Friedrich Merz ist im ersten Wahlgang durchgefallen. Er erhielt nicht die absolute Mehrheit für den Posten als Bundeskanzler. - Symbolfoto: ON/Hendrik Urbin

REGION "Fehlstart für Merz-Regierung"

Das sagen hessische Politiker zum Wahldebakel in Berlin

07.05.25 - Sechs Stimmen haben Friedrich Merz (CDU) am Dienstag zur absoluten Mehrheit gefehlt. Somit konnte er nicht im ersten Wahlgang zum neuen Bundeskanzler gewählt werden. Ein absolutes Novum, denn noch nie ist nach einer Bundestagswahl und erfolgreichen Koalitionsverhandlungen ein designierter Kanzler bei der Wahl im Bundestag gescheitert. Wie geht es jetzt weiter und was fordern Abgeordnete und Lokalpolitiker? Wir haben uns umgehört.

Boris Rhein, Landesvater, Ministerpräsident und CDU-Vorsitzender in Hessen. ...Archivfoto: O|N/ Carina Jirsch

Die Fuldaer CDU-Fraktionsvorsitzende Patricia Fehrmann

Der Hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU): "Wir erleben eine historische Stunde für unser Land. Deutschland braucht jetzt ein Votum der Verantwortung. Nötig sind ein 2. Wahlgang und ein Signal der Stabilität für unsere Demokratie. Die Menschen erwarten einen Politikwechsel für Deutschland. Dafür braucht es jetzt eine Kanzlermehrheit im Deutschen Bundestag."

Die Fraktionsvorsitzende der Fuldaer CDU, Patricia Fehrmann
war sichtlich überrascht "Ich dachte, ich hör nicht richtig!", beschreibt sie ihre erste Reaktion. "Damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Die Situation macht mich sehr betroffen, die Lage ist ernst. Wir brauchen dringend Stabilität für unser Land, unsere Demokratie und für unsere Wirtschaft. Diese Schlappe wird vor allem die AfD weidlich ausschlachten. Auch die Außenwirkung dieses Debakels ist katastrophal: Der DAX ist sofort abgestürzt. Wie wohl jeder wünsche ich mir einen zeitnahen zweiten Wahlgang, der das erwartete Ergebnis bringt. Die Abweichler, die diese Situation verursacht haben, haben verantwortungslos gehandelt und sollten jetzt in sich gehen und ihre Beweggründe hinterfragen - sie haben dem designierten Kanzler und Deutschland schweren Schaden zugefügt."

Der Fuldaer SPD-Fraktionsvorsitzender Jonathan Wulff

Ebenso fassungslos zeigt sich Jonathan Wulff, Fraktionsvorsitzender der Fuldaer SPD, angesichts dieses unerwarteten Wahlausgangs: "Das kam wirklich überraschend, mit dem Scheitern hat wohl niemand gerechnet. Die naheliegende Schlussfolgerung: es muss doch eine größere Gruppe von Unzufriedenen bei CDU und SPD geben. Wobei das nach der über 80-prozentigen Zustimmung der SPD-Mitglieder zum Koalitionsvertrag mehr als unwahrscheinlich erscheint. Aber angesichts der ernsten weltpolitischen Lage ist diese gescheiterte Kanzlerwahl äußerst besorgniserregend. Allen politischen Differenzen zum Trotz brauchen wir jetzt eine stabile Regierung, um die vielen schwierigen Entscheidungen für die Zukunft dieses Landes auf den Weg bringen zu können. Alle Abgeordneten tragen eine große Verantwortung dafür. Aber es besteht kein Zweifel: Die künftige Bundesregierung wird mit einer Riesenhypothek an Start gehen."

CDU-MdL Thomas Hering

CDU-Landtagsabgeordneter Thomas Hering: "So ist das bei einer geheimen Wahl, mit Abweichlern muss man immer rechnen, das hat es schon immer gegeben. Trotzdem war ich über diesen Wahlausgang tatsächlich erschrocken. Das war wohl eine Retourkutsche und einige Unzufriedene wollten ihr Mütchen kühlen, aber die Konsequenzen aus diesem unverantwortlichen Verhalten haben sie nicht zu Ende gedacht. Das offenbart eine erschreckende Heckenschützenmentalität einiger Bundestagsabgeordneten. Jetzt ist es an der Zeit, dass jeder von ihnen Verantwortung für die Zukunft unseres Landes übernimmt - oder sich zu seinem Verhalten bekennt."

CDU-MdL Stefanie Klee

Die hessische CDU-Landtagsabgeordnete Stefanie Klee betont: "Die CDU steht geschlossen hinter Friedrich Merz, es habe nach der Wahlniederlage von der Union Standing Ovations für ihn gegeben. Das war ein wichtiges Zeichen der Solidarität in dieser Situation. Man habe die momentane Lage in der CDU-Landtagsfraktion in Wiesbaden ausführlich erläutert, jetzt sei das Ergebnis im zweiten Wahlgang entscheidend für die Stabilität in unserem Land."

Jens Mischak (CDU), CDU-Kreisvorsitzende aus Vogelsberg Archivfoto: ON/Marius Auth

Jens Mischak (CDU): "Ich bin angesichts der Entwicklungen in Berlin am heutigen Tage sprachlos. Man mag diese Koalition gut oder schlecht finden. Man mag Friedrich Merz oder Lars Klingbeil mögen oder nicht. Es gibt tausende Gründe und Möglichkeiten, seinen Unmut zu begründen und seiner Enttäuschung Ausdruck zu verleihen. So wie es die 18 heute gemacht haben, aber nicht. Wer unzufrieden ist, der soll das offen im Voraus sagen und nicht feige bei der Abstimmung mit Nein stimmen. Mir fehlen daher die Worte, wenn 18 Abgeordnete aus der Koalition nicht im Vorfeld den Mut aufbringen, ihre Meinung zu sagen. So sieht für mich keine Verantwortung aus."

MdB Frederik Bouffier (CDU) Archivfoto: ON

MdB Frederik Bouffier (CDU): "Erstens: In der Fraktionssitzung gab es Standing Ovations für Friedrich Merz. Die Unionsfraktion steht geschlossen hinter unserem Kanzlerkandidaten und zu der Verantwortung für unser Land. Zweitens: Es muss jetzt schnell einen zweiten Wahlgang geben. Die zukünftige Koalition hat eine Kanzlermehrheit. Jetzt sind alle gefordert, ihrer Verantwortung für Deutschland gerecht zu werden. Die Lösung der Probleme in unserem Land duldet keinen Aufschub und keine Taktiererei. Drittens: Europa und die Welt schauen auf uns. Es braucht jetzt Stabilität in unserem Land."

Anna Lührmann, MdB und Landesvorsitzende der GRÜNEN Hessen Foto: © photothek/Trutschel

Anna Lührmann, Landesvorsitzende der GRÜNEN Hessen: "Heute ist kein guter Tag für unser Land. Mitten in einer Vertrauenskrise schafft Friedrich Merz es nicht, eine Kanzlermehrheit zu gewinnen. Diese Regierung ist handwerklich gescheitert, bevor sie überhaupt begonnen hat. Friedrich Merz und Lars Klingenbeil haben bei einer der wichtigsten politischen Tugenden versagt: So zu verhandeln und zu führen, dass politische Mehrheiten gesichert sind. Wichtig ist jetzt, dass dieses Land baldmöglichst eine stabile Regierung bekommt. Daher ist es richtig, dass die GRÜNE Bundestagsfraktion einen zeitnahen zweiten Wahlgang ermöglicht. Der Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU hat aber schwere inhaltliche Mängel. Daher wird es nach wie vor keine GRÜNE Stimmen für Friedrich Merz geben."

MdL Dr. Josefine Koebe (SPD) Foto: Christof Mattes | CC BY-SA 4.0

MdL Dr. Josefine Koebe (SPD): "Wir sind überrascht von dem heutigen Vorgang - anders kann man es nicht sagen. Die Tatsache, dass nicht alle Fraktionsmitglieder der angestrebten Regierung hinter einem Kanzler Merz stehen, ist sehr ernst zu nehmen. Die nächsten Tage werden ein Härtetest, noch bevor es richtig losgeht. Aber wir sind absolut überzeugt, dass die Partei- und Fraktionsführungen in Berlin ein geordnetes und klärendes Vorgehen finden und festlegen werden. Nichts anderes haben wir in den vergangenen Wochen bereits sehen können. Und nichts anderes gebietet die aktuelle Situation. Lachende Rechtsextreme im Parlament schaden unserer Demokratie mehr als alles andere. Das muss jedem und jeder Abgeordneten des Deutschen Bundestages jetzt klar sein. Die SPD hat von ihren Mitgliedern mit 85% Zustimmung zum Koalitionsvertrag einen klaren Auftrag erhalten; Friedrich Merz Standing Ovations in der CDU-Bundestagsfraktion. Es braucht jetzt Professionalität, Verständigung und ein Miteinander - keine Spielchen, kein Blame Game, kein Chaos."

Dr. Thorsten Lieb, Landesvorsitzender der FDP Hessen Foto: privat

Dr. Thorsten Lieb, Landesvorsitzender der FDP Hessen: "Der Start in Friedrich Merz‘ Kanzlerschaft ist krachend gescheitert. Schwarz-Rot bringt im ersten Wahlgang keine Mehrheit für die Kanzlerwahl zustande. Das ist ein fatales Signal für die Handlungsfähigkeit einer Bundesregierung, die vollmundig einen Politikwechsel versprochen hat und sich schon ein dickes Schuldenpolster geschaffen hat. Es kann nur besser werden – das ist im Interesse unseres Landes, seiner Bürgerinnen und Bürger und seiner Wirtschaft zu hoffen. Deutschland braucht eine Regierung, die Kraft für die dringend notwendigen Reformen hat."

Boris Mijatovic, Grünen-Bundestagsabgeordneter für Fulda und Vogelsberg ...Foto: privat

Boris Mijatovic, Grünen-Bundestagsabgeordneter für Fulda und Vogelsberg: "Das Scheitern von Friedrich Merz im ersten Wahlgang ist ein historisches Ereignis. Es offenbart die Unzufriedenheit in den eigenen Reihen und die Unfähigkeit von Friedrich Merz und Lars Klingbeil, eine stabile politische Mehrheit zu sichern. Gemeinsam mit den anderen demokratischen Fraktionen im Bundestag haben wir beraten, dass es schnell einen zweiten Wahlgang geben muss. Als Grüne war für uns von Anfang an klar: Nach einem Wahlkampf voller Polarisierung und den gravierenden inhaltlichen Defiziten im Koalitionsvertrag kann es von uns keine Stimmen für Friedrich Merz als Bundeskanzler geben. Dennoch ist es gut für unser Land, dass Union und SPD es nach diesem historischen Fehlstart jetzt geschafft haben, die Mehrheit im zweiten Wahlgang herzustellen. Ein Signal für Stabilität und Aufbruch ist das für die neue Koalition allerdings nicht." (nia/ms/ci/mau) +++


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum
Cookie-Einstellungen anpassen

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Whatsapp
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön