
Schokolade für die Wirtschaft und die Liebe: Valentinstag in Japan
14.02.25 - Der Heilige Valentin von Terni gilt als der Schutzpatron der Liebenden, der Valentinstag ist streng genommen eine katholische Angelegenheit. Trotzdem wird der Tag heute weltweit in vielen Ländern gefeiert. Japan, mit einem Christenanteil von 2,1 Prozent (zum Vergleich: 54 Prozent in Deutschland), kennt den Valentinstag nicht nur, sondern feiert ihn sogar zweimal, nämlich am 14. Februar und am 14. März (White Day). Während im Februar die Frauen den Männern Schokolade schenken, ist es im März umgekehrt.
Aktuell befinden sich die Kakaopreise auf einem Rekordhoch, und das macht sich auch am Valentinstag bemerkbar. "Der Kakaogehalt in der Schokolade ist niedriger als sonst, die Schokoladenhersteller wollen die Preise nicht noch höher treiben", erklärt Miyuki Scholz, Japanerin in Fulda und seit mehr als 20 Jahren in Deutschland. "Zum Valentinstag wird sowieso nur sehr hochwertige, teure Schokolade verschenkt. Sehr schwierig gerade."
Historischer Ursprung: Ausländer in Kobe
1936 beschloss die Konditorei Morozoff in Kobe, die in Japan lebenden Ausländer direkt anzusprechen und vor dem Valentinstag zum Verschenken von Schokolade in Herzform zu bewegen. In den 1950er-Jahren zogen einige andere Süßigkeitenhersteller nach und boten im Februar ebenfalls herzförmige Pralinen an. Das blieb aber eine Randerscheinung, bis über die in Japan stationierten amerikanischen Truppen der Barentain Dee (Aussprache am amerikanischen Englisch orientiert) in den 1960er-Jahren populär wurde.Vier verschiedene Arten von Schokolade
Die Beziehung zwischen Schenkenden und Beschenkten ist sehr wichtig, weshalb die Supermärkte, Kaufhäuser, Konditoreien und sogar Convenience Stores (kurz Konbini) ein großes Sortiment an unterschiedlichen Qualitätsstufen bereithalten.
Schokolade für die geliebte Person
Honmei-Choko nennt man in Japan die überaus hochwertige, sehr aufwändig dekorierte Schokolade, die diesem einen, ganz besonderen Menschen geschenkt wird. Honmei bedeutet "wahre Gefühle". Eine gute Hausfrau macht diese Art des Schokoladengeschenks natürlich selbst, entsprechende Kurse werden in kleinen Küchenstudios und Stadtteiltreffs angeboten.
Schokolade aus Pflichtgefühl
Die Giri-Choko, also Pflicht-Schokolade, wird an Arbeitskollegen, Vorgesetzte, Lehrkräfte, Tutoren und so weiter verschenkt. Sie ist nicht so aufwändig und teuer wie die Honmei-Choko, aber macht immer noch etwas her. Nicht ganz so kostenintensiv wie Honmei-Choko, aber immer noch hochwertig, ist das die problematischste Schokolade, wie Miyuki-san erklärt: "Wir Kolleginnen in der Firma haben uns immer abgesprochen, wer wem Giri-Choko schenkt. Kein Kollege sollte ohne Schokolade sein. Einmal musste ich für einen Kollegen noch kurzfristig Schokolade kaufen. Spätabends im Konbini gab es nur noch ein einziges Stück, 500 Yen (Anmerkung der Redaktion: entspricht heute etwa drei bis vier Euro), so teuer! Der Kollege hat sich sehr darüber gefreut. Er hat die Schokolade seiner Frau gezeigt und viel darüber geredet. Das war mir so peinlich. Ich habe ja nur geschenkt, was übriggeblieben war. Kein gutes Geschenk."
Schokolade für die Freunde
Tomo-Choko steht für Freunde-Schokolade. Tomo-Choko wird von Frauen untereinander verschenkt. Das ist ein neuerer Trend, der in den letzten 15 Jahren vor allem unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen populär wurde.
Eigenliebe oder Geschäftemacherei?
Damit jemand anderes dich lieben kann, musst du dich selbst lieben – diesen Grundsatz kennt man auch in Japan. Mädchen und Frauen sind dazu angehalten, sich am Valentinstag eine Jibun-Choko, also ein eigenes Stück Schokolade zu schenken. Auch das ist noch ein eher neuer Trend.
Die Retourkutsche: White Day am 14. März
Die Männer haben am 14. März, dem White Day, ein Gegengeschenk für jede am Valentinstag erhaltene Schokolade zu machen. Ursprünglich war es so, dass an diesem Tag weiße Schokolade verschenkt wurde. Da die Damen aber die kalorienärmere dunkle Schokolade bevorzugen, ist das heute üblicher als weiße Schokolade. Während der Bubble-Jahre 1986 bis 1991 galt noch: Das Gegengeschenk am White Day sollte etwa den dreifachen (Geld-)Wert der am Valentinstag erhaltenen Schokolade haben.Gerade jüngere Menschen in Japan hinterfragen Valentinstag und White Day. Der Brauch wird als oberflächlich empfunden und ist aufgrund der hohen Kosten nicht beliebt. In Unternehmen mit jüngerer Belegschaft ist der Valentinstag nicht mehr so wichtig wie noch vor 20 Jahren. Die japanischen Schokoladenhersteller machen trotzdem in der Zeit Februar/März etwa die Hälfte ihres Jahresumsatzes.
Ob Paare im Japan am Valentinstag und am White Day auch gemeinsam etwas unternehmen, ist individuell verschieden. Im urbanen Umfeld gehen junge Paare gerne aus. Und im Februar blühen im Großraum Tokyo die Pflaumenbäume in den städtischen Parks, sodass ein romantischer Spaziergang im rosafarbenen Blütenmeer durchaus möglich ist. Besonders sehenswert: Der Japanbrillenvogel (Mejiro) kann dabei beobachtet werden, wie er den Nektar aus den zarten Blüten trinkt.
In Deutschland pflegt Miyuki-san den Brauch nicht weiter. Sie empfindet, wie viele Menschen, eine tiefe Abneigung gegen den gesellschaftlichen Zwang, kostenintensive Lebensmittel zu verschenken, wie sie erklärt. (mbw) +++