
Studie vorgestellt : "Airport Kassel rechnet sich" - Charterflieger sind nicht alles
04.02.25 - Fast schon idyllisch ruhig ist es an diesem Montagvormittag am Flughafen Kassel Airport. Nahe der knapp 7.000 Einwohner zählenden Gemeinde Calden (Kassel) nordwestlich der nordhessischen Metropole scheint die Verkehrsinfrastruktur auf den ersten Blick deplatziert.
Zumindest was die aktuelle Zahl der Ferienflieger angeht, welche von Kassel aus beispielsweise in den Süden fliegen, ist hier ziemlich Ebbe - was den touristischen Markt betrifft. Die aktuell angespannte wirtschaftliche Lage insbesondere in Deutschland und die von Experten kritisierten hohen Gebühren und Steuern schrecken die Fluggesellschaften derzeit eher davon ab, in Deutschland neue Destinationen zu erschließen.
Sonntags geht es nach Gran Canaria
Am Sonntag ist immerhin ein Flugzeug nach Gran Canaria abgehoben. In den nächsten Wochen bis zum 20. April dieses Jahres bringt die Fluggesellschaft Smartwings die Urlauber auf die Ferieninsel. Der Kassel Airport wird aber auch für Flugbewegungen im militärischen-humanitären Bereich von verschiedenen Nato-Ländern genutzt, etwa für die Betankung von Hubschraubern und Transportbewegungen. Für die Versorgung in Krisensituationen seien Infrastruktureinrichtungen wie der Flughafen wichtig. Zudem würden regelmäßig Krankentransport- und Organflüge von Kassel aus durchgeführt.Trotzdem ist der Airport seit Jahren in der Diskussion. Nach der Eröffnung des Areals im Jahr 1970 als Verkehrslandeplatz wurde er 2013 zum Verkehrsflughafen "befördert". Der Ausbau des Flughafens und der entsprechenden Infrastruktur wurden intensiv diskutiert und kritisiert. Braucht die Region einen Flughafen? Zumal der Flughafen Paderborn-Lippstadt nicht wirklich weit entfernt ist. Eine Studie des Zentrums für Recht und Wirtschaft des Luftverkehrs (ZFL) kommt nun zu der Erkenntnis, dass der Kassel Airport eine zentrale Bedeutung für die Entwicklung der Region einnimmt. Die Ergebnisse wurden am Montagvormittag während einer Pressekonferenz vorgestellt.
Regionalökonomische Bedeutung
Die Untersuchung wurde von Prof. Dr. Richard Klophaus durchgeführt und beleuchtet die regionalökonomische Bedeutung des Flughafens sowie seine Perspektiven. "Trotz eines aktuell nicht profitablen Flugbetriebs bietet der Flughafen Kassel durch seine Rolle als Verkehrsinfrastruktur und Gewerbegebiet entscheidende wirtschaftliche Impulse für die Region, die durch innovative Konzepte wie Regionalflüge und Elektroflugzeuge weiter gestärkt werden können", wird Klophaus in einer Pressemitteilung zitiert."Kassel Airport rechnet sich", sagt Staatssekretär Uwe Becker (CDU) während der Pressekonferenz, an der auch Landrat Andreas Siebert (SPD) und Vertreter der Industrie- und Handelskammer Kassel-Marburg teilnahmen. Die IHK fordert mehr Optimismus. Es fehle in der aktuellen Diskussion der Blick in die Zukunft. Siebert erklärte, dass der Flughafen ein zentrales Sicherheitsversprechen für die Region sei.
"Kassel Airport ist ein wichtiges Infrastrukturprojekt"
"Kassel Airport ist ein wichtiges Infrastrukturprojekt, er schafft Arbeitsplätze und sorgt für Steuereinnahmen. Für jeden Euro, den wir als Land für die betriebswirtschaftlichen Kosten aufwenden, bekommen wir drei bis vier Euro zurück. Das ist ein gutes Geschäft. Die Umwegrentabilität für die öffentliche Hand zeigt, dass man mit dem verkürzten Blick auf die Anzahl von Urlaubsflügen dem volkswirtschaftlichen Nutzen des Flughafenstandortes nicht gerecht wird. Das zeigt die aktuelle Studie eindeutig und gut nachvollziehbar", sagt Hessens Finanzstaatssekretär Uwe Becker als Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafen GmbH Kassel."Die ZFL-Studie stellt eine wichtige Bestätigung für eine erfolgreiche Weiterentwicklung unseres Flughafens dar", erklärt Lars Ernst, Geschäftsführer der Flughafen GmbH Kassel. "Sie zeigt, dass der Flughafen für die wirtschaftliche Entwicklung in Nordhessen eine bedeutende Rolle spielt. Volkswirtschaftlich betrachtet ist der Kassel Airport schon jetzt ein großer Gewinn für die Region."
Stärkung der regionalen Wirtschaft und Schaffung von Arbeitsplätzen
Nachfolgende Kennzahlen wurden unter anderem in der Studie vorgestellt: Im Jahr 2024 waren am Flughafen Kassel 1.287 direkte Arbeitsplätze in 40 Unternehmen (704 Arbeitsplätze im Jahr 2012) angesiedelt, was einen Anstieg von rund 83 Prozent im Vergleich zu 2012, dem Jahr vor Eröffnung des Regionalflughafens, darstellt. Insgesamt waren 3.432 direkte, indirekte und induzierte Arbeitsplätze mit der Flughafenaktivität verbunden.Die gesamtwirtschaftliche Bruttowertschöpfung des Wirtschaftsstandortes Flughafens belief sich 2024 auf 291,0 Millionen Euro, davon entfielen allein 93,4 Millionen Euro auf die Leistungserstellung direkt am Flughafen. Die gesamtwirtschaftliche Bruttowertschöpfung führte zu Steuermehreinnahmen in Höhe von 72,6 Millionen Euro, wovon ein Großteil dem Land Hessen und den anderen Gesellschaftern der Flughafen GmbH Kassel zugutekommt. Die Steuereinnahmen für die öffentlichen Haushalte übertreffen damit deutlich die jährlichen Kosten des Flughafenbetriebs, so die Angaben in der Pressemitteilung und während der Pressekonferenz.
Der Flughafenstandort leiste einen Mehrwert für die Region Nordhessen: 2.133 Arbeitsplätze und eine Bruttowertschöpfung von 171,6 Millionen Euro aus den gesamtwirtschaftlichen Effekten.
Im OSTHESSEN|NEWS-Videobeitrag sehen und hören Sie die Stellungnahmen unter anderem über die Zukunftserwartungen und den Herausforderungen im Bereich der Luftfahrt in Deutschland. Eine der Hoffnungen: Mit der Elektrisierung der Flieger sollen vermehrt kleinere Maschinen mit bis zu 19 Sitzen insbesondere im Regionalverkehr für mehr Bewegungen in der Luft sorgen. Auch der Transport von Fracht mit Drohnen sei ein weiterer Zukunftsmarkt - und damit eine Chance für den Kassel Airport. (Hans-Hubertus Braune) +++