine Familie. "Gemeinsam mit den Bewerbenden erarbeiten wir vertrauensvoll die Ressourcen der Bewerbenden und besprechen, was sie sich in Bezug auf die Aufnahme eines Kindes zutrauen", erklärt Muth. Diese Überlegungen sind für gelingende Vermittlungen essenziell, da die Vermittlungen oft Säuglinge oder Kleinkinder betreffen. Offenheit wird den Adoptivbewerbenden dabei schon früh ans Herz gelegt: "Wir ermutigen die Familien, von Anfang an offen mit ihrem Kind über dessen Adoptionsstatus zu sprechen. Das ist ein unerlässlicher Schritt für die Integration der eigenen Adoptionsgeschichte", sagt die Geschäftsführerin.
Daher ist es auch ein Ziel der Adoptionsdienste, eine halboffene Form der Adoption zu fördern, bei der ein Austausch zwischen leiblichen Eltern und Adoptivfamilie über den Dienst erfolgt. "Das kann für beide Seiten sehr heilsam sein", sagt Muth. "Wir prüfen auch, ob eine gänzlich offene Form der Adoption möglich und erwünscht ist."
Anspruchsvoll und vielseitig Neben Vermittlungen, Begleitungen von leiblichen Familien, Adoptivkinder und Bewerbenden bietet das Team unterschiedliche Workshops, Familienfeste, Themennachmittage, persönliche Gespräche und Nachbetreuung an. "Die Adoptivpflegezeit, also etwa das erste Jahr nach der Vermittlung ist für die neu entstehende Familie besonders und emotional", erklärt Florian Hillenbrand (40), Mitarbeiter des Adoptionsdienstes. "In dieser Phase sehen wir, ob ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht." Diese Zeit wird eng begleitet und der Adoptionsdienst unterstützt die Adoptivpflegeeltern, zum Beispiel bei der Antragstellung auf die Adoption, bis zum Gerichtsbeschluss. "Wir bleiben oft jahrelang in Kontakt, manchmal sogar ein Leben lang", berichtet Franz.
"Jeder Tag ist anders" Die persönliche Motivation der Mitarbeitenden zeigt, wie leidenschaftlich und engagiert sie ihrer Arbeit nachgehen. "Es ist ein ganzheitliches Arbeitsfeld", beschreibt Andrecht. "Ich kenne Bewerbende vom ersten Tag an, begleite sie durch die Adoptionspflege und sehe dann vielleicht Jahre später, wie das Kind sich entwickelt hat. Oft sind wir auch in die Herkunftssuche eingebunden, was ein weiterer wichtiger Teil unserer Arbeit ist", ergänzt Hillenbrand. Dazu kommt Netzwerkarbeit mit Behörden, die Organisation von Veranstaltungen und Workshops. "Kein Tag ist wie der andere. Es ist eine intensive Arbeit ohne Routine. Wir beschäftigen uns mit vielfältigen Themen wie Bindung, Herkunft und Lebensentwürfen. Das macht es so spannend."
Ein besonderer Moment ist für alle Beteiligten, wenn der entscheidende Anruf erfolgt: "Wenn wir den Bewerbenden einen Kindervorschlag machen, geht alles meist sehr schnell. Das ist immer ein sehr emotionaler Moment", erläutert Franz.
Adoption als Chance und Verantwortung Die Chancen, in Deutschland ein Kind zu adoptieren, sind in den letzten Jahrzehnten, trotz sinkender Zahlen der Adoptionsvermittlung, gestiegen. "Adoption ist immer eine Chance und ein Wagnis", erklärt Schmitt. "Man muss sich bewusst fragen: Ist das ein Weg, auf den ich mich begeben möchte?" Der Adoptionsdienst des SkF Fulda bietet auf diesem Weg nicht nur
Unterstützung, sondern begleitet Familien mit Fachwissen und Herz. "Es ist ein langer emotionaler Weg, der Mut und Geduld erfordert, aber er führt oft zu einem der schönsten Ziele: einem liebevollen Zuhause für ein Kind", ergänzt die Vorstandsvorsitzende. Und genau dafür steht der Adoptionsdienst des SkF Fulda seit über 40 Jahren. (pm/ci)+++