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- Fotos: Alois Hofmann

30.08.11 - FULDA
Heimatkreisverband Leitmeritz feierte Bundestreffen mit vierfachem Jubiläum
Am vergangenen Wochenende trafen sich die Mitglieder des Heimatkreisverbandes Leitmeritz, der seinen Sitz in Fulda hat, zu ihrem alle zwei Jahre in der Barockstadt stattfindenden Bundestreffen. Dabei hatte man in diesem Jahr vierfachen Anlass zu Gedenken und Rückschau.
Vor genau 65 Jahren erreichte unter den ca. 50 Vertriebenentransporten nach Fulda ein Güterwagenzug mit ca. 1200 Vertriebenen aus Leitmeritz in Nordböhmen die osthessische Barockstadt. Vor 50 Jahren übernahm die Stadt Fulda die Patenschaft über die vertriebenen Leitmeritzer und ermöglichte ihnen die Fortführung der schon zur Tradition gewordenen Bundestreffen in Fulda. Zum 30. Mal fand nun in diesen Tagen das Bundestreffen der Leitmeritzer in Fulda statt. Und aus der Negativgeschichte der Mitte des vergangenen Jahrhunderts heraus hat sich – überaus bemerkenswert und als herausragendes Beispiel für Versöhnung und Verständigung – eine kommunale Städtepartnerschaft zwischen Leitmeritz und Fulda entwickelt, die in diesem Jahr ihr 10-jähriges Bestehen feiern kann.
So waren die Tage in Fulda nicht nur ein Fest des Wiedersehens der noch lebenden Angehörigen der Erlebnisgeneration und ihrer Nachkommen, sondern auch der Begegnung mit tschechischen Bewohnern des heutigen Leitmeritz (Litomìøice) an der Elbe. Schon am Freitag trafen sich die Ortsbetreuer der ehemals überwiegend deutsch besiedelten Orte des früheren Kreises Leitmeritz zu ihrer Sitzung. Traditionell fand am Samstagmorgen eine Kranzniederlegung am Mahnmal für die Opfer der Vertreibung am Domplatz statt, bei der der Vorsitzende Horst Geppert für den Leitmeritzer Heimatkreisverband, Stadtrat Waldemar Eckert für die Stadt Fulda - er hielt auch die Gedenkrede - und Bürgermeister Ladislav Chlupáè für die Stadt Litomìøice Kränze niederlegten.
Im weiteren Verlauf des Samstags kam man zur offiziellen Generalversammlung des Verbandes zusammen, in der Horst Geppert (Dreieich) im Amt des Vorsitzenden einstimmig bestätigt wurde. Am Samstagabend traf man sich im Kolpinghaus zum Begrüßungsabend, in dessen Mittelpunkt Ansprachen des Heimatkreisvorsitzenden Horst Geppert, des Fuldaer Oberbürgermeisters Gerhard Möller, des Kreistagsvorsitzenden Franz Rupprecht und verschiedene Ehrungen standen. So erhielt Oberbürgermeister Möller aus den Händen von Horst Geppert und des Vorsitzenden des Sudetendeutschen Rates Franz Longin (Stuttgart) eine Ehrenurkunde als Dank und Auszeichnung für die fünfzigjährige Patenschaft der Stadt Fulda über die vertriebenen Leitmeritzer. Der erst 38 Jahre alte Mario Illmann – Nachkomme von Leitmeritzer Vertriebenen - wurde vom Heimatkreisverband mit seiner höchsten Auszeichnung, der Ulrich-von-Eschenbach-Plakette, bedacht, weil er sich in besonderer Weise um die Erforschung von Ortsgeschichten mit mittlerweile über 30 000 digitalisierten Daten bemüht hat.
Zeitzeugin: Transport nach Fulda im Jahr 1946
Eindrucksvoll und lebendig berichtete Gottfriede Gaube, die vor 65 Jahren als junges Mädchen dem Leitmeritzer Transport nach Fulda angehörte, im Rahmen des Programmes als Zeitzeugin über ihre Erlebnisse im Jahre 1946. Musikalisch umrahmt wurde der Abend durch die „Stubenmusik Sattler“ und die „Egerländer Singgruppe“ aus Eichenzell. Der Sonntagmorgen stand zunächst im Zeichen der Gottesdienste im Fuldaer Dom und in der Christuskirche. Den Gottesdienst im Dom zelebrierte der als Vertreter des Leitmeritzer Bischofs Jan Baxant am gesamten Treffen teilnehmende Generalvikar der Diözese Leitmeritz Stanislav Pøibyl zusammen mit Domkapitular Prof. Dr. Werner Kathrein, dem Apostolischen Protonotar Dr. Lucian Lamza und dem früheren Vertriebenseelsorger des Bistums Fulda Pfarrer i. R. Erwin Lachnit.
Wie immer fand nach den Gottesdiensten der Empfang des Fuldaer Oberbürgermeisters im Stadtschloss statt. Im Marmorsaal des Schlosses würdigte Gerhard Möller noch einmal die Integrationsleistung der vertriebenen Leitmeritzer in Fulda und die durch die Städtepartnerschaft erreichte europäische Perspektive, die von den Vertriebenen mitgetragen wird. Bürgermeister Ladislav Chlupáè betonte die Verbundenheit der heutigen Stadt Litomìøice mit ihren früheren deutschen Bewohnern, sicherte diese auch weiterhin zu und freute sich über die durch die Partnerschaft entstandenen völkerverbindenden Beziehungen zwischen Vereinen, Schulen und Kirchen. Dem Heimatkreisverband und der Stadt Fulda überreichte er künstlerisch wertvolle Gemälde mit Stadtansichten von Leitmeritz. Horst Geppert lud alle diesjährigen Teilnehmer zum 31. Bundestreffen am letzten Augustwochende im Jahre 2013 nach Fulda ein und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass trotz der demographischen Entwicklung der Mitgliederzahl auch dann wieder ein Fest der Erinnerung und des nachbarschaftlichen Nachvorneschauens in Fulda stattfinden könne. Mit Begegnung und Austausch im großen Saal des Kolpinghauses und Besuchen in Archiv und Museum der Leitmeritzer in der Fuldaer Schlossstraße ging das 30. Bundestreffen des Heimatkreisverbandes Leitmeritz im weiteren Verlauf des Sonntags in Fulda zu Ende. +++

- Fotos: Heinz Mösinger




















