

Ein Berufsfeld zwischen Lebensrettung und Systemgrenzen
27.05.25 - Am 27. Mai wird in ganz Europa der Tag der Notfallmedizin begangen. Ein Anlass, der nicht zufällig auf dieses Datum fällt. Am 27. Mai 1994 wurde in London die Europäische Gesellschaft für Notfallmedizin (EUSEM) gegründet. Seitdem dient dieser Tag dazu, die Bedeutung der Notfallmedizin hervorzuheben und den Menschen zu danken, die rund um die Uhr bereitstehen, um Leben zu retten. Dabei müssen die Retterinnen und Retter selbst mit vielen Schicksalsschlägen umgehen und teils dramatische Fälle verarbeiten.
Rund um die Uhr im Einsatz – auch in Fulda
Im Landkreis Fulda ist die Notfallversorgung durch ein starkes Netzwerk aus Kliniken und Rettungsdiensten gewährleistet. Die Notaufnahmen des Klinikums Fulda, des Herz-Jesu Krankenhauses und der Helios St. Elisabeth Klinik in Hünfeld stehen rund um die Uhr bereit. Ärztinnen, Pflegekräfte, Arzthelfer sowie medizinisch-technisches Personal sorgen gemeinsam dafür, dass in Notfällen schnell und kompetent geholfen wird.
Auch außerhalb der Klinikstrukturen ist die Versorgung gesichert. Der Rettungsdienst wird im Kreisgebiet unter anderem vom Deutschen Roten Kreuz Fulda organisiert, das auch das Personal für den ADAC-Rettungshubschrauber Christoph 28 stellt. Zudem sind der Malteser Hilfsdienst und das DRK Hünfeld im Einsatz, um schnell Hilfe leisten zu können.
Eine zentrale Rolle im Rettungsdienst spielen die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter. Sie durchlaufen eine dreijährige Ausbildung und gehören neben den Notärztinnen und Notärzten zu den am besten qualifizierten Kräften in der präklinischen Notfallversorgung. Sie sind befugt, eigenverantwortlich Medikamente zu verabreichen und lebensrettende Maßnahmen durchzuführen, bevor ein Arzt oder eine Ärztin überhaupt vor Ort ist. Das Berufsbild feierte 2024 sein 10-jähriges Jubiläum und wird immer weiterentwickelt. Ergänzend dazu sind im Landkreis Fulda mehrere Notärzte gleichzeitig im Einsatz, um in besonders kritischen Situationen schnell eingreifen zu können.
Forderung nach eigenem Facharzt für Notfallmedizin
In Deutschland setzt sich die Deutsche Gesellschaft für Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) für die Weiterentwicklung des Fachgebiets ein. Eine ihrer zentralen Forderungen: die Einführung eines eigenständigen Facharztes für Notfallmedizin – ein Konzept, das in vielen europäischen Ländern längst etabliert ist.
Aktuell können Ärztinnen und Ärzte hierzulande nach Abschluss einer Facharztausbildung, etwa in Innerer Medizin oder Anästhesiologie, eine Zusatzqualifikation in "Klinischer Akut- und Notfallmedizin" absolvieren. Diese Weiterbildung umfasst mindestens 24 Monate – deutlich weniger als die üblichen fünf Jahre für eine vollständige Facharztausbildung. Dennoch zeigt sich: Die Notfallmedizin in Deutschland steht im Vergleich zu anderen Disziplinen noch am Anfang ihrer eigenständigen Entwicklung.
System unter Druck: Wenn Versorgungslücken zu Belastungen führen
Die Realität in den deutschen Notaufnahmen und Rettungsdiensten ist derzeit angespannt. Ein wesentlicher Grund dafür liegt im geschwächten ambulanten Sektor: Facharzttermine sind schwer zu bekommen, oft müssen Patientinnen und Patienten monatelang auf eine Behandlung warten. Gleichzeitig steigt die Zahl älterer Menschen, die häufiger und komplexer erkranken.
Während Arztpraxen und Fachambulanzen mit langen Wartezeiten kämpfen, bleibt der Rettungsdienst für viele der einzig erreichbare Weg zu medizinischer Hilfe. Das stellt die Notaufnahmen vor eine doppelte Herausforderung: Einerseits müssen akute, lebensbedrohliche Fälle sofort behandelt werden, andererseits gilt es, Menschen mit weniger dringlichen Beschwerden richtig zu versorgen und an die passende Stelle im Gesundheitssystem weiterzuleiten.
Keine Schuld bei den Patienten
Dass viele Menschen in ihrer Not den direkten Weg in die Notaufnahme wählen, ist nachvollziehbar. Ihnen kann dabei kein Vorwurf gemacht werden. Denn wenn andere Versorgungswege blockiert sind, bleibt oft nur der Gang zur nächsten Anlaufstelle. Die Aufgabe des Systems ist es deshalb, die Versorgung zu strukturieren, die Ressourcen zielgerichtet einzusetzen und gleichzeitig alle Patientinnen und Patienten ernst zu nehmen, unabhängig von der Dringlichkeit ihres Anliegens. (Adrian Böhm) +++