Theaterspiel warnt vor Manipulation: "Die Welle" an Albert-Schweitzer-Schule

Stärke durch Disziplin! Stärke durch Gemeinschaft!“ dröhnt es durch den Raum, als die Mitglieder im Gleichschritt einmarschieren. Stolz tragen sie die Binde mit der roten Welle am Arm -das unverwechselbare Zeichen, dass sie dazu gehören, dass sie ein Teil der besseren Sache sind. Wie schnell legen Menschen das eigene Handlungsbewusstsein ab? Wie leicht lassen sie sich manipulieren? Diese Fragen behandelte das Stück „Die Welle“ des 12er Kurses Darstellendes Spiel der Albert - Schweitzer - Schule, das am Donnerstagmorgen Premiere hatte. Foto: Juri Auel.

Es war eine beeindruckende Inszenierung, die die jungen Schauspieler auf Vorlage des berühmten Romans „Die Welle“ von Morton Rhue ihrem Publikum präsentierten. Der Kurs von Geschichtslehrer Ben Ross ist nicht anders als die anderen Kurse auf der Gordon High School. Ständig gibt es Zoff zwischen verfeindeten Cliquen, zanken sich die modebewussten Ladys mit den prolligen Footballspielern, werden schwache Schüler von der Gemeinschaft ausgeschlossen.

Als das Thema deutscher Nationalsozialismus auf dem Lehrplan steht, tauchen einige Fragen bei den Schülern auf. Manche wundern sich, wie die Deutschen die Verbrechen der NS - Zeit zulassen konnten und wie die Schuldigen bei ihren Prozessen es fertig brachten, sämtliche Verantwortung abzulehnen. Da kommt Geschichtslehrer Ross eine Idee: Er startet ein Experiment, mit dem er den Schülern beweisen möchte, mit welchen schlichten Mitteln es möglich ist, Menschen ihrem eigenen Willen zu berauben, sie zu einer großen, einzigen Masse werden zu lassen.

Niklas von Tenspolde und Jan Wiegratz teilen sich die Rolle des engagierten Lehrers, der von nun an in hartem Militärton immer neue Regeln verkündet. So müssen alle Antworten so kurz wie möglich sein, im Stehen gegeben werden und mit „Mr. Ross“ anfangen. Beide wirken auf der Bühne äußerst überzeugend. Doch die Regeln reichen der Gruppe nicht. Ein eigenes Grußritual und eine Uniform aus weißen Hemden und schwarzen Hosen machen die Welle bald zu einem exklusiven Club, der auf immer mehr Schüler eine anziehende Wirkung hat. Unterschiede gibt es nicht mehr - die Welle macht alle gleich! Selbst die Mehrheit der Schülerzeitungsredaktion ist schlicht weg begeistert .Besonders der Außenseiter Robert, sehr treffend gespielt von Carola Füssel und Kevin Buchner, lebt förmlich nur noch für „die Welle“. „Endlich bin ich jemand“, bricht es aus ihm heraus.

Während Mr. Ross begeistert von der Disziplin und der Moral zu sein scheint, die dank seinem Experiment endlich auch in der Gordon Highschool herrschen, werden die Probleme zu Hause immer größer für ihn. Nathalie Weise und Daniela Diehl geben emotional und anschaulich seine Ehefrau Christie, die trotz ihrer großen Liebe zu ihrem Mann dem ganzen Experiment seit seinem Anfang skeptisch gegenüber steht. Doch auch ihr Warnen verhallt ungehört. Längst ist das Experiment außer Kontrolle geraten. Schüler, die nicht der Welle angehören, werden verprügelt und misshandelt. Eine Eskalation des Ganzen ist nicht mehr aufzuhalten, doch dadurch wird die Botschaft des Stücks überdeutlich. Verstummt sind plötzlich die Stimmen, die anfangs im Kurs von Mr. Ross meinten, dass so etwas wie im dritten Reich heute nicht mehr möglich sei.

„Wir haben uns zur Vorbereitung auch mit dem Verbrechen der Nationalsozialisten beschäftigt. Es war eine aufregende Erfahrung zu merken, wie leicht man Menschen manipulieren kann, die wir aus diesem Stück mit nach Hause nehmen“, meinten die Schüler nach ihrer Aufführung. “Sie wird euch mitreißen“ stand auf den Plakaten, auf denen von dem Stück „die Welle“ zu lesen war. Und wirklich: Die Einfachheit, mit der sich eine bunte Gruppe zu einer einheitlichen, starken und gewaltbereiten Masse umpolen lässt, sorgte im Zuschauerraum für ein leichtes Gefühl der Unsicherheit. +++