Lediglich die CDU und SPD votierten für den Haushalt 2025. Mit ihren 21 Stimmen wurde das Zahlenwerk dennoch in der Bad Hersfelder Stadtverordnetenversammlung verabschiedet. - Fotos: Kevin Kunze

BAD HERSFELD Emotionale Stadtverordnetenversammlung

Polarisierung bei der Haushaltsdebatte: Parlament debattiert knapp drei Stunden

07.02.25 - Vorbei ist es mit der Einigkeit im Bad Hersfelder Stadtparlament. Die Diskussionen um den Haushalt für das Jahr 2025 lösten eine hitzige Debatte aus. Dabei kristallisierten sich zwei klare Lager heraus. Zum einen die CDU- und SPD-Fraktion, die dem Zahlenwerk zustimmten und zum anderen alle anderen Fraktionen, die den Haushalt ablehnten. Die politische Harmonie, die es in den vergangenen Jahren gab, ist in der Kreisstadt aktuell vorbei. Insgesamt dauerte die Stadtverordnetenversammlung am Donnerstagabend knapp drei Stunden.

Schon gleich zu Beginn kam es zu großen Diskussionen. Die SPD- und CDU-Fraktion hatten einen Änderungsantrag kurz vor dem Sitzungsbeginn eingebracht. Grund dafür war, dass bereits im Januar bekannt war, dass der Abbaupfad für einen Acht-Millionen-Liquiditätskredit bereits für den Haushalt 2025 eine gewichtige Rolle spielt. Für Jürgen Richter, FWG-Fraktionsvorsitzender, stellte der Antrag einen Hauptantrag dar. Es gab eine 30-minütige Sitzungsunterbrechung und der Ältestenrat tagte. Schlussendlich wurde der Änderungsantrag mit einigen Veränderungen mit debattiert. Dann ging die Haushaltsdebatte los und die vielen Zuschauer, die in die Stadthalle gekommen waren, erlebten eine sehr lebhafte und emotionale Debatte.

Die Beiträge der Fraktionsvorsitzenden in der Reihenfolge ihrer Reden:

Andreas Rey (CDU)

Andreas Rey, CDU-Fraktionsvorsitzender, erklärte in seiner Rede: "Der Haushalt 2025 steht doch auf etwas wackeligeren Beinen als gedacht. Und ich muss sagen, die jetzige Situation ist alles andere als befriedigend." Zudem erklärte er: "Als politische Entscheidungsträger bewegen wir uns stets in dem Spannungsfeld zwischen einer seriösen Haushaltsführung und dem Wohl der Bürgerinnen und Bürger für eine lebenswerte Stadt. Ihnen gegenüber sind wir verpflichtet und müssen Verantwortung übernehmen. Und die Übernahme dieser Verantwortung deckt sich aus unserer Sicht eben nicht mit dem unverhohlenen Griff in deren Taschen. Dafür wurden wir nicht gewählt, sondern dafür, Lösungen und Kompromisse zu finden."

Zudem kritisierte er die anderen Fraktionen sehr direkt und deutlich: "In der ganzen Debatte um den Haushalt und die Grundsteuer muss ich sagen, dass mir der teilweise raue Ton aufgefallen ist, den einige angeschlagen haben. Das war schon einmal anders und das wünsche ich mir auch für die Zukunft wieder." Und legte zudem gegenüber der Grünen-, FWG-, FDP- und UBH-Fraktion deutlich dar, dass die eingebrachten Anträge bei den Beratungen aus Überzeugung abgelehnt worden seien und nicht aus anderen Motiven.

Jürgen Richter (FWG)

Der FWG-Fraktionsvorsitzende Jürgen Richter sah dies natürlich komplett anders: "Wir wurden mehr als einmal von der Stadtverwaltung darauf hingewiesen, was eine Hebesatzänderung bei der Grundsteuer vom ursprünglichen Entwurf von 470 Prozentpunkten, auf die von CDU und SPD angestrebten 410 Prozentpunkte, für unser Zahlenwerk bedeutet. Dennoch wurde es von diesen beiden Fraktionen einfach ignoriert. Diese Mehrbelastung hätte ich persönlich gerne zum Wohle der Stadt bezahlt, aber dies ist von den beiden großen Fraktionen im Parlament einfach nicht gewünscht."

Zudem warf er einigen Akteuren, die er nicht namentlich nannte, eine gewisse Selbstdarstellung vor und dass es teilweise keine Augenhöhe mehr zwischen den Lokalpolitikern gebe. "Es wäre schön, wenn wir zukünftig wieder mehr zum Wohle der Stadt agieren und nicht die eigene Person in den Vordergrund rücken würden. Nur dann können wir Bad Hersfeld nachhaltig voranbringen."

Andrea Zietz (Grüne)

Die Grünen-Fraktionschefin Andrea Zietz schlug in eine ähnliche Kerbe wie Richter: "Wir haben Ihnen das hier mit vier Fraktionen ausführlich erklärt und detailliert vorgerechnet. Aber wenn zwei Fraktionen die Mehrheit haben, dann entscheiden eben die zwei und nicht die vier, egal wie falsch diese Entscheidung auch ist. Eigentlich hätten wir uns die ganze Haushaltssitzung sparen können." Dabei nannte sie unter anderem als Beispiel, dass die Grünen-Fraktion einen Antrag bei den Beratungen einbrachte in Höhe von 3.000 Euro, um Bäume zu ersetzen, die im Laufe des Jahres gefällt werden müssen:

"In einem Haushalt mit einem Gesamtvolumen von 100 Millionen Euro. Abgelehnt von der GroKo mit einer Stimme Mehrheit. Es kommt sicher nicht auf diese 3.000 Euro an. Aber es ist ein trauriges Beispiel dafür, dass der Kurs, gemeinsam zu Beschlüssen zu kommen, verlassen wurde". Zudem stellte Zietz wenig optimistisch fest: "2025 laufen wir in ein Defizit mit Ansage. Das steht leider schon fest, bevor heute entschieden wird. Wir werden uns dieses Jahr nicht fragen müssen, ob eine Haushaltssperre kommt, sondern wann."

Dieter Göbel (UBH)

Dieter Göbel, Fraktionsvorsitzender der UBH-Fraktion, verdeutlichte mit einem Bild aus der Seefahrt den aktuellen Zustand der Finanzsituation in der Kreisstadt: "Das Schiff Haushalt hätte mit dem angedachten Grundsteueransatz von 470 oder zumindest von den angestrebten 440 Prozentpunkten einigermaßen auf Sicht fahren können. Dies ist nicht gewollt gewesen und somit sind wir in rauer See und müssen mit dem hohen Wellengang zurechtkommen."

Des Weiteren legte er dar, wie angespannt die finanzielle Lage in der Kreisstadt sei: "Wir haben in Bad Hersfeld derzeit eine Pro-Kopf-Verschuldung von 4.000 Euro. Das ist eine enorme Summe. Und bereits jetzt ist klar, dass wir bei den kommenden Haushaltsberatungen massive Erhöhungen, unter anderem bei der Grundsteuer, machen müssen, um die Finanzen einigermaßen auf Kurs zu halten."

Karsten Vollmar (SPD)

Karsten Vollmar, SPD-Fraktionschef, konnte die Vorwürfe und klaren Äußerungen seiner Vorredner überhaupt nicht nachvollziehen: "Die Kritik an CDU und SPD ist absolut unberechtigt und hätte nur noch getoppt werden können, wenn sie gesagt hätten, dass die beiden Fraktionen in diesem Jahr das Lullusfest absagen wollen", kommentierte er ironisch. "Es gibt keine Große Koalition in Bad Hersfeld - wir haben keinen Koalitionsvertrag. Allerdings machen wir gerne Politik mit verantwortungsvollen Politikern und das ist bei der CDU gegeben", so Vollmar weiter.

"Wir haben uns die Entscheidungen nicht einfach gemacht. Generell muss man festhalten, dass die Haushaltspolitik als Ehrenamtlicher inzwischen eine Zumutung geworden ist. Es gibt keine Spielräume und für Erhöhungen wird man dann noch verantwortlich gemacht. Trotzdem haben wir auch in diesem Jahr noch versucht, das Bestmögliche herauszuholen, was der CDU und SPD gemeinsam auch gelungen ist."

Bernd Böhle (FDP)

Als letzter Fraktionsvorsitzender war Bernd Böhle (FDP) an der Reihe: "Doch das Ergebnis der diesjährigen Haushaltsberatung ist ein Zahlenwerk, was weder auf soliden Berechnungen, noch auf finanzieller Vernunft beruht. Es ist ein Durchwinken von Wunschdenken und Tricksereien, was die Kommunalaufsicht uns auch nicht ohne schwerwiegende Auflagen durchgehen lassen wird, wie wir bereits seit Montag wissen. Ich sage es ausdrücklich: Verantwortlich hier ist nicht Verwaltung oder die Bürgermeisterin, sondern die Mehrheitsfraktion von SPD und CDU - sowohl in Bad Hersfeld als auch die in Wiesbaden." Zudem ergänzte er, dass dies die Rückkehr der alten Bad Hersfelder Verhältnisse sei:

"Eine Mehrheitsfraktion, heutzutage bestehend aus SPD und CDU, bügelt alle Vorschläge der Opposition und gegen jegliche Vernunft mit ihrer Mehrheit ab und hinterlässt nun einen finanziellen Scherbenhaufen. Dieses Vorgehen schadet unserer Stadt – finanziell und politisch." Er griff erneut die Grundsteuer-Problematik auf und erklärte, dass man mit 440 Prozentpunkten wohl rund 500.000 Euro mehr zur Verfügung hätte. Zudem erläuterte er, dass die Bürger lediglich dabei mit einer Mehrbelastung im Durchschnitt von 30 Euro zu rechnen hätten. Schlussendlich erklärte er: "Das haben SPD und CDU alleine zu verantworten. Wir lehnen diesen Schulden-Haushalt ab."

Nachdem Gerhard Finke (SPD), Rolf Malachowski (FDP) und Thomas Bös (Grüne) die Meinungen ihrer Fraktionen nochmal untermauerten, schritt als Letzte, Bürgermeisterin Anke Hofmann (parteilos) zum Rednerpult: "Wir bekommen täglich 300 Anrufe zum Thema Grundsteuer, die allerwenigsten beschweren sich über die Mehrbelastung, sondern haben nur Nachfragen." Abschließend erklärte sie:

Bürgermeisterin Anke Hofmann

"Wir müssen aufgrund unserer finanziellen Situation die ersten Monate stark auf die Bremse treten. Die finanzielle Lage ist alles andere als gut und schon bei der nächsten Stadtverordnetenversammlung am 20. März werden wir uns wohl erneut mit dem Zahlenwerk beschäftigen müssen."

Erwartungsgemäß fiel dann die Abstimmung aus: Von den 35 Abgeordneten stimmten 21 für das Zahlenwerk (komplette Fraktionen der SPD und CDU), zehn Abgeordnete votierten mit Nein (Grüne, FDP und UBH) und die vier Abgeordneten der FWG enthielten sich. Somit wurde der Haushalt für das Jahr 2025 mehrheitlich beschlossen. Die Diskussionen in der Bad Hersfelder Stadtpolitik werden allerdings in den kommenden Sitzungen weitergehen - mit der Einigkeit der vergangenen Jahre scheint es ein Ende zu haben. (Kevin Kunze)+++


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