
Dekan Dr. Thorsten Waap: "Ich bin hier, um Freundschaften zu schließen!"
04.05.25 - Dr. Thorsten Waap ist fast auf den Tag genau seit einem Jahr in seinem neuen Amt als Dekan in Fulda und fühlt sich hier angekommen und angenommen. Weil er vorher über 22 Jahre Gemeindepfarrer in Heringen im eher protestantisch geprägten Kreis Hersfeld-Rotenburg war, hätten ihn viele aus der alten Heimat bedauert, dass er in das katholische Fulda und damit in die Diaspora wechselt. Doch dafür hat der promovierte Theologe kein Verständnis, er findet seinen neuen Wirkungskreis in der Barockstadt reizvoll und seine Aufgabe erfüllend: "Ich bin hier, um Freundschaften zu schließen und um das Gute der Beziehung zu Gott zu vermitteln."
In einer Zeit, in der die Leute dem Glauben den Rücken kehrten und nur noch rund 45,2 Prozent der Bevölkerung Mitglied in einer der beiden christlichen Kirchen seien, werde die Frage nach der Konfessionszugehörigkeit doch immer unwichtiger. "Wir leben nicht mehr vor hundert Jahren, als die Gräben tief waren und es noch eine Katastrophe bedeutete, sich einen Andersgläubigen zu verlieben", sagt er und ist überzeugt, dass die gewachsene Ökumene und das gegenseitige Vertrauen tragen und der Fokus auch künftig auf den Gemeinsamkeiten, nicht auf den Unterschieden der beiden Konfessionen liegen wird. "In einer säkularisierten Welt müssen wir zusammen für einen starken Glauben werben und nach dem Reich Gottes trachten. In dieser Zielrichtung sei er sich mit seinen katholischen Amtsbrüdern und namentlich mit Bischof Dr. Michael Gerber einig, mit denen er in ständigem Austausch stehe.
Zuerst: zuhören, wahrnehmen, kennenlernen
In den ersten Wochen und Monaten im neuen Amt habe er vor allem zugehört, wahrgenommen und kennengelernt, sagt der Dekan. Besonders in den Gemeinden im Kirchenkreis, wo es Vakanzen bei den Pfarrstellen gebe und die vertretenden Kolleginnen und Kollegen an ihre Grenzen kämen, müssten zeitnahe Lösungen gefunden werden. Auch die finanziellen Probleme der Gemeinden, die durch den Mitgliederschwund und auch Todesfälle verursacht werden, müssten zu neuen Überlegungen führen. Mit den knapper werdenden Ressourcen gehe sowohl ein Geld- als auch ein Anerkennungsverlust einher. Bei der letzten Landessynode war verkündet worden, dass es von der Landeskirche immer weniger Zuschüsse für die Kirchengebäude geben werde. Er frage sich, warum der evangelische Kirchenkreis nicht längst den Mut gehabt habe, die Liste der Gebäude im jeweiligen Bestand von katholischer und evangelischer Kirche übereinanderzulegen und die gemeinsame Nutzung anzugehen. "Zusammenarbeit funktioniert längst und muss es auch", sagt Waap ganz pragmatisch.
Weil die Familien als Glaubensvermittler ausfielen, müsse auch die Jugendarbeit neu aufgestellt werden. Ein Kinder- und Jugendpfarramt soll deshalb mit dem Religionspädagogischen Institut (RPI) mit immerhin vier ganzen Stellen geschaffen werden. Seiner Beobachtung nach komme gerade bei jungen Menschen die Frage nach dem tieferen Sinn wieder. Das sei seine Erfahrung, nachdem er über 20 Jahre in der Oberstufe unterrichtet habe. Im Haus Oranien habe gerade ein ehrgeiziges Projekt stattgefunden, an sechs Abenden die ganz Bibel in den Blick zu nehmen. "Wir können uns keine schwache Kirche wünschen", sagt der Dekan abschließend. "Es gibt keine andere Instanz, die das Zusammenleben und Zusammenhalten ins Zentrum stellt. Und wir haben doch die beste Botschaft, nämlich dessen der den Weg aus dem Grab kennt!" (ci)+++