Mindestlohnstreit: Wird es bald einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde geben? Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert einen höheren Mindestlohn, der vor Armut schützen soll. Die Erhöhung des Mindestlohns würde auch einen Anstieg der Preise für Handwerksleistungen bedeuten. - Archivbild: O|N Carina Jirsch

REGION OSTHESSEN|NEWS hat bei Gastronomen gefragt

Mindestlohn-Debatte: Was passiert mit der regionalen Wirtschaft?

07.05.25 - Mindestlohnstreit: Wird es bald einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde geben? Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert einen höheren Mindestlohn, der vor Armut schützen soll.
Die Erhöhung des Mindestlohns würde auch einen Anstieg der Preise für Handwerksleistungen bedeuten.

Der gesetzliche Mindestlohn soll vor Ausbeutung und Dumpinglöhnen schützen und einen Mindestschutz der Beschäftigten gewährleisten. Er dient als absolute Untergrenze für die Bezahlung von Arbeit in Deutschland. Sofern kein höherer Lohn vereinbart wurde, beispielsweise im Rahmen eines Tarifvertrags, gilt in Deutschland für nahezu alle Beschäftigten der gesetzliche Mindestlohn.

Fotos: Franziska Günther

Archivbild: O|N Mathias Schmidt

Archivbild: O|N Carina Jirsch

Wie wird die heiß diskutierte Gesetzesänderung tatsächlich aufgenommen? OSTHESSEN|NEWS hat nachgehakt und bei Unternehmern direkt nachgefragt.

Einheitsmindestlohn in der Kritik

In einem Punkt herrscht unter den befragten Unternehmern Einigkeit. Eine pauschale Erhöhung des Mindestlohns wird kritisch gesehen. Während ein Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde für qualifizierte Fachkräfte als angemessen angesehen wird, halten viele diesen Satz für ungelernte Aushilfen oder Schüler für nicht immer vertretbar. Leistung und Qualifikation eines Einzelnen sollten den Lohn bestimmen, nicht eine starre Einheitsregel.

Inhaber Bernd Lembach Archivbild: O|N Hannes Mayer

Konditorei Lembach

Auswahl an Trüffeln.

Bezahlung sollte leistungsgerecht sein

"Wenn die Preise nicht steigen würden, dann müsste man die Löhne auch nicht höher schrauben", so Bernd Lembach, Geschäftsführer der Konditorei Lembach in Fulda. Auch wenn ihn die geplante Änderung persönlich nicht stark betreffe, plädiert der Unternehmer dennoch klar für eine Unterscheidung zwischen festangestellten Fachkräften und kurzfristigen Aushilfen. Beide über einen Kamm zu scheren, sei weder wirtschaftlich sinnvoll noch leistungsgerecht.

Der Familienbetrieb kommt mit der Situation besser zurecht als viele andere Unternehmen, das Team könne sich gut intern organisieren. Dennoch spürt auch die Konditorei Lembach die stetig steigenden Lebensmittelpreise deutlich im Alltag. Vor allem Zutaten, die für die Kuchen, Torten und Trüffel essenziell sind, sind teurer geworden. Im Februar 2025 kostete Butter laut Statistischem Bundesamt rund 28 Prozent, die Tafel Schokolade kostete 24,5 Prozent mehr. Auch die Preise für Sahne, Kakao und Mandeln, alles Grundzutaten in der hauseigenen Konditorei, sind im Vergleich zu den Vorjahren spürbar gestiegen. Die Kundschaft muss sich künftig aber keine Sorgen machen. Falls es zur Erhöhung des Mindestlohns kommt, bleibt die Konditorei Lembach dennoch preisstabil. Das Konditorei möchte seine Preise für die Gäste nicht anheben.

Lindenwirt Alexander Günther Archivbild: O|N Hendrik Urbin

Landgasthof zur Linde Bimbach. Archivbild: O|N Mathias Schmidt

Die Speisen im Landgasthof. Foto: Franziska Günther

Pauschaler Mindestlohn bedroht regionale Wirtschaft

Auch Alexander Günther, Inhaber des Landgasthofs zur Linde in Großenlüder-Bimbach, bezieht eindeutig Stellung: "Wer arbeitet, soll davon leben können. Faire Löhne sollten eine Selbstverständlichkeit sein." Dennoch warnt er vor pauschalen Regelungen insbesondere in der Gastronomie, wo viele junge Aushilfen arbeiten. Ein unversteuerter Stundenlohn von 15 Euro zuzüglich Trinkgeld sei kaum vergleichbar mit dem Verdienst festangestellter Mitarbeiter, die deutlich höhere Abgaben leisten. "Das steht in keinem Verhältnis zu deren Erfahrung und Verantwortung." Günther fordert mehr Spielraum: Löhne sollten im Rahmen der Tarifautonomie verhandelt werden, nicht durch staatliche Vorgaben. Einheitliche Regelungen würden der Realität vieler Branchen nicht gerecht und gefährdeten die wirtschaftliche Flexibilität.

Ein weiteres Problem sieht er bei den regionalen Zulieferern. Spargel- und Erdbeerbauern etwa könnten mit Ländern wie Spanien, wo der Mindestlohn bei 8,37 Euro liegt, kaum konkurrieren. Die Folge: "Heimische Produkte verschwinden vom Markt, und die Preise steigen." Sein Fazit: "Am Ende leiden alle, von den Landwirten, über die Gastronomen bis zu den Gästen."

Küchenchef Marc Zuspann. Archivbild: O|N Carina Jirsch

Die Waldgaststätte Praforst. Archivfoto: O|N Christian Schmitt

Die Speisen in der Praforst. Archivbild: O|N Carina Jirsch

Mindestlohnerhöhung könnte Mehrwertsteuervorteil zunichtemachen

Marc Zuspann, Küchenchef der Gastronomie Praforst in Hünfeld, äußert sich ebenfalls kritisch zur geplanten Erhöhung des Mindestlohns. In seinem Betrieb wären hiervon ausschließlich Aushilfskräfte betroffen. Er weist ebenso auf die erhebliche Lohnspanne zwischen qualifizierten Fachkräften und Schülern hin, die lediglich einer Nebentätigkeit nachgehen. "Die bestehenden Lohnunterschiede müssen weiterhin sorgfältig berücksichtigt werden. Ein Ungleichgewicht gilt es unbedingt zu vermeiden", betont Zuspann. Für ihn ergibt sich daraus die Notwendigkeit, die Lohnerhöhung auf das gesamte Team auszuweiten, um ein ausgewogenes und gerechtes Vergütungssystem zu gewährleisten.

Sohn Jonas Lembach

Die wirtschaftlichen Konsequenzen würden letztlich beim Endverbraucher ankommen. Deshalb stellt Herr Zuspann die grundsätzliche Frage, inwiefern es zur Rolle der Regierung gehört, in die Zuständigkeiten des Arbeitgeberverbands einzugreifen. Zwar hat die Politik angekündigt, den Mehrwertsteuersatz für gastronomische Betriebe von derzeit 19 Prozent dauerhaft wieder auf 7 Prozent zu senken. "Die Gastronomie sollte langfristig von einer reduzierten Mehrwertsteuer profitieren, damit Preise für Gäste in einem adäquaten Rahmen bleiben", so Zuspann. Doch dieser potenzielle Vorteil wird durch die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns von 15 Euro pro Stunde, die damit verbundene Ausgleichserhöhung sowie die daraus resultierenden höheren Steuerabgaben nahezu vollständig aufgehoben (Franziska Günther/ Zehra Hashani ) +++

Wir haben die Köstlichkeiten probiert

Archivbild: O|N Hendrik Urbin

Team Landgasthof zur Linde Foto: Franziska Günther

Carolin und Marc Zuspann. Archivbild: O|N Carina Jirsch


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