21-Jährige soll mit Kokain im Verkaufswert von 2 Mio Euro gehandelt haben

04.06.25 - Am Dienstag startete am Landgericht Fulda ein spektakulärer Prozess, bei dem es um bandenmäßigen Handel mit über 30 Kilo Kokain im geschätzten Verkaufswert von bis zu zwei Millionen Euro geht. Auf der Anklagebank sitzt ein Halbgeschwisterpaar aus dem Landkreis Fulda, wobei die junge Frau den schwunghaften Handel mit der Droge organisiert haben soll, während ihr 40-jähriger Halbbruder dazu Beihilfe leistete, indem er seine Wohnung als Versteck und Depot für das Kokain zur Verfügung stellte. Die Angeklagte befindet sich wegen Fluchtgefahr seit dem 12.12.2024 in Untersuchungshaft.

Staatsanwalt Lang und eine Vertreterin der Jugendgerichtshilfe

Staatsanwalt Lang führte in der Anklage 16 einzelne Taten auf, bei denen die 21-Jährige zwischen Ende September bis Ende Oktober 2024 jeweils mit Kokain in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande Handel getrieben haben soll. Unter anderem hatte sie am 29. 10.2024 eine Beschaffungsfahrt von rund 30 Kilo Kokain von Hamburg nach Fulda organisiert, bei der die mit ihr befreundete Kurierfahrerin aber auf der Autobahn von der Polizei gestellt und verhaftet worden war. Drei weitere Bandenmitglieder sind deshalb in einem abgetrennten Verfahren angeklagt. Die Polizei hatte die verschiedenen Tatbeteiligten und deren Autos in dem genannten Zeitraum sowohl observiert als auch deren Chats und Telefonate überwacht und protokolliert.

"Ich will reinen Tisch machen"

Die Angeklagte sagte gleich zu Beginn der Verhandlung, sie wolle alles sagen, was sie wisse und "reinen Tisch" machen. Sie hatte als Servicekraft an einer Tankstelle gearbeitet, wohnte noch bei ihren Eltern und hatte einen eigenen Wagen und zwei Reitpferde, die ihr Vater ihr geschenkt hatte und für deren laufende Kosten er aufkam. Sie hatte keine finanziellen Verpflichtungen oder Schulden. Zum Job als Drogendealerin kam sie - ihrer eigenen Aussage nach - offenbar wie die Jungfrau zum Kind. Sie sei bei einer Autofahrt dazu überredet worden, über ein Handy von einem Unbekannten per Messanger Anweisungen für den Kokainhandel entgegenzunehmen. Als sie sich habe weigern wollen, sei sie grün und blau geschlagen und bedroht worden - auch ihre Familie und die Pferde seien in Gefahr gewesen. Bei dieser Aussage weinte die junge Frau.

Drogenfahrten quer durch Deutschland

Ihre Freundin habe zufällig von ihrem Drogengeschäft mitbekommen und sich dem unbekannten Auftraggeber freiwillig als Kurierfahrerin angeboten. So wurden Fahrten zu unbekannten Abnehmern quer durch Deutschland organisiert, meist wurde ein Kilo Kokain übergeben. Zielorte waren zum Beispiel in Karlsruhe, Gießen, Hannover, Nürnberg, Ulm und Pforzheim. In Nachfragen versuchte der Staatsanwalt herauszuarbeiten, wie viele Ein- und Ausgänge an Kokainlieferungen an welchen Tagen erfolgt waren, weil es offenbar eine Diskrepanz zwischen Bestands- und Verkaufssumme gibt.

Die Angeklagte war zwar zu verschiedenen Details - wie etwa zum Aussehen und der Beschaffenheit der "Ware" - sehr auskunftsfreudig, konnte aber zu ihren Auftraggebern nichts sagen. Sie sei selber nur ein ganz kleines Rad gewesen, habe niemals Kokain konsumiert, lediglich ab und zu einen Joint geraucht. Für die Organisation des Drogenhandels habe sie höchstens 50 Euro pro Woche bekommen. Allerdings fuhr sie einen Mercedes-Benz C 300 Cabrio. Von der mit ihr befreundeten Kurierfahrerin sei sie lediglich ab und zu zum Essen und Ausgehen eingeladen worden. Als ein bisheriges Depot der Bande von einer Mutter entdeckt worden war, musste der Kokainbestand schnell an einen anderen "Bunker" verlagert werden. "Da habe ich einen großen Fehler gemacht und meinen bis dahin ahnungslosen Bruder um Hilfe gebeten", erklärte die 21-Jährige dessen Tatbeteiligung. Dieser hatte die ihm übergebenen Kokainpakete in Sporttaschen und Tüten in seinem Bettkasten gelagert. Von Hintermännern, Drogenmengen und Geldströmen habe er keine Ahnung: "Ich wollte mit dieser Scheiße nichts zu tun haben!", betonte er.

Für das Verfahren sind vom Landgericht fünf weitere Verhandlungstermine bis zum 8. Juli angesetzt worden. (Carla Ihle-Becker)+++