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- Foto: Deutsche Stiftung Denkmalschutz

15.11.11 - REGION

Trauer um Prof. Gottfried KIESOW (80): "Großer Verlust für den Denkmalschutz"

„Mit Gottfried Kiesow ist nicht nur der Wegbereiter der Denkmalpflege in Hessen gestorben,“ so Prof. Dr. Gerd Weiß, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, „wir haben auch Deutschlands bekanntesten Denkmalpfleger verloren. Gottfried Kiesow haben wir es maßgeblich zu verdanken, dass die Denkmalpflege in Deutschland breite öffentliche Akzeptanz gefunden hat. Gottfried Kiesow hat es verstanden, alle Bevölkerungsschichten für das Anliegen der Denkmalpflege zu sensibilisieren. Er war ein überaus überzeugender Redner. Er verstand es, seine Zuhörer mit seinem Wissen und seiner Persönlichkeit in den Bann zu ziehen. Für ihn war die Denkmalpflege eine grundsätzliche Haltung gegenüber der Geschichte und gegenüber dem Leben. Wissenschaft war für ihn Vermittlungsarbeit, er wollte den Menschen für die Schönheit des kulturellen Erbes sensibilisieren. Vor wenigen Tagen ist er in Wiesbaden im Alter von 80 Jahren einem Krebsleiden erlegen.

„Sehen lernen mit Gottfried Kiesow“ ist geradezu zum geflügelten Wort geworden. Daneben war Gottfried Kiesow ein großartiger Stratege, der es verstand, die Denkmalpflege im politischen Raum zu verankern.“ Prof. Dr. Dr.-Ing. h.c. Gottfried Kiesow war von 1966 bis 1996 Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen. Unvergessen ist auch sein Einsatz für die Propstei Johannesberg am Stadtrand von Fulda und die Fortbildung in der Denkmalpflege.

Gottfried Kiesow hatte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie, Geschichte und Theaterwissenschaft in Göttingen studiert. 1956 erhielt er ein Forschungsstipendium am Kunsthistorischen Institut der Universität in Florenz, wo er fünf Jahre die gotische Architektur der Toskana studierte und erforschte. Anschließend wurde er zunächst Bezirksdenkmalpfleger in Hannover, dann in Braunschweig. Damit setzte seine lebenslange Tätigkeit für die Denkmalpflege ein. Daneben war er Honorarprofessor für das Fach Kunstgeschichte an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

Während seiner Zeit als Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen rettete er zahlreiche Denkmäler vor dem Untergang. So verhinderte er den vorgesehenen Umbau des mittelalterlichen Rathauses in Gelnhausen und den Ausbau einer Bundesstraße, durch die in Herleshausen, im ehemaligen Grenzgebiet zur DDR, ganze historische Fachwerkviertel vom Abriss bedroht waren. Unter seiner Leitung entwickelte sich das Amt zu einer starken Denkmalfachbehörde, deren Stellungnahmen nicht immer bequem, aber immer von dem uneingeschränkten Einsatz für das hessische Kulturerbe geprägt war. Dazu gehörte es auch, populäre Öffentlichkeitsarbeit zu initiieren. Hessen war das erste Bundesland, das sich an dem in Frankreich ins Leben gerufenen Tag des offenen Denkmals beteiligte. Parallel zu seiner Funktion als Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen war Gottfried Kiesow zwischen 1975 und 1978 auch Vorsitzender der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland.

Gründung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz

Sein Engagement für die Denkmalpflege war nie allein mit seinem Amt verbunden. Angeregt durch positive Erfahrungen mit dem Denkmalschutz in England gründete Gottfried Kiesow 1985 zusammen mit Vertretern der deutschen Wirtschaft die "Deutsche Stiftung Denkmalschutz", deren Vorstandsvorsitzender er bis Ende 2010 war. Die Stiftung mit der "Denkmal-Akademie" in Schloss Romrod/Vogelsberg entwickelte sich zur größten Bürgerbewegung für den Denkmalschutz in Deutschland. Im Januar 2011 übernahm er die Funktion des Vorsitzenden des Kuratoriums dieser Stiftung. Seine besondere Fähigkeit, mit seiner Begeisterung für die Idee des Denkmalschutzes andere anstecken zu können, wurde auch bei der Verleihung des Deutschen Nationalpreises 2011 hervorgehoben. Er habe „die Herzen der Menschen erreicht und die Liebe zu unserem kulturellen Erbe geweckt.“

Das besondere Interesse Gottfried Kiesows galt der europäischen Stadt und ihrer Entwicklung. Im Rahmen des vom Bund aufgelegten Sonderprogramms „Städtebaulicher Denkmalschutz“ setzte Kiesow nach der Wiedervereinigung wichtige Akzente, als es um den Erhalt und den Umgang mit den vielen in ihrer Substanz gefährdeten Stadtkerne ging. 1994 wurde er Vorsitzender der Expertengruppe „Städtebaulicher Denkmalschutz“ beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Sein Verdienst ist es auch, dass nach 1990 Quedlinburg auf die UNESCO-Welterbeliste gelangte und in jüngster Zeit auch Wismar und Stralsund aufgenommen wurden. Quedlinburg, Stralsund und Wismar dankten es ihm mit der Ehrenbürgerschaft, einer Anerkennung, die ihm außerdem die Städte Görlitz, Zittau, Wiesbaden und die hessischen Gemeinden Morschen und Romrod/Vogelsbergkreis zuerkannten. Bis zuletzt setzte Kiesow sich für Wiesbadens Aufnahme in die UNESCO-Welterbe-Liste ein.

Auch für die Bauten der Backsteingotik in Europa hat Gottfried Kiesow sich sein Leben lang eingesetzt und mit der „Straße der Backsteingotik“ für eine Vielzahl von Touristen erschlossen. Die Städte rund um die Ostsee mit ihren großartigen Kirchen, Stadttoren, Rathäusern und Bürgerbauten waren ihm seit seiner Kindheit vertraut. Ihrer Erhaltung und Vermittlung fühlte er sich in besonderem Maße verbunden. +++

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