Die Fuldaer Feuerwehr stellte sich nach den geglückten Löscharbeiten stolz zu einem Gruppenbild - Foto: Stadtarchiv Fulda

FULDA Nördlicher Turm in Vollbrand

Bodenloser Leichtsinn: Dom bei Feuerwerk in Brand geraten

07.06.25 - Es ist fast auf den Tag 120 Jahre her, dass ein spektakuläres Ereignis die Barockstadt erschütterte: Der Dom stand in Flammen. In unserer Serie "Abgestaubt" hat der Leiter des Fuldaer Stadtarchivs, Dr. Thomas Heiler das Archivmaterial für unsere Leser aufbereitet, "übersetzt" und in lesbare Form gebracht.

Durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern auf den beiden Domtürmen gerieten diese in Brand. Die sofort herbeigeeilte Feuerwehr hatte das Feuer zunächst schnell unter Kontrolle. Gegen Mitternacht stand allerdings plötzlich der nördliche Domturm in hellen Flammen. Der obere Dachstuhl stürzte kurz darauf krachend in die Tiefe. Die große Osanna-Glocke ist in der Feuershitze zerschmolzen, die kleinere Bonifatiusglocke zersprang. Tausende von Menschen auf dem Domplatz verfolgten in den Nachtstunden die Löscharbeiten der Feuerwehr. Nur dem günstigen Umstand, dass der Oberbau des Nordturmes nach der freien Seite des Domplatzes und nicht in das Mittelschiff fiel, ist es zu verdanken, dass die Kathedrale gerettet wurde.

Blick über den Bonifatiusplatz zum beschädigten Dom Foto: Stadtarchiv Fulda

Zum 1150-jährigen Bonifatiusjubiläum versammelten sich vom 4. bis 11. Juni 1905 Katholiken aus ganz Deutschland im festlich geschmückten Fulda. Höhepunkt der Feiern war am Sonntag, den 4. Juni, ein großer Gottesdienst auf dem Domplatz und eine Reliquienprozession durch die Stadt, an der mehr als 15.000 Gläubige teilnahmen. Der Tag klang mit einer Illumination des Barockviertels und einem Feuerwerk aus. Pauluspromenade, Kastanienallee, Bonifatiusplatz, bischöfliches Palais und Priesterseminar strahlten im Glanz unzähliger Lämpchen.

"Auf dem Domplatz wurde ein großartiges Feuerwerk abgebrannt", heißt es im offiziellen Bericht über das Fest. "Leuchtkugeln und Raketen stiegen auf, und den ganzen Dom umfloss eine Flut von bengalischem Lichte. Mit einem leuchtenden Funkenregen, der von den Laternen der Domtürme und der Kuppel niederrieselte, schloss dieses effektvolle pyrotechnische Schauspiel. Voll heiliger Begeisterung sang die nach Tausenden zählende Volksmenge, die den Domplatz und die angrenzenden Alleen füllte, das uralte Fuldaer Bonifatiuslied: Wie heilig hast Du, Gottes Freund." Doch mitten in die Klänge der ersten Strophe des Liedes drang allgemeines Entsetzen. Am linken (südlichen) Domturm brannte eine Fahne, aus dem hölzernen Turmhelm züngelten Flammen auf.

Dieses Telegramm aus Frankfurt erreichte in der Nacht zum 5.Juni um 3:38 Uhr die Fuldaer ...

Die Fuldaer Feuerwehr war auf ein solches Ereignis vorbereitet. Zwei Hydrantenzüge hatte man zuvor in Alarmbereitschaft versetzt. Mit zwei Schlauchlinien, die bis zum höchsten Teil der Steinkonstruktion an den beiden Domtürmen schon vor dem Feuerwerk hochgezogen worden waren, konnten die Flammen sofort bekämpft werden. Auch als man unmittelbar darauf im nördlichen Domturm Feuer entdeckte, wurde dieses schnell gelöscht. Gegen halb elf, etwa eine halbe Stunde nach dem Ausbruch des ersten Brandes, war – zunächst – alles in bester Ordnung. Die Menschenmenge auf dem Domplatz war erleichtert und es erklang spontan ein vieltausendstimmiger Gesang "Großer Gott, wir loben Dich."

Um elf Uhr hatte sich die Menge zerstreut. Auf dem Domplatz war Ruhe eingekehrt. Vier Mann der Feuerwehr hielten die Brandwache auf den zwei Türmen. Kurz nach Mitternacht loderten die Flammen im Nordturm wieder auf. Vom Südturm und über das Mittelschiff bekämpfte die Feuerwehr mit dem Mut der Verzweiflung den drohenden Übergriff des Brandes auf die gesamte Kirche. Als die Not am größten war, telegrafierte der Fuldaer Landrat nach Frankfurt und bat um eine Dampfspritze. Die umliegenden Landfeuerwehren setzten ihre Mannschaften nach Fulda in Bewegung. Gegen viertel nach eins krachte der hölzerne Turmhelm in die Tiefe. Glücklicherweise fiel das meiste auf den Domplatz, während jene Teile, die brennend auf dem Dach des Mittelschiffs landeten, gelöscht werden konnten. Gegen halb vier am Morgen des 5. Juni war der Spuk vorbei.

Was genau den Brand ausgelöst hat, konnte nicht endgültig geklärt werden. "Vielleicht haben Feuerwerkskörper, die stellenweise direkt am Gebälk angebracht waren, sich in den Turmhelm verirrt und dort die zahlreichen, alten Dohlennester aus Reisig entzündet", heißt es in einem späteren Bericht.

Peinliches Nachspiel

Die Veteranen der Fuldaer Feuerwehr versammelten sich zum 50-jährigen Jubiläum ...Foto: Stadtarchiv Fulda

Die Beinahe-Katastrophe von Fulda hatte übrigens für die Frankfurter Bahnverwaltung noch ein peinliches Nachspiel. Nachdem die Eilmeldung des Fuldaer Landrats in Frankfurt eingetroffen war, eilte die dortige Feuerwehr samt Löschgerät kurz nach halb zwei Uhr zum Güterbahnhof, von wo aus sie ein Expresszug nach Fulda bringen sollte. Doch dort war von einem Zug nichts zu sehen. Der vor Ort anwesende Bahnbeamte erklärte der verdutzten Feuerwehr, dass ihm von einem Zug nach Fulda nichts bekannt sei. Über die Gestellung eines Extrazuges bestimme zudem einer der Bahndirektoren und den dürfe er um diese Zeit nicht wecken. Befehl ist schließlich Befehl und so einigte man sich schließlich darauf, dass die Feuerwehr mit der ersten fahrplanmäßigen Güterverbindung nach Fulda befördert wird. Als man gerade mit dem Einladen der Wagen und Pferde beginnen wollte, fuhr besagter Zug aus der Halle und nahm, ohne auf die Einsatztruppe zu warten, seinen Weg nach Fulda. "Und in Fulda erwartete man, wie weiland Wellington bei Waterloo, den alten Blücher, die erbetene Hilfe", schrieb spöttisch die Fachzeitschrift "Feuer und Wasser", die in der Juliausgabe des Jahres 1905 über diesen Vorfall berichtete.

Zwischenzeitlich war es halb vier geworden und die Frankfurter Feuerwehr telegrafierte nach Fulda, dass man frühestens um 9 Uhr dort sein könne, da die Bahnverwaltung Schwierigkeiten mache. Falls dann die Unterstützung noch benötigt werde, bitte man um entsprechende Nachricht. Glücklicherweise hatte sich inzwischen in Fulda die Lage entspannt und die Frankfurter Hilfe war nicht mehr nötig. "Fulda hätte halb niederbrennen können" – so das Fazit des Redakteurs von "Feuer und Wasser" über diesen Tag – "und die Großstadt Frankfurt konnte keine Hilfe entsenden, weil auf dem Eilgüterbahnhof keine Maschine geheizt war und der Herr Eisenbahndirektor schlief."

Ein vom Frankfurter Branddirektor Schaper erstelltes Gutachten über das Verhalten der Fuldaer Pflichtfeuerwehr beim Dombrand kam hingegen zu einem äußerst positiven Fazit. Die Ausrüstung der 50 Mann starken Truppe mit drei Handdruckspritzen, sechs Hydrantenwagen und zwei mechanischen Leitern mit einer Ausschubhöhe von 15 Metern wurde ebenso als professionell gelobt wie die Durchführung des Einsatzes. Insofern verwundert es nicht, dass die Fuldaer Feuerwehr stolz und selbstbewusst aus der Beinahe-Katastrophe hervorging. Nicht nur unmittelbar nach dem Brand, sondern auch zum Jubiläum 50 Jahre danach versammelte sich die damals eingesetzte Mannschaft stolz zu einem Gruppenbild vor dem Dom.

Unter der Überschrift "Abgestaubt" haben wir 2008 der Allgemeinheit bislang nicht zugängliche Dokumente aus dem Fuldaer Stadtarchiv veröffentlicht, die - zum Teil kurios, zum Teil brisant - Geschichte lebendig werden lassen. (ci)+++


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