

Das sagen hessische Politiker zum Wahldebakel in Berlin
07.05.25 - Sechs Stimmen haben Friedrich Merz (CDU) am Dienstag zur absoluten Mehrheit gefehlt. Somit konnte er nicht im ersten Wahlgang zum neuen Bundeskanzler gewählt werden. Ein absolutes Novum, denn noch nie ist nach einer Bundestagswahl und erfolgreichen Koalitionsverhandlungen ein designierter Kanzler bei der Wahl im Bundestag gescheitert. Wie geht es jetzt weiter und was fordern Abgeordnete und Lokalpolitiker? Wir haben uns umgehört.
Der Hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU): "Wir erleben eine historische Stunde für unser Land. Deutschland braucht jetzt ein Votum der Verantwortung. Nötig sind ein 2. Wahlgang und ein Signal der Stabilität für unsere Demokratie. Die Menschen erwarten einen Politikwechsel für Deutschland. Dafür braucht es jetzt eine Kanzlermehrheit im Deutschen Bundestag."
Die Fraktionsvorsitzende der Fuldaer CDU, Patricia Fehrmann war sichtlich überrascht "Ich dachte, ich hör nicht richtig!", beschreibt sie ihre erste Reaktion. "Damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Die Situation macht mich sehr betroffen, die Lage ist ernst. Wir brauchen dringend Stabilität für unser Land, unsere Demokratie und für unsere Wirtschaft. Diese Schlappe wird vor allem die AfD weidlich ausschlachten. Auch die Außenwirkung dieses Debakels ist katastrophal: Der DAX ist sofort abgestürzt. Wie wohl jeder wünsche ich mir einen zeitnahen zweiten Wahlgang, der das erwartete Ergebnis bringt. Die Abweichler, die diese Situation verursacht haben, haben verantwortungslos gehandelt und sollten jetzt in sich gehen und ihre Beweggründe hinterfragen - sie haben dem designierten Kanzler und Deutschland schweren Schaden zugefügt."
Ebenso fassungslos zeigt sich Jonathan Wulff, Fraktionsvorsitzender der Fuldaer SPD, angesichts dieses unerwarteten Wahlausgangs: "Das kam wirklich überraschend, mit dem Scheitern hat wohl niemand gerechnet. Die naheliegende Schlussfolgerung: es muss doch eine größere Gruppe von Unzufriedenen bei CDU und SPD geben. Wobei das nach der über 80-prozentigen Zustimmung der SPD-Mitglieder zum Koalitionsvertrag mehr als unwahrscheinlich erscheint. Aber angesichts der ernsten weltpolitischen Lage ist diese gescheiterte Kanzlerwahl äußerst besorgniserregend. Allen politischen Differenzen zum Trotz brauchen wir jetzt eine stabile Regierung, um die vielen schwierigen Entscheidungen für die Zukunft dieses Landes auf den Weg bringen zu können. Alle Abgeordneten tragen eine große Verantwortung dafür. Aber es besteht kein Zweifel: Die künftige Bundesregierung wird mit einer Riesenhypothek an Start gehen."
CDU-Landtagsabgeordneter Thomas Hering: "So ist das bei einer geheimen Wahl, mit Abweichlern muss man immer rechnen, das hat es schon immer gegeben. Trotzdem war ich über diesen Wahlausgang tatsächlich erschrocken. Das war wohl eine Retourkutsche und einige Unzufriedene wollten ihr Mütchen kühlen, aber die Konsequenzen aus diesem unverantwortlichen Verhalten haben sie nicht zu Ende gedacht. Das offenbart eine erschreckende Heckenschützenmentalität einiger Bundestagsabgeordneten. Jetzt ist es an der Zeit, dass jeder von ihnen Verantwortung für die Zukunft unseres Landes übernimmt - oder sich zu seinem Verhalten bekennt."
Die hessische CDU-Landtagsabgeordnete Stefanie Klee betont: "Die CDU steht geschlossen hinter Friedrich Merz, es habe nach der Wahlniederlage von der Union Standing Ovations für ihn gegeben. Das war ein wichtiges Zeichen der Solidarität in dieser Situation. Man habe die momentane Lage in der CDU-Landtagsfraktion in Wiesbaden ausführlich erläutert, jetzt sei das Ergebnis im zweiten Wahlgang entscheidend für die Stabilität in unserem Land."
Jens Mischak (CDU):
MdB Frederik Bouffier (CDU): "Erstens: In der Fraktionssitzung gab es Standing Ovations für Friedrich Merz. Die Unionsfraktion steht geschlossen hinter unserem Kanzlerkandidaten und zu der Verantwortung für unser Land. Zweitens: Es muss jetzt schnell einen zweiten Wahlgang geben. Die zukünftige Koalition hat eine Kanzlermehrheit. Jetzt sind alle gefordert, ihrer Verantwortung für Deutschland gerecht zu werden. Die Lösung der Probleme in unserem Land duldet keinen Aufschub und keine Taktiererei. Drittens: Europa und die Welt schauen auf uns. Es braucht jetzt Stabilität in unserem Land."
Anna Lührmann, Landesvorsitzende der GRÜNEN Hessen
MdL Dr. Josefine Koebe (SPD)
Dr. Thorsten Lieb, Landesvorsitzender der FDP Hessen: "Der Start in Friedrich Merz‘ Kanzlerschaft ist krachend gescheitert. Schwarz-Rot bringt im ersten Wahlgang keine Mehrheit für die Kanzlerwahl zustande. Das ist ein fatales Signal für die Handlungsfähigkeit einer Bundesregierung, die vollmundig einen Politikwechsel versprochen hat und sich schon ein dickes Schuldenpolster geschaffen hat. Es kann nur besser werden – das ist im Interesse unseres Landes, seiner Bürgerinnen und Bürger und seiner Wirtschaft zu hoffen. Deutschland braucht eine Regierung, die Kraft für die dringend notwendigen Reformen hat."
Boris Mijatovic, Grünen-Bundestagsabgeordneter für Fulda und Vogelsberg: "Das Scheitern von Friedrich Merz im ersten Wahlgang ist ein historisches Ereignis. Es offenbart die Unzufriedenheit in den eigenen Reihen und die Unfähigkeit von Friedrich Merz und Lars Klingbeil, eine stabile politische Mehrheit zu sichern. Gemeinsam mit den anderen demokratischen Fraktionen im Bundestag haben wir beraten, dass es schnell einen zweiten Wahlgang geben muss. Als Grüne war für uns von Anfang an klar: Nach einem Wahlkampf voller Polarisierung und den gravierenden inhaltlichen Defiziten im Koalitionsvertrag kann es von uns keine Stimmen für Friedrich Merz als Bundeskanzler geben. Dennoch ist es gut für unser Land, dass Union und SPD es nach diesem historischen Fehlstart jetzt geschafft haben, die Mehrheit im zweiten Wahlgang herzustellen. Ein Signal für Stabilität und Aufbruch ist das für die neue Koalition allerdings nicht." (nia/ms/ci/mau) +++