
Polizist niedergeschlagen! 22-Jähriger wegen Körperverletzung verurteilt
02.07.25 - Der Fall hatte in Fulda und darüber hinaus großes Aufsehen erregt: In der Nacht zum 17. November 2024 war es auf der Verkehrsinsel vor einer Diskothek am Fuldaer Von-Schildeck-Center zu einer lautstarken Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen gekommen - der Streit drohte zu eskalieren. Drei Polizeistreifen wurden deshalb dorthin beordert, darunter auch eine Zivilstreife.
Als ein 35-jähriger Polizeioberkommissar versuchte, die Streitenden voneinander zu trennen, schlug ihm der heute 22-Jährige so heftig ins Gesicht, dass der Beamte nach hinten umkippte, mit dem Hinterkopf aufs Pflaster schlug und kurz ohnmächtig wurde. Er erlitt Hämatome und Schürfwunden, musste ins Krankenhaus und war drei Tage dienstunfähig. Am Dienstag musste sich der 22-Jährige vor dem Amtsgericht Fulda dafür verantworten.
"Ich hatte Angst um mein Leben"
Die Anklage legte ihm einen tätlichen Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten, Widerstand gegen die Staatsgewalt sowie vorsätzliche Körperverletzung zur Last. Dabei wichen die Aussagen des Polizisten und seiner Kollegin von denen des Angeklagten und eines weiteren Beteiligten deutlich voneinander ab. Der Beamte sagte aus, er sei auf die Kontrahenten zugelaufen, habe gerufen "Halt, Polizei, auseinander!" und dann die beiden Männer jeweils an der Schulter ergriffen und versucht, sie auseinanderzuziehen. Da habe sich der Angeklagte unvermittelt zu ihm umgedreht und ihm die Faust ins Gesicht geschlagen, so dass er zu Boden stürzte. "Ich hatte in dieser Situation Angst um mein Leben", berichtete der 35-Jährige im Zeugenstand. So schnell wie möglich sei er wieder aufgestanden und sei dem 22-Jährigen hinterhergelaufen, der zu flüchten versuchte. Er habe ihn mit Pfefferspray außer Gefecht gesetzt und zu Boden gebracht. Dann sei ihm seine Kollegin zu Hilfe gekommen und der Mann sei festgenommen worden, während er selbst in die Notaufnahme kam.
Widersprüchliche Zeugenaussagen
Sowohl seine Kollegin als auch eine Rechtsreferendarin, die bei dem Einsatz dabei waren, sagten als Zeuginnen aus. Strittig blieb, ob der Angeklagte den Beamten als solchen erkennen konnte. Dieser hatte eine private Winterjacke über der Polizeischutzweste getragen und es blieb unklar, ob die Jacke offen oder geschlossen gewesen war. Der Angeklagte und dessen Verteidiger beharrten darauf, dass der Polizist als solcher nicht erkennbar gewesen sei und der Schlag eher ein Reflex des 22-Jährigen gewesen sei, weil er sich selbst von hinten attackiert fühlte. Er selbst habe eigentlich einen Streit zwischen einem Freund und einem anderen Mann schlichten wollen, schilderte er den Vorfall.
Schlag in Notwehr?
Der Verteidiger thematisierte bei der Befragung des Polizisten, dass es offenbar in einer anschließenden Dienstbesprechung im Polizeipräsidium darum gegangen sei, ob die Zivilbeamten bei dem Einsatz ausreichend erkennbar gewesen seien. Auch in seinem Plädoyer bekräftigte er, dass der Anklagepunkt 'Widerstand gegen die Staatsgewalt und Angriff auf Vollstreckungsbeamte' deren Erkennbarkeit voraussetzte. Seinem Mandanten könne man das aber keinesfalls nachweisen, er müsse von diesem Vorwurf freigesprochen werden. Den Schlag des 22-Jährigen interpretierte der Anwalt als Notwehr, weil sich dieser von einem Unbekannten plötzlich körperlich attackiert gefühlt habe. Verurteilen könne man ihn höchstens wegen einfacher Körperverletzung.
Das sah der Staatsanwalt naturgemäß anders, der den Tatvorwurf der Anklage durch die Beweisaufnahme als erwiesen ansah. Der Polizist sei vorschriftsmäßig und ordnungsgemäß vorgegangen - schließlich habe es sich um eine akute Bedrohungslage gehandelt, die schnelles Handeln erfordert habe. Er forderte eine dreimonatige Strafe, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden sollte, und eine Zahlung von 1.000 Euro für den Weißen Ring.
Richter Ulrich Jahn verurteilte den 22-Jährigen schließlich wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro und der Übernahme der Verfahrenskosten. Ein Fehlverhalten des Polizisten sei ebenso wenig nachweisbar wie die Annahme, dass der 22-Jährige erkannt habe, dass es sich um einen Polizisten gehandelt habe. Auch eine Notwehrsituation habe nicht vorgelegen, urteilte der Richter. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (Carla Ihle-Becker) +++