
Armut gegen Reichtum: In diesem Landkreis prallen Welten aufeinander
07.10.25 - Im Main-Kinzig-Kreis treffen extreme Gegensätze aufeinander: Während rund 26.800 Menschen auf Bürgergeld angewiesen sind, zählen 107 Einwohner zu den Einkommens-Millionären. Für Hendrik Hallier von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ist das ein klares Zeichen sozialer Schieflage: "Krasser geht es nicht: Die einen müssen jeden Euro dreimal umdrehen. Die anderen wissen nicht, wohin mit ihrem Geld."
Unter den Bürgergeld-Empfängern befinden sich laut NGG Rhein-Main viele Arbeitslose und Alleinerziehende. Besonders betroffen seien Kinder: Rund 9.550 Minderjährige unter 18 Jahren leben in Haushalten, die Bürgergeld beziehen. Die Zahlen stammen von der Arbeitsagentur und dem Hessischen Statistischen Landesamt.
Geplante Kürzungen können hart treffen Hallier warnt: "Wer im Main-Kinzig-Kreis auf Bürgergeld angewiesen ist, der droht jetzt noch tiefer in die Armut zu rutschen." Grund seien geplante Kürzungen. "Die Bundesregierung will damit Menschen zwingen, den Gürtel noch enger zu schnallen. Dabei ist das letzte Gürtelloch längst erreicht. Gerade auch bei den Aufstockern: Bei Menschen also, die für einen Niedriglohn arbeiten und Bürgergeld als Ergänzung zum Lohn dringend brauchen."
Die NGG richtet deutliche Kritik an die schwarz-rote Koalition und warnt vor den Folgen: Schon die angekündigte Nullrunde beim Bürgergeld - also kein Inflationsausgleich in diesem und im kommenden Jahr - bedeute real ein Minus von etwa fünf Prozent. "Letztlich ist jede Kürzung beim Bürgergeld mehr oder weniger eins zu eins auch das Geld, das weniger ausgegeben wird - das also im Main-Kinzig-Kreis als Kaufkraft fehlt", so Hallier.
Gewerkschaft appelliert: Bundesregierung widersetzen Die Gewerkschaft appelliert an die Bundestagsabgeordneten aus dem Main-Kinzig-Kreis und der Region, sich den Plänen der Bundesregierung zu widersetzen: "Es ist unsozial, unfair und es bringt wenig, denen noch etwas wegnehmen zu wollen, die sowieso wenig haben. Stattdessen sollten die, die viel Geld haben, davon wenigstens etwas abgeben. Dann kommt unterm Strich auch mehr Geld für alle dabei heraus."
Neben einer Reform der Erbschaftssteuer fordert Hallier auch eine Anpassung des Spitzensteuersatzes: "Millionenerben, die keine Erbschaftssteuer zahlen, darf es nicht mehr geben." Der Spitzensteuersatz habe zu Zeiten von Bundeskanzler Kohl 56 Prozent betragen, heute liege er bei 42 Prozent und greife ab einem Jahreseinkommen von rund 68.500 Euro. "Bis zu einem Einkommen von rund 278.000 Euro bleibt dieser Steuersatz unverändert. Sinnvoller wäre es aber, ihn später einsetzen zu lassen und ihn dafür - je nach Höhe des Einkommens - schrittweise weiter zu erhöhen. Außerdem gibt es nicht einmal eine Vermögenssteuer", sagt Hallier.
"Steuerbetrug intensiver bekämpfen" Auch beim Kampf gegen Steuerbetrug sieht Hallier dringenden Handlungsbedarf: "Die wirklichen Sozialschmarotzer sind nämlich die Steuerhinterzieher." Der jährliche Schaden durch Steuerhinterziehung werde vom Bundesrechnungshof auf 30 bis 50 Milliarden Euro geschätzt. "Steuer-Experten gehen sogar von weit über 100 Milliarden Euro jährlich aus, die dem Staat durch die Lappen gehen. Es ist höchste Zeit, Steuerbetrug intensiver zu bekämpfen."
Abschließend betont Hallier: Auch Missbrauch beim Bürgergeld müsse konsequent verfolgt werden - doch die größten Verluste für den Staat entstünden ganz woanders. (pm/cb) +++
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