
Im Garten von 2050: Altreifen, abgestorbenes Gehölz und tropische Einflüsse
12.03.25 - Jedes Jahr zum Fürstlichen Gartenfest auf Schloss Fasanerie in Eichenzell (Landkreis Fulda) können angehende Landschaftsarchitekten in einem Schaugarten zeigen, welche Themen und Trends die Zunft umtreiben. In diesem Jahr, zum 25. Jubiläum des Gartenfests, wurde 25 Jahre in die Zukunft geschaut: Im Garten von 2050 kommen nicht nur Altreifen unter, sondern auch abgestorbenes Gehölz.
Klimawandel, Urbanisierung und technologische Innovationen schlagen sich auch in der Gartengestaltung nieder. Und selbst die Schließung des Goodyear-Werks in Fulda wird im Hauptgewinner-Konzept berücksichtigt: "Vom Regenwald in den Garten - Neue Chancen in der Zukunft" von Jan Schilling und Vivien Keil, die an der Fachhochschule Erfurt Landschaftsarchitektur studieren, kommt mit terrassenhaft anmutendenen Bergen alter Autoreifen daher, aus denen Pflanzen wuchern. "Ein gelungener Hingucker, aber auch ein Kontrast, der beinahe weh tut", erläutert Martin Staffler, Chefredakteur des Magazins "Gartenpraxis", das in Kooperation mit dem Fürstlichen Gartenfest den Schaugartenwettbewerb auslobt. Im Hofgarten am Löschteich können Besucher des Gartenfests den Entwurf begutachten, der einen tropischen Hauch ans Schloss bringen soll.
GradWanderung und Gegensätze
Eine hochkarätige Fachjury des Bundes Deutscher Landschaftsarchitekten Landesverband Hessen e. V. und der Herbert-Heise-Stiftung für Gartenkunst und Landschaftskultur beziehungsweise Studienstiftung für Gartenkunst und Landschaftskultur sowie der Hessischen Hausstiftung hat sich die mehr als 30 Bewerbungen vorgenommen. Neben dem Hauptpreis wurden zwei Sonderpreise vergeben: gesponsert durch den Bund Deutscher Landschaftsarchitekten sowie die Herbert Heise-Stiftung für Gartenkunst und Landschaftskultur. Hier konnten die Entwürfe "GradWanderung" von Lina Wagner von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf sowie "Vereinte Gegensätze" von Lino Massing und Inesa Aprodu von der Hochschule Geisenheim sich durchsetzen. "GradWanderung" thematisiert Herausforderungen und Chancen des Klimawandels durch einen Garten, der in zwei Hälften Gegensätze aufzeigen soll, "Vereinte Gegensätze" geht ähnlich vor und zeigt in einem Yin-Yang-Garten auf der einen Seite staubtrocken, auf der anderen Seite grün und feucht.
Martin Staffler, der Chefredakteur des Magazins "Gartenpraxis", erläutert am Dienstag im Schloss die Kriterien, nach denen die Jury bewertet: "Die Realisierbarkeit ist das Wichtigste. Am Ende muss das Konzept auf dem Gartenfest präsentiert werden können. Eine positive Vision ist bei dem Thema ebenso wichtig: Wir hatten Entwürfe, die Solarpanels beinhaltet haben und Bewässerungskonzepte." Oder wie Ralf Habermann vom Bund Deutscher Landschaftsarchitekten formuliert: "Die jungen Kollegen können die Kuh fliegen lassen, entschieden wird an den konkreten Gestaltungsideen, daran, wie geschickt die Planungsaufgaben realisiert wurden."
Architektur für Pflanzen
Planerisch nachvollziehbar sollen die Schaugarten-Entwürfe in diesem Jahr durchaus provokant aufzeigen, wie nicht nur die Vegetation, sondern daran angelehnt und dadurch ausgedrückt auch die Gesellschaft in 25 Jahren aussehen könnte. Der 23-jährige Lino Massing, der mit Kommilitonin Inesa Aprodu von der Hochschule Geisenheim den Sonderpreis der Herbert-Heise-Studienstiftung für Landschaftsarchitektur mit "Vereinte Gegensätze" abgeräumt hat, erläutert, was für ihn den Reiz des Studiums ausmacht: "Ich wollte ursprünglich Architektur studieren, habe aber eine Faszination für Pflanzen. Es ist quasi Architektur für Pflanzen, was ich studiere." Neben der Freiraumplanung und der Landschaftsplanung stehen konkrete Gartenlandschaften in Geisenheim auf dem Stundenplan. Während Massing beziehungsweise Landschaftsarchitekten die Planung vornehmen, sind Galabau-Unternehmen für die konkrete Umsetzung verantwortlich.
"Man spezialisiert sich während des Studiums auf einen Schwerpunkt und arbeitet später etwa in einem Planungsbüro für Landschaftsarchitektur. Den Arbeitgeber kann man sich mehr oder weniger aussuchen, weil Fachkräfte in diesem Bereich sehr begehrt sind. Auftraggeber sind häufig Privatgärten." (mau) +++