Dr. Philip Martin Rink. - Fotos: Point Alpha Stiftung

RASDORF (RHÖN) Blick auf Bundeswehr

Vom Kalten Krieg zur Zeitenwende: Historiker fesselt Publikum

25.10.25 - Die Stuhlreihen im "Haus auf der Grenze" waren bis auf den letzten Platz gefüllt - und das aus gutem Grund. Dr. Philip Martin Rink, Historiker und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, nahm die Besucherinnen und Besucher mit auf eine faszinierende Reise durch sieben Jahrzehnte deutscher Militärgeschichte.

Unter dem Titel "70 Jahre Bundeswehr - 35 Jahre Armee der Einheit" spannte er in seinem Vortrag auf der Gedenkstätte Point Alpha den Bogen vom Kalten Krieg bis zu den heutigen hybriden Konfliktformen, die längst keine klaren Frontlinien mehr kennen.

Benedikt Stock, Geschäftsführender Vorstand der Point Alpha Stiftung, begrüßte ...

Von der Gründung der Bundeswehr bis zur Konfrontation der Systeme

"Mit 101 Personen - noch ohne Uniform und Waffen - wurde am 12. November 1955 die Bundeswehr gegründet", begann Rink seinen Vortrag. Der in Potsdam lebende Historiker erinnerte daran, dass diese Neugründung in einem hochpolitischen Umfeld stattfand - in einer Zeit, in der sich die Welt in zwei Systeme spaltete. Es war, wie er betonte, "eine Geschichte, die weniger militärisch, sondern zutiefst politisch geprägt war".

Die Bundeswehr und die Nationale Volksarmee (NVA) seien damals Sinnbilder der ideologischen Gegensätze gewesen: hier der "Staatsbürger in Uniform", dort die kommunistische Indoktrinierung. Mit analytischem Scharfsinn und messerscharfem Humor legte Rink dar, wie die nukleare Abschreckung und die konventionelle Verteidigung über Jahrzehnte die politische Statik Europas bestimmten. "Es ist schon paradox", sagte er, "man entwickelt ein planerisches Bild der Verwüstung, damit dieses nicht eintritt."

Auch kritische Töne ließ der Historiker nicht aus: Das Verhältnis zwischen Luftwaffe, Heer und Marine bezeichnete er als von internen Spannungen geprägt - eine Herausforderung, die bis heute nachwirke.

Im Anschluss an den Vortrag hatten die Besucher noch Gelegenheit, mit dem Referenten ...

Die Integration zweier Armeen - ein historischer Kraftakt

Besonders eindrucksvoll schilderte Rink die Zusammenführung von Bundeswehr und NVA nach der Wiedervereinigung - ein Vorgang, den er als "einmalig in der jüngeren Geschichte" bezeichnete. Über Nacht wurde aus Feindschaft Kameradschaft: "Fast 40 Jahre lang standen sie sich zwischen dem Landkreis Fulda und dem Geisaer Amt als hochgerüstete Gegner gegenüber - und plötzlich waren sie eins."

Er erinnerte daran, dass Rainer Eppelmann, der letzte Verteidigungsminister der DDR, am 3. Oktober 1990 offiziell die NVA an seinen westdeutschen Amtskollegen Gerhard Stoltenberg übergab. Damit wechselte die ehemalige DDR-Armee vom Warschauer Pakt in die NATO - ein symbolträchtiger Schritt mit massiven Konsequenzen.

"Natürlich habe dieser historische Vorgang zu Spannungen und Akzeptanzproblemen geführt", so Rink. Die Armee schrumpfte in kürzester Zeit von 495.000 auf 325.000 Soldaten, wie es der Zwei-plus-Vier-Vertrag vorschrieb. "Für die Weiterverwendung geeignet waren anfangs rund 47.000 ehemalige NVA-Soldaten - bis 1993 reduzierte sich ihre Zahl auf etwa 11.000."

Aufmerksam verfolgten die Besucher im Haus auf der Grenze den Ausführungen des Historikers. ...

Von der Einheit zur Zeitenwende

Rink, dessen Forschungsschwerpunkte die Militärgeschichte der Frühen Neuzeit und die Einsätze der Bundeswehr umfassen, betonte, dass die Geschichte des Kalten Krieges auch mit der Wiedervereinigung nicht endete. Mit Blick auf aktuelle sicherheitspolitische Entwicklungen sagte er: "Die Aufgaben, um die Sicherheit auf dem Globus zu erhalten und ein Gleichgewicht zu erzielen, werden bleiben. Krieg und Antikrieg sind miteinander verzahnt. Nur das Feindbild ändert sich."

In einer zunehmend asymmetrischen Welt drohten neue Formen der Gewalt - etwa durch Terrorismus oder ethno-religiöse Konflikte. Mit dieser Einschätzung schlug Rink den Bogen zur "Zeitenwende", die spätestens seit dem Jahr 2022 auch das sicherheitspolitische Denken in Deutschland verändert hat.

Zum Abschluss dankte Benedikt Stock, Geschäftsführender Vorstand der Point Alpha Stiftung, dem Referenten für seinen eindrucksvollen Beitrag, der den Bogen von Geschichte zu Gegenwart auf einzigartige Weise spannte - und eindrücklich zeigte, dass Frieden kein Selbstläufer ist. (pm/cb) +++


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