

Israelische Generalkonsulin Talya Lador-Fresher zu Besuch in Fulda
13.06.25 - Israel unterhält in Deutschland ein Generalkonsulat in München. Es ist nicht nur das einzige in Deutschland, sondern auch das einzige in der Europäischen Union. Seit September 2023 ist Talya Lador-Fresher dort als Generalkonsulin tätig – in dieser Woche besuchte sie Fulda. Natürlich war die Fuldaer Jüdische Gemeinde ein Schwerpunkt ihres Besuchs.
Eine ganz besondere Erinnerungsstätte
Der Tag begann am sehr frühen Morgen, als das Sicherheitspersonal der Generalkonsulin die Rabbinervilla, die Jüdische Gemeinde und den Trakt des Stadtschlosses, in dem Oberbürgermeister und Bürgermeister ihre Büros haben, auf Sicherheitsrisiken hin untersuchte. Ist das normal? Ja, das ist es, um Gefährdungen für Frau Lador-Fresher auszuschließen. Nein, das ist es nicht! Denn ich will mich nicht daran gewöhnen, dass in unserem Land Israelis und viele andere prominente deutsche Juden derart geschützt werden müssen.
Die erste Station des Besuchs galt der ehemaligen Rabbinervilla. Ingeborg Kropp-Arend und ihrem Mann Stefan Arend haben sich von Anbeginn zum Ziel gesetzt, dieses Haus als Kulturdenkmal und Erinnerungsstätte zu pflegen. Das Land Hessen hat die Rabbinervilla als Hessisches Kulturdenkmal ausgezeichnet. Nicht nur die liebevolle Fürsorge um den Erhalt der historischen Villa oder die Überlegungen, wen man hier als Mietpartei haben möchte, sind Teil der Arbeit, dazu gehört auch die Vortragsreihe "Unbekannte Nachbarn", die Ingeborg Kropp-Arend regelmäßig mit dem Fuldaer Geschichtsverein veranstaltet und die sich Fuldas Jüdischer Geschichte widmet.
Ingeborg Kropp-Arend und ihr Mann Stefan, Dag Wehner (Bürgermeister), Generalkonsulin Talya Lador-Fresher, Anja Listmann (Fuldas Beauftragte für Jüdisches Leben), Klaus M. Orth (Autor des Buchs über die Rabbiner-Villa) und Jutta Hamberger (Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit) trafen sich im ersten Stock der Villa, in der einst die Familie Nussbaum als Mieter residierte. In einer kurzen Präsentation stellte Stefan Arend das Haus vor – das Buch kannte die Generalkonsulin bereits: "Ich habe es schon sehr oft verschenkt!" Das Buch bildet ein wichtiges Stück Fuldaer Geschichte ab, denn dank der fast vollständig erhaltenen Akten wissen wir genau, wie die Rabbinerfamilie Cahn gelebt hat.
Die Familie des Rabbiners bewohnte das Erdgeschoss der Villa. Friederike Lips, die hier seit einigen Jahren ihre Maßschneiderei hat, ermöglichte einen Besuch in den Räumlichkeiten. Wie das gesamte Haus atmen auch diese Räume Großzügigkeit und bürgerliches Selbstbewusstsein. Hier empfing der Rabbiner einst seine Gäste. Friederike Lips setzt mit manchen Details ganz bewusst Akzente, die an die Geschichte des Hauses erinnern – die wunderbaren Herrenanzüge, die dort hängen, tun ein Übriges zur Gesamtatmosphäre. "Wer die Vergangenheit nicht kennt, hat keine Zukunft", zitierte Frau Lador-Fresher Wilhelm von Humboldt. Deshalb kämen viele jüdische Familien zurück nach Deutschland, um nach ihren Wurzeln zu suchen. Das gilt auch für die Generalkonsulin selbst, deren Vater aus Leipzig stammte, Überlebender der Shoa war, als sog. DP (= displaced person) zurück nach Deutschland kam und später als Diplomat in Bonn tätig war.
Wir brauchen Freunde
Dann ging es hinüber zur Jüdischen Gemeinde – Bella Gusman und Roman Melamed hatten im Gemeindesaal bereits liebevoll eine Kaffeepause vorbereitet. Die Schönheit und Schlichtheit der Synagoge berührte Frau Lador-Fresher. Anja Listmann erzählte ihr die Geschichte der Mesusa, die am Eingang hängt. Die nämlich schuf Martin Löwenberg und übergab sie 2017 an Roman Melamed. Löwenberg stammt aus einer Fuldaer Jüdischen Familie und überlebte die Shoa. Die Mesusa arbeitete er aus dem Holz von Güterwagen, mit denen Juden in die Vernichtungslager transportiert wurden. Diese Mesusa segnet und schützt also nicht nur die Synagoge, sie erinnert an das Menschheitsverbrechen der Judenvernichtung in der NS-Zeit und wird so auch zum Symbol für den Überlebenswillen und die spirituelle Kraft des Jüdischen Volks.
Das Gespräch drehte sich auch um schwierige Fragen. Wie offen, wie verschlossen muss oder soll eine Jüdische Gemeinde sein? Natürlich spielen Sicherheitserwägungen immer eine Rolle, aber, so die Generalkonsulin, man müsse sich immer wieder fragen: "Sind wir offen genug für nicht-jüdische Menschen?" Die Erfahrung zeige, dass Begegnungen und Gespräche kleine, wichtige Schritte aufeinander zu seien. "Und nach dem ersten Besuch in Israel haben Menschen eine viel bessere Meinung von unserem Land", so die Konsulin. Denn dann verstehen sie besser, unter welchen Bedingungen Israel existiert und mit welchen fortwährenden Bedrohungen Israelis zurechtkommen müssen. Im Gegensatz zu München wird in Fulda die offene Gemeinde längst praktiziert. Bella Gusman erzählte, dass alle Menschen willkommen seien, egal welchen Glaubens sie sind. "Wir feiern fast keinen Shabbat ohne nicht-jüdische Gäste, und erst recht ist das an den Feiertagen so."
Nichts ist besser, als miteinander zu sprechen
Dann ging es zum Empfang durch die Stadt und Bürgermeister Dag Wehner – auch Kulturamtsleiter Dr. Thomas Heiler gesellte sich zu der Gruppe. Der Stadt Fulda ist ihre jüdische Geschichte ein zentrales Anliegen. So werden in diesem Jahr erstmals Jüdische Kulturtage veranstaltet (30. Juni bis 03. Juli), und im nächsten Jahr soll, pünktlich zum Hessentag, der Gedenkort Alter Jüdischer Friedhof fertiggestellt sein. Gastgeschenke wurden ausgetauscht, in den Gesprächen ging es vor allem um Petach Tikwa. Fulda interessiert sich für eine Partnerschaft mit der israelischen Stadt – und wer könnte dafür eine bessere Fürsprecherin sein als Generalkonsulin Lador-Fresher, die dort geboren wurde! Die Verbindung zwischen beiden Städten begann schon vor der Corona-Zeit und wurde während der Pandemie digital aufrechterhalten. Im April 2025 endlich war eine Schülergruppe aus Petach Tikwa zu Gast in Fulda. Neben dem ausgedehnten Besuchsprogramm war die Jüdische Gemeinde der sichere Hafen für alle – sicher und geschützt vor Anfeindungen, aber eben auch ein besonderer Ort der Begegnung, des gemeinsamen Essens, Spielens und Redens.
"Viele deutsche Städte interessieren sich für Partnerschaften mit israelischen Städten", so Frau Lador-Fresher. "Es reicht aber nicht, wenn diese Partnerschaft nur auf der Verwaltungsebene besteht. Wir müssen die Menschen dafür begeistern", eine Aussage, der Bürgermeister Dag Wehner aus ganzem Herzen zustimmte, das seien auch die fuldischen Erfahrungen mit Partnerstädten. Wo immer sich Menschen an beiden Enden für eine Partnerschaft stark machen, kommt es zu einem regen Austausch. Gibt es diese Menschen nicht, schlafen Partnerschaften ein.
Zum Abschluss des ereignisreichen Besuchs gab der Bürgermeister Generalkonsulin Lador-Fresher ein Versprechen mit auf den Weg: "Wir wollen auf dem Weg zur Partnerschaft mit Petach Tikwa mutig und zügig voranschreiten." (Jutta Hamberger)+++