

Region trauert um ehemaligen Bundestagsabgeordneten Berthold Wittich (91)
25.04.25 - Der langjährige Bundestagsabgeordnete der Sozialdemokraten, Berthold Wittich, ist vor wenigen Tagen im Alter von 91 Jahren verstorben. Zahlreiche Weggefährten trauen um den verdienten Politiker.
Der Bundestagsabgeordnete Michael Roth (SPD) nimmt in einem bewegenden Nachruf Abschied von Berthold Wittich.
Auf Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS veröffentlichen wir den Nachruf für Berthold Wittich von Roth mit dessen Einverständnis im Wortlaut:
"Gemeinsam mit vielen Menschen meiner Heimatregion trauere ich um Berthold Wittich. Er vertrat uns von 1987 bis 1998 im Deutschen Bundestag und war damit mein Vorgänger als direkt gewählter Bundestagsabgeordneter der SPD. Ich lernte ihn bereits 1987 in meinem Heringer Ortsverein als frisch gewählten MdB kennen.
In Heringen war er ausgesprochen beliebt und hoch anerkannt. Nicht nur weil er wie ich von dort stammte, sondern weil er authentisch das Aufstiegsversprechen der Sozialdemokratie verkörperte. Er war der Spross einer Bergmanns- und Bauernfamilie, ganz typisch für das Werratal.
Auf diese Herkunft war er genauso stolz wie auf seine Frau Irmhild und seine drei Jungs Boris, Marc und Peter. Seine Frau war fast immer mit dabei, auch zu vielen Sitzungswochen in Bonn begleitete sie ihn. Tief geprägt haben ihn die schmerzhaften Erfahrungen, während der Nazi-Diktatur und des Zweiten Weltkriegs groß geworden zu sein. Nie wieder Krieg! Das war sein Bekenntnis als Mensch und Politiker! Ich kann nur erahnen, wie ihn die letzten Jahre verstört, empört und besorgt haben müssen.
Der Krieg ist zurück in Europa, angezettelt von einer nationalistisch-imperialistischen Ideologie. Wie bitter muss es da für ihn gewesen sein, wenn nicht länger über Abrüstung, Frieden und Kooperation, sondern über Aufrüstung, Wehrhaftigkeit und Abschreckung gesprochen und entschieden wurde. Frieden schaffen ohne Waffen! In Zeiten blutrünstiger Diktatoren wie Putin funktioniert das nicht mehr. Welch eine Tragödie! Vor allem auch für einen Friedensbewegten wie Berthold Wittich.
Als er seine engagierte Arbeit in Bonn beendete, machte er es mir leicht. Mit öffentlichen Ratschlägen an seinen Nachfolger hielt er sich stets zurück. Dennoch war er hör- und sichtbar: auf Parteiveranstaltungen, bei Kundgebungen und als Leserbriefschreiber - gegen Atomkraft und atomare Aufrüstung, gegen Rechtsextremismus, für Frieden und Versöhnung. Er blieb im besten Wortsinne ein politischer Mensch - auch ohne Amt und Mandat. Es war ihm vergönnt 92 Jahre alt zu werden. Und das im Kreise seiner geliebten Familie. Ich danke ihm für viele Begegnungen, für Standhaftigkeit und Humanität. Wir Beide teilten die Liebe zum "Breiten", dem typischen Hefekuchen unserer Heimat. Im Wahlkreis war er omnipräsent. Stets hoffte ich, dass sein jungenhaftes Äußeres, seine Fitness bis weit ins hohe Alter auch auf mich ein wenig abfärbt. Nun ist er gestorben. Aber er wird unvergessen bleiben. Glückauf, lieber Berthold!", schreibt Michael Roth abschließend. (hhb) +++