So soll der Jerusalemplatz in Fulda in Zukunft aussehen - Animation: arc.grün / Landschaftsarchitekten.Stadtplaner GmbH

FULDA Umbau ab Sommer

Alter jüdischer Friedhof am Jerusalemplatz wird für 1 Million Euro zum Gedenkort

07.02.25 - Auf dem Gelände zwischen Lindenstraße, Bahnhofstraße und Rabanusstraße in Fulda lag früher der alte jüdische Friedhof. Heute findet sich dort der Jerusalempark, eine Grünanlage. Um die Erinnerung an die jüdische Geschichte in Fulda lebendig zu halten, soll daraus für insgesamt eine Million Euro ein würdiger Gedenkort werden. Baubeginn ist im Sommer.

Der Jerusalemplatz, auf dem Gelände zwischen Lindenstraße, Bahnhofstraße und ...Fotos: Rene Kunze

In einer gemeinsamen Sitzung von Bau- und Kulturausschuss wurde am Dienstagabend das Projekt im Stadtschloss präsentiert. Stadtbaurat Daniel Schreiner zur Geschichte des traditionsreichen Orts und den Bestrebungen um den Gedenkort: "Der Alte Jüdische Friedhof war Teil der historischen Altstadt Fuldas, lag allerdings seit dem späten Mittelalter außerhalb der damaligen Befestigungsanlage der Bürgerstadt. Im Zuge der Industrialisierung und des Bahnanschlusses entwickelte sich die Kernstadt nach Osten und umschloss nach und nach die Friedhofsfläche.

Friedhofsanlage ab 1907 nicht mehr belegt

Zum ausgehenden 19. Jahrhundert war der Jüdische Friedhof fast vollständig belegt, sodass 1904 eine neue Friedhofsanlage an der Heidelsteinstraße in Nutzung genommen wurde. Die alte Friedhofsanlage wurde ab circa 1907 nicht mehr belegt und als aktiver Friedhof aufgegeben. Nach Jüdischem Ritus bleibt allerdings die Totenruhe und somit eine Friedhofsfläche auch ohne aktive Belegung dauerhaft bestehen.

Fuldas Stadtbaurat Daniel Schreiner Archivfoto: O|N/Martin Engel

Vor und vor allem während der Zeit des Dritten Reichs kam es zunächst zu Schändungen des Friedhofs und dann zur fragwürdigen Beräumung eines Großteils der Fläche. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs mussten zunächst die Restitutionsansprüche geklärt werden. Dies resultierte in einem Ankauf der Fläche durch den Magistrat der Stadt Fulda. Anstatt bereits damals dem ewigen Totengedenken Rechnung zu tragen, wurde ein Teil der Fläche an die BRD verkauft, da diese dort ein Zollamt zu errichten gedachte. Die restliche Fläche wurde in die noch existierende Grünfläche umgestaltet.

Verfehlungen der Vergangenheit

Absichten zu einer Sanierung und Umgestaltung der Grünfläche hegte der Magistrat schon eine ganze Weile, wusste aber um die Verfehlungen der Vergangenheit und wollte mit einer Sanierung auch eine historische Richtigstellung erreichen. Aus diesem Grund gründeten Oberbürgermeister Dr. Heiko Winterfeld und ich eine Arbeitsgruppe Jüdisches Fulda, um das Synagogenareal und den Alten Jüdischen Friedhof thematisch zu verbinden, mit relevanten Akteuren zu besprechen und dauerhaft einer würdigen Nutzung zuzuführen. Über den Dialog wurde eine grundsätzliche Ausrichtung beider Areale erarbeitet. Im Ergebnis soll der Alte Jüdische Friedhof die zentrale Gedenkstätte und der Bereich um die ehemalige Synagoge ein neuer Begegnungsort werden. Da die archäologischen Ausgrabungen Am Stockhaus noch andauern, wird nun zuerst die Grünfläche Jerusalemplatz umgestaltet.

Sie soll den Charakter eines Friedhofs zurückerhalten: eine ruhige Wiesenfläche, auf der über Jahrhunderte Fuldaer Juden bestattet worden waren, wird eingefriedet von einem metallischen Buchstabenzaun, der die Worte eines Psalms darstellt. In dieser Form soll an zentraler Stelle Gedenken ermöglicht werden. Hierfür wird eigens am Rande des eingefriedeten Areals eine kleine Platzfläche mit Gedenkstein errichtet. Die Arbeiten sollen im Sommer beginnen." Die Kostennote für die Umgestaltung liegt aktuell bei rund einer Million Euro. Das Zollamt vor Ort soll auch als Gedenkstätte integriert werden, die Stadt stehe dazu in Gesprächen mit der Eigentümerin, so Schreiner.

Zustimmung der jüdischen Gemeinde

Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld Archivfoto: O|N

Zuerst war auch ein Entwurf des Fuldaer Künstlers Franz Erhard Walther für die Gestaltung des Gedenkorts eingegangen. Der wurde aus denkmalschutzrechtlichen Gründen verworfen: "Wir haben uns sehr gefreut, dass Franz Erhard Walther sich mit der Thematik eingehend beschäftigt hat und der Jüdischen Gemeinde einen Entwurf als Geschenk zur Verfügung gestellt hat. Aus denkmalschutzrechtlichen Gründen konnte der Plan in seiner ursprünglichen Form leider nicht umgesetzt werden und wir haben uns in einvernehmlicher Abstimmung mit Prof. Walther dazu entschieden, dass unter Federführung von Arc Grün ein neuer Plan entworfen wird, der nun mit der Zustimmung der jüdischen Gemeinde umgesetzt werden kann", so Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld.

Anja Listmann, Beauftragte für das Jüdische Leben in Fulda Archivfoto: O|N/Carina Jirsch

Anja Listmann, die Beauftragte für das Jüdische Leben in Fulda, ist zufrieden mit der angestrebten Lösung: "Der künftige Gedenkort stellt eine herausragende Lösung dar, um die Erinnerung an die jüdische Geschichte in Fulda lebendig zu halten. Er ist nicht nur ein Ort des Gedenkens, sondern auch ein Symbol für die Rückkehr der Würde an einen Ort, der in der Vergangenheit, insbesondere im Jahr 1938 und mit der Errichtung des Zollamtes, tragisch entwürdigt wurde. Ich persönlich bin begeistert und überglücklich im nächsten Jahr das Ergebnis zu sehen. Es war erfreulich zu beobachten, dass alle, aber insbesondere die jüdischen Kommissionsmitglieder so positiv auf die Umsetzung reagierten. Von Anfang an hatte Oberbürgermeister Dr. Wingenfeld den klaren Fokus auf die Einbindung der Jüdischen Gemeinde vor Ort, der jüdischen Nachfahren weltweit sowie des Landesverbandes der Juden in Hessen. Die Perspektive und die Wünsche derjenigen, die direkt betroffen sind, sind für uns von größter Bedeutung. Gerade bei einem jüdischen Friedhof ist es unerlässlich, dass die Betroffenen ihren Input beisteuern, insbesondere in Bezug auf die Halacha und die kulturellen, historischen und emotionalen Aspekte, die mit einem solchen Ort verbunden sind.

Kontinuierlicher Dialog

In den vergangenen acht Jahren hat sich der Prozess zu einem konkreten Konzept entwickelt, in dem die Bedürfnisse und Wünsche aller Beteiligten umfassend berücksichtigt wurden. Dabei wurde nichts verworfen, sondern es handelte sich um einen kontinuierlichen Dialog, der zu dem fantastischen Ergebnis geführt hat, das nun vorliegt. Diese lange Entwicklungszeit verdeutlicht das Engagement aller Beteiligten und die Sorgfalt, mit der wir die Pläne ausgearbeitet haben.

Als Historikerin, die sich seit vielen Jahren intensiv mit dem jüdischen Friedhof beschäftigt, kann ich meine Freude über das nun umzusetzende Erscheinungsbild nicht genug ausdrücken. Ich gratuliere Stadtbaurat Schreiner zur fantastischen Umsetzung der Ideen und danke Oberbürgermeister Dr. Wingenfeld für seine Zielstrebigkeit und den stetigen Einsatz über die Jahre hinweg. Ein besonderer Dank gilt auch Franz Erhard Walther, Daniel Neumann vom Landesverband, Bella Gusman und Roman Melamed von der hiesigen jüdischen Gemeinde, Ethan Bensinger aus Chicago sowie Michael Braunold aus Tel Aviv, deren Beiträge und Unterstützung entscheidend zum Gelingen des Projekts beigetragen haben. Ebenso möchte ich allen städtischen Gremien meinen Dank aussprechen, dass die Realisierung nun starten kann." (mau) +++


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