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27.09.10 - Fulda
“Auf das spezialisieren, was man gut kann!“ - Start mit Gründungszuschuss
Allein erziehend, gut qualifiziert und trotzdem seit einem dreiviertel Jahr ohne Arbeit – In dieser Situation traf Dr. Gudrun Schwegler vor knapp acht Jahren eine ganz wichtige berufliche Entscheidung: „Wenn mich keiner anstellt, dann mache ich mich eben selbständig!“, beschloss die gebürtige Fuldaerin, die es nach Ausbildung, Studium und einigen beruflichen Stationen im Süden Deutschlands 1991 mit ihrem damals 5-jährigen Sohn wieder in ihre Heimatstadt zurück gezogen hatte.
Die ehemalige Marienschülerin hatte nach dem Besuch der Hotelfachschule in Garmisch schon früh Führungsverantwortung in großen Hotels übernommen, ein technisches Ingenieurstudium absolviert, sich danach noch berufsbegleitend zu einem Studium der Betriebs- und Führungspädagogik verpflichtet und fand aufgrund ihrer hervorragenden beruflichen Qualifikation in der Region Fulda eine Anstellung bei einem Trainingsanbieter als betriebspädagogische Assistentin. Später baute sie bei einem Logistikdienstleister den deutschland- und europaweiten Marketing-Service auf. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hochschule Fulda erforschte sie Organisations- und Personalentwicklungsprozesse in zwischenbetrieblichen Kooperationen.
All ihre beruflichen Kenntnisse nutzten Gudrun Schwegler jedoch wenig, als sie 2001 nach Auslaufen ihres Forschungsvertrages arbeitslos wurde. „Ich war wohl zu alt für den Arbeitsmarkt“, vermutet die heute 50-Jährige. Viele gut qualifizierte jüngere Menschen seien zu anderen Konditionen verfügbar gewesen, oftmals gab es über hundert Bewerbungen auf die Stellenausschreibung, die sie interessierte. „Ich hatte damals das Gefühl, ich laufe in eine Sackgasse und muss einen anderen Weg finden“, erinnert sich die Betriebs- und Führungspädagogin. Ein entscheidender Weg führte sie zunächst zu ihrer Vermittlerin in die Agentur für Arbeit Fulda. Ihre Idee („Ich mache mich als Beraterin selbständig mit dem, was ich bisher vorwiegend gemacht habe: Marketing, Personalentwicklung und Training.“) kam gut an.
In einem einwöchigen Kurs für Existenzgründer, bei dem sie über 80 Seiten mitschrieb, erhielt sie dafür wichtige Hintergrundinformationen, die sie teilweise heute noch nutzt.Ein kleiner Marathon noch durch Formulare und Ämter, dann war sie mit der Marke „MarkTrain“ ihre eigene Chefin mit einem Betätigungsfeld, das sie immer wieder in neue Aufgabenbereiche führt und ihr Einblicke in viele Institutionen und Unternehmen bietet. Unter anderem war sie in den acht vergangenen Jahren als Personalberaterin, Marketingfachkraft und als Trainerin für Bildungsanbieter tätig, hat in Forschungsprojekten mit-gearbeitet und ein Unternehmen bei der Markteinführung in Deutschland begleitet, Personalentwicklungskonzepte für verschiedene Zielgruppen erstellt und sich für Verbesserungen in der Personal- und Qualitätsentwicklung pädagogischer Einrichtungen eingesetzt. Seit Ende letzten Jahres wird Dr. Schwegler befristet in Teilzeit beim Landkreis Fulda als Projektleiterin in einem überregionalen Kooperationsprojekt „Berufsbezogene Sprachkompetenzentwicklung für Personen mit Migrationshintergrund“ eingesetzt. Ihr aktuelles Lieblingsprojekt ist jedoch das „Müttercoaching“, ein Konzept, das sie zusammen mit ihrer Kollegin Elke Henrich entwickelt hat und das Frauen mit Kindern langfristige berufliche Perspektiven erschließen soll. Hier kann sie viel von ihren eigenen Erfahrungen zur beruflichen Entwicklung als alleinerziehende Mutter weitergeben.
Unternehmen, Bildungsanbieter, Non-Profit-Organisationen, öffentliche Institutionen und Hochschulen – Dr. Gudrun Schwegler verfügt über eine beachtliche Referenzliste, die der Lohn für harte und beharrliche Arbeit ist. „Man muss ständig dran bleiben und Kun-den akquirieren“, weiß sie. Eine vierwöchige Hochzeitsreise vor drei Jahren hatte sie in ihrer Selbständigkeit um ein Jahr zurückgeworfen. „Aber ich bereue es nicht - es war total schön.“ sagt sie und lächelt dabei. Aus dem bescheidenen Bürozimmer zuhause sind inzwischen schickere Geschäftsräume im Haus an der Richthalle geworden und alle Bürotätigkeiten soll demnächst eine Mitarbeiterin übernehmen. Zwischenzeitliche „Durchhänger“ („Vielleicht sollte ich doch wieder eine Festanstellung suchen?“) hat Gudrun Schwegler überwunden. „Ich genieße die Freiheit, meine Arbeitszeit selbst zu gestalten und mich immer wieder auf neue Ideen einlassen zu können.“ Und sie freut sich, auch einen weiteren Arbeitsplatz in ihrem Büro schaffen zu können.
Für diejenigen, die selbst daran denken, sich eine eigene Existenz aufzubauen, hat Schwegler ein paar Tipps auf Lager: „ Man muss sich auf das spezialisieren, was man besonders gut kann, wegkommen vom Sicherheitsdenken, ein eindeutiges Profil entwickeln, und natürlich jedem genau erklären können, was man im Einzelnen anbietet und was das dann kostet.“ Das weiß sie aus eigener Erfahrung. „Und man muss einen langen Atem haben“, sagt die Unternehmerin, deren Existenzgründung im ersten halben Jahr durch einen Gründungszuschuss der Agentur für Arbeit Fulda gefördert wurde: „Man kann nicht erwarten, dass das eigene Unternehmen nach einem halben Jahr schwarze Zahlen schreibt. Bis man davon gut leben kann, sind eher drei Jahre realistisch.“+++