

Der "hessische" Koalitionsweg: Von Ramba Zamba und persönlicher Chemie
28.02.25 - Im politischen Berlin beginnen die ersten Gespräche, um für den künftigen Bundestag eine stabile Koalition hinzubekommen. Die CDU/CSU will mit den Sozialdemokraten sprechen. Andere Farbenspiele sind zwar rechnerisch möglich, doch politisch seitens der Union nicht gewollt. Vermutlich nach der Bürgerschaftswahl am Sonntag in Hamburg werden die Gespräche mit der SPD Fahrt aufnehmen.
In Hessen besteht seit der vergangenen Landtagswahl vor rund zwei Jahren eben jene schwarz-rote Koalition. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein brachte diesen "hessischen Weg" bereits am Wahlabend der Bundestagswahl am Sonntag aufs Tablett. So ganz geht die Gleichung aber nicht auf. In Hessen konnte die CDU zwischen SPD und Grüne wählen, in Berlin sind es "nur" die Sozialdemokraten.
Trotz der Wahlschlappe weiß das Verhandlungsteam um Lars Klingbeil um ihre Position und wird diese stärken wollen. Doch wie funktioniert der "hessische Weg" im politischen Alltag? Wir haben die beiden Landtagsabgeordneten Stefanie Klee (CDU) und Tanja Hartdegen (SPD) dazu befragt.
Beide Politikerinnen sind für den Wahlkreis Hersfeld zuständig. Ihre Heimatkommunen befinden sich mit Eiterfeld und Schenklengsfeld in unmittelbarer Nachbarschaft. Trotzdem sind sie nicht gerade als enge Freundinnen bekannt. Wie gelingt trotzdem die politische Arbeit? Lesen Sie nachfolgend unser Doppel-Interview:
Sehen Sie den hessischen Weg als gute Option für eine künftige Bundesregierung?
Stefanie Klee: "Der hessische Weg funktioniert hier sehr gut. Das zeigt auch das Bundesergebnis. Wer gute Politik macht, schmälert die Ränder. Die AFD ist in Hessen unter dem Bundesdurchschnitt und die CDU zum ersten Mal über dem Bundesdurchschnitt. Die Frage wird sein, ist die SPD für einen Politikwechsel bereit? Wir möchten als CDU einen Wechsel in der Wirtschafts- und Asylpolitik. Das ist die Voraussetzung, dann klappt auch der hessische Weg in der Bundesregierung."
Tanja Hartdegen: "Die Situationen sind nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar. Klar ist, dass es immer zuerst um Inhalte gehen muss. Diese Inhalte unterscheiden sich jedoch stark zwischen Bundes- und Landesebene. Und innerhalb dieser Themen gibt es auf Bundesebene durchaus starke Differenzen: Sowohl beim Thema Klima als auch in der Frage der Migration wird sich zeigen, ob die CDU die Kraft findet, sich von unrealistischen und nicht umsetzbaren Forderungen, die vor allem der Wahlkampf-Polemik geschuldet waren, zu verabschieden und zu Sachpolitik zurückfindet.
Außerdem hängt viel von den agierenden Personen ab. Eine Zusammenarbeit mit Friedrich Merz ist nach seinen rhetorischen Entgleisungen und Unwahrheiten sowie den bekannten Bundestagsabstimmungen gemeinsam mit der AfD nur schwer vorstellbar. Meiner Meinung nach müsste er erst einmal einiges zurücknehmen, wie die Verunglimpfung großer Teile der Bevölkerung als "linke Spinner" oder die Behauptung, es habe links der Mitte keinen Aufschrei und Proteste gegen die Ermordung Walter Lübckes durch Rechtsterroristen gegeben. Das Gegenteil ist der Fall. Und Merz sollte diese Unwahrheiten und Polemiken als solche einräumen und in Zukunft unterlassen. Das gebietet schon die politische Redlichkeit."
Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit der beiden Koalitionspartner CDU und SPD im politischen Alltag in Wiesbaden?
Stefanie Klee: "Die Zusammenarbeit ist vertrauenswürdig und im engen Austausch. Das merkt man daran, dass wir im letzten Jahr geräuschlos das Land geführt haben. Statt öffentlich zu streiten, wie es die Ampel handhabte, werden gemeinsam die Fortschritte verkündet. Gemeinsam wurden viele Themen und Gesetze vorangebracht. Hessen ist so stark wie noch nie, das funktioniert nur, wenn man gut zusammenarbeitet."
Tanja Hartdegen: "Wir pflegen eine gute fachliche und sachliche Zusammenarbeit. Am Ende geht es um die Suche nach Kompromissen und Ergebnissen, die beide Partner gut vertreten können und die zu tragfähigen Lösungen im Sinne des Landes und der Bürgerinnen und Bürger führen. Nicht hilfreich waren die schrillen Einlassungen der hessischen CDU-Spitze im Wahlkampf. Hier hätte ich mir mehr Sachlichkeit, Aufrichtigkeit und Souveränität gewünscht."
Wie schätzen Sie das Miteinander der Landtagsabgeordneten der beiden Parteien ein?
Stefanie Klee: "Es ist ein freundschaftlicher Umgang, bei dem konstruktiv in der Sache diskutiert wird. Ich würde mich freuen, wenn dieses Verhältnis zukünftig auch in Berlin möglich ist."
Tanja Hartdegen: "Das hängt natürlich, wie überall, von den jeweiligen Personen ab. Aber generell ist das Miteinander wertschätzend und vertrauensvoll."
Im politischen Berlin hatte Armin Laschet zu einer Hausparty eingeladen. Gibt es ähnliche Treffen auch in den Landtagswochen in Wiesbaden oder gehen sich die Abgeordneten nach Feierabend eher aus dem Weg?
Stefanie Klee: "Wir machen es, wie Friedrich Merz es angekündigt hat: …und dann machen wir Rambo- Zambo, aber erst dann! Wir machen es nur auf der hessischen Weise, wir machen Ramba- Zamba!"
Tanja Hartdegen: "Es gibt selbstverständlich regelmäßig parlamentarische Abende und andere Veranstaltungen des Landtags, wo sich Abgeordnete über die Fraktionsgrenzen hinaus treffen. Darüber hinaus ist es im Landtag wie im Privatleben: Das hängt auch hier vor allem von Einzelpersonen ab und ob die persönliche Chemie stimmt." (Hans-Hubertus Braune) +++