
Kreistag Fulda genehmigt Mehrkosten von 14,5 Millionen Euro
02.04.25 - Der Landkreis Fulda muss für Sozialleistungen tiefer in die Tasche greifen. Allein für 2024 ergeben sich nicht eingeplante Kosten von fast 15 Millionen Euro. Ob beim Bürgergeld, Gesundheitshilfen, Sozialhilfen oder Wohngeld - überall steigen die Ausgaben. Landrat Bernd Woide fordert ein Umdenken.
Es war ein eindringlicher Appell, den Landrat Bernd Woide (CDU) bei der Kreistagssitzung im Bürgerhaus in Dipperz an die Bundespolitik richtete: "Wir können die Sozialleistungen nicht mehr zahlen, wenn die Kosten weiter derart steigen. Den Bürgern muss klar gesagt werden: So funktioniert das nicht weiter. Wir können uns die steuerfinanzierten Sozialleistungen so nicht mehr leisten."
"Wir haben massive Kostensteigerungen bei Bürgergeld, Sozialhilfen, Eingliederungshilfen und der Kinder- und Jugendhilfe. Das Problem liegt im System, das über Jahrzehnte gewachsen ist. Hier muss sich dringend etwas ändern", appelliert Landrat Bernd Woide. Die Bundespolitik sei gefordert, die Landkreise zu entlasten – alle Parteien stünden in der Verantwortung.
Ändere sich nichts, müssten Standards gesenkt und der Aufwand begrenzt werden. "Derzeit wird nicht zwischen Bedarf und Bedürfnis unterschieden, sondern nur gefragt: ‚Was steht mir zu?‘ Das muss sich ändern."
Tatsächlich kämpft der Landkreis Fulda für das Haushaltsjahr 2024 mit überplanmäßigen Aufwendungen bei den Sozialleistungen in Millionenhöhe. Einstimmig beschlossen die Fraktionen des Kreistags in der Sitzung am Montag (31. März) die zusätzlichen Kosten, die teils vom Bund refinanziert werden.
"Unerwartet steigende Fallzahlen anerkannter Asylbewerber"
Allein das Budget für die Grundsicherung für Arbeitssuchende (92,3 Millionen Euro), wurde 2024 um etwa 5 Millionen Euro überschritten. 2 Millionen Euro mehr entfallen auf die Sicherung des Lebensunterhalts. Ein Hauptgrund laut Woide: unerwartet steigende Fallzahlen anerkannter Asylbewerber und ukrainischer Geflüchteter. 3,9 Millionen Euro an Mehraufwendungen schlagen für Leistungen für Unterkunft und Heizung der Menschen zu Buche.
Die Kosten werden zu 68,7 Prozent vom Bund getragen. Die Mehrkosten entstünden, da mehr Plätze in Gemeinschaftsunterkünften benötigt würden. "Geplant war ein Platzbedarf für 700 Personen, doch zum 31. Dezember 2024 lebten 1200 ukrainische Geflüchtete und anerkannte Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften", so Woide.
Auch beim Wohngeld und Kinderzuschlag entstehen zusätzliche Kosten von 115.000 Euro, da mehr Menschen Anspruch auf Hilfszahlungen hätten. Der Anstieg sei unvorhersehbar, aber unabweisbar gewesen, da es sich um eine gesetzliche Pflichtleistung handele.
Im Bereich Grundversorgung und Hilfen wird das Budget von 46,1 Millionen Euro um 3,7 Millionen Euro überstiegen. Besonders betroffen: die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Hilfen für Menschen in Werkstätten für Behinderte (1,97 Millionen Euro mehr). Grund hierfür sei der demografische Wandel und die steigende Zahl an Leistungsempfängern.
Aufgrund überproportionaler Krankenbehandlungen nicht Versicherungspflichtiger komme es zu weiteren Mehraufwendungen von 820.000 Euro. Viele ukrainische Geflüchtete fielen hierunter, weil für sie keine gesetzliche Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gegeben sei. "Die
Gesundheitskosten pro Fall sind schwer zu kalkulieren und variieren in sehr unterschiedlicher Höhe", erklärte Woide.
Auch im Pflegesektor steigen die Ausgaben um bis zu 830.000 Euro, bedingt durch Strukturänderungen und mehr vollstationäre Pflegefälle.
Die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe kostet 4,5 Mio. Euro mehr als geplant. Zusätzliche Ausgaben entstehen durch Hilfen für junge Volljährige (640.000 Euro), Jugendhilfe für unbegleitete Ausländer (1,39 Mio. Euro), Erziehung in Tagesgruppen (470.000 Euro), Unterbringung von Eltern mit Kindern in Not (190.000 Euro), Hilfen zur Erziehung (340.000 Euro), Heimerziehung (265.000 Euro) und Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (305.000 Euro).
Angesichts dieser Zahlen forderte Woide ein Umdenken. Ein "Weiter so" könne es nicht geben und sei von den Landkreisen langfristig nicht zu bewerkstelligen. "Wir haben uns angewöhnt, sobald jemand in eine soziale Schieflage kommt, zu denken, der Staat ist zuständig", argumentiert der Landrat.
Woide verwies auf den Deutschen Landkreistag, der einen Politikwechsel fordere. Andernfalls drohe das Sozialsystem zu kollabieren. Ausgaben und Einnahmen müssten wieder in Einklang gebracht werden. Mehr Arbeitsanreize im Bürgergeld oder Einsparungen beim Elterngeld müssten laut Landkreistag berücksichtigt werden.
Beim Elterngeld schlägt der Landkreistag eine Absenkung der Einkommensgrenze auf 100.000 Euro vor. Bei erwerbstätigen Menschen und ihren Familien sei die Entlastung vorrangig über erhöhte Steuerfreibeträge vorzunehmen. Dies ermögliche Betroffenen Spielräume.
Woide betonte, dass nicht nur der Landkreis, sondern auch die Kommunen über die Umlagen die Belastung tragen müssten. "Wir haben im Landkreis Fulda die niedrigste Gewerbesteuer- und Schulumlage in Hessen. Wie lange wir das noch aufrechterhalten können, müssen wir sehen." (Christopher Hess) +++