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Gotthard Schwender der Organisator des Sebastiansgottesdienstes in der Klosterkirche am Kreuzberg begrüßte die vielen Waldarbeiter, die an dieser Tradition Jahr für Jahr teilnehmen. - Fotos: Marion Eckert

21.01.12 - Bischofsheim

Sebastianstag - Gelebte Tradition der Waldarbeiter auf dem Kreuzberg

Wenn zum Sebastianstag eingeladen wird, dann herrscht am Kreuzberg Ausnahmezustand. Waldarbeiter aus Bayern, Hessen und Thüringen strömen auf den Heiligen Berg der Franken, da hält sie auch plötzlicher heftiger Schneefall nicht ab. Landräte, Bürgermeister geben sich ein Stelldichein, der Sebastianstag ist Kult, da darf man nicht fehlen. Gute alte Bekannte sehen sich wieder, ehemalige Arbeitskollegen und Freunde nutzen den Sebastianstag, um ein Pläuschchen zu halten und ein Klosterbier zu trinken. Sepp Rölling aus Oehrberg (Markt Burkardroth) und sein ehemaliger Arbeitskollege Hans Kober aus Singenrain (Markt Schondra) sind zwar beruflich nicht im Wald tätig gewesen, doch haben sie eine enge Verbundenheit zum Kreuzberg und zu den Holzmachern.

„Ich bin Holzfäller, aber nur privat“, erklärte Sepp Rölling „Und zum Sebastianstag komme ich immer. Das ist doch selbstverständlich, das ist alte Tradition.“ „Bei uns ist das Familientradition“, erklärt Hans Kober, warum er Jahr für Jahr auf den Kreuzberg zum Sebastianstag fährt. „Früher gab es zwei Tagen an denen nicht im Wald gearbeitet wurde, am Karfreitag und am Sebastianstag.“ Dem konnte Erich Rölling nur zustimmen. Er war der letzte Haumeister im Forstamt Hammelburg und nimmt die Traditionen ernst, auch als er noch aktiv im Dienst stand, war der Sebastianstag eine Pflicht. „Er ist unsere Schutzpatron, das müssen wir einhalten“, macht er deutlich. Seine Lebensgefährtin Martha Grimm nickte.

„25 Jahre war ich im Wald, das war schwere Arbeit und im Winter war es immer kalt. Ich komme zum Heiligen Sebastian weil ich Waldarbeiterin war. Wir bleiben bis zum Schluss, bis die Musik aufhört zu spielen.“ Auch wenn der Sebastianstag der Feiertag der Waldarbeiter ist, so müssen sie doch einen Tag Urlaub nehmen, um an der Sebastiansmesse teilnehmen zu können. Für die Forstmänner aus Bad Königshofen ist das kein Problem, sondern eine Selbstverständlichkeit. „Es ist unser Traditionstag, da müssen wir zum Kreuzberg“, erklärte Lothar Kuhn. Zudem treffen man hier immer alte Kollegen und Freunde. Zusammen mit Hubert Hertl, Egbert Fürst, Wolfgang Dippert, Harald Mauer und Stefan Schubert wurde im Wintergarten des Antoniussaal miteinander ein gemütlicher Tag verbracht. Die Bergmusikanten aus Waldfenster spielten zünftige Lieder, das Klosterbier und das Essen schmeckte.

Einige Tische weiter die Familie Räder aus Unterweißenbrunn. Hugo Räder: „Ich bin froh, dass die Tradition fortgeführt wird, die mein Vater vor 43 Jahren begründete.“ Anton Räder war es, der vor 43 Jahren die Sebastiansmesse am Kreuzberg zum ersten Mal organisierte. Vor vier Jahren starb er doch sein „Waldarbeitertag“ wird weiter gefeiert. Gotthard Schwender aus Gräfendorf (Landkreis Main-Spessart) hat die Organisation übernommen. Er freute sich, dass der Sebastianstag sich nach wie vor so großer Beliebtheit erfreut, dass er mit Thomas Habermann (Rhön-Grabfeld), Thomas Bold (Bad Kissingen) und Thomas Schiebel (Main-Spessart) gleich drei Landräte begrüßen konnte. Mit dabei natürlich auch Bischofsheims Bürgermeister Udo Baumann und der Bürgermeister der Gemeinde Gräfendorf Alfred Frank.

Doch der Sebastianstag wurde nicht nur im Antionssaal gefeiert. Mittelpunkt war der Gottesdienst, in der Klosterkirche, die an Sebastiani Jahr für Jahr überfüllt ist, selbst Stehplätze sind dann kaum noch zu bekommen. Dass auch der Jugend der Sebastianstag schon am Herz liegt zeigten die fünf Auszubildenden der Bayerischen Staatsforsten, die wie schon im vorigen Jahr als Messdiener fungierten. Natürlich in ihren Schutzanzügen, damit auch jeder sieht, dass sie schon waschechte Waldarbeiter sind. Florian Welzenbach, Alexander Rüppel, Julian Schwender, Philip Müller und Andreas Väthjunker waren sich einig: „Der Sebastianstag, das ist schon wichtig.“ Die Tradition wollen sie gerne fortführen.

Den Gottesdienst zelebrierte Pater Martin, der den Heiligen Sebastian jedem Vorbild ans Herz legte, nicht nur den Forstleuten. Der Heilige habe Mut und Glaubensstärke bewiesen: von Pfeilen getroffen irrtümlich für tot gehalten wird, wird er von den Christen, die ihn begraben wollen aber wieder gesund gepflegt und tritt in der Öffentlichkeit auf, um den Glauben zu verkünden und wird schließlich umgebracht. Pater Martin fragte in die voll besetzte Kirche: „Wenn bei uns ein Arbeitskollege, ein Kegelbruder, ein Klassenkamerad abfällige Bemerkungen über den Glauben macht, haben wir dann den Mut, dagegen Stellung zu beziehen? Viel kann uns dabei nicht passieren, höchstens dass wir lächerlich gemacht oder als altmodisch hingestellt werden.

Gleicht unsere Haltung dann nicht oft der Feigheit vor dem Freund? Aber was sind das für Freunde, vor deren Spott wir uns fürchten?“

Die Textzeilen eines modernen christlichen Liedes: Aufstehn, aufeinander zugehn, von einander lernen, miteinander umzugehn, nahm Pater Martin um zu motivieren, zum Glauben zu stehen. „Gegen alle niederschmetternde Unmenschlichkeit aufstehen, aus jeder scheinbar hoffnungslosen Verzweiflung wieder aufstehen, nach jeder persönlichen, schmerzlichen Niederlage wieder aufstehn. In diesem Sinn sind Christen Aufständische für die Menschlichkeit.“

Heiliger Sebastian:

Geboren wurde der Heilige Sebastian gegen Ende des 3. Jahrhundert vermutlich in Narbonne, im heutigen Frankreich. Aufgewachsen ist er in Mailand, von wo seine Mutter stammt. Schon in früher Jugend wurde er Christ, was im offiziell noch ganz aufs Heidentum eingeschworenen Römischen Reich nicht ganz ungefährlich war. Er wurde Berufssoldat, stieg schnell die Karriereleiter empor und war bald Befehlshaber der Prätorianergarde, der Renommiertruppe und Leibgarde des Kaisers. In Rom waren damals Bestechlichkeit und Amtsmissbrauch durchaus an der Tagesordnung, nicht jedoch bei Sebastian. Das verschaffte ihm Respekt und Hochachtung. Unter Kaiser Diokletian (284-305) kam es jedoch zu schlimmer Christenverfolgungen. Öffentlich den christlichen Glauben zu bekennen war lebensgefährlich geworden.

Dennoch nahm Sebastian an den Versammlungen der Christen teil. Als Befehlshaber der Prätorianergarde soll Sebastian freien Zutritt zu allen Gefängnissen gehabt und diesen dazu genutzt haben, seinen Mitchristen, wie man heute sagen würde, Hafterleichterung zu verschaffen. Dabei fiel er auf und wurde sozusagen wegen subversiver Tätigkeit gegen die Staatsgewalt inhaftiert. Da er Soldat war, wurde er schließlich zum Tod durch Erschießen verurteilt. Im Flavischen Theater wurde er von numidschen Bogenschützen solange mit Pfeilen beschossen, bis er blutüberströmt zu Boden fiel. Man hielt ihn für tot. Christen, die ihn begraben wollten, stellten jedoch fest, dass er noch am Leben war. Es gelang ihnen sogar, den Schwerverletzten gesund zu pflegen.

Sebastian war nicht nur nicht tot, er war nicht einmal mundtot gemacht worden durch die diokletianische Brutalität. Die Berichte über ihn erzählen, er sei in aller Öffentlichkeit aufgetreten und habe in schonungsloser Offenheit Diokletians Folter und Mord vorgehalten. Diokletian tat, was Mächtige zu allen Zeiten getan haben: Er war unfähig, Kritik wie Kritiker zu ertragen. Er wollte das ihm zur Last gelegt nicht ändern. Diesmal ließ er die Beseitigung des Kritikers gründlicher Regeln. In der Arena auf dem Palatin ließ er Sebastian wie einen tollwütigen Hund mit Knüppeln totschlagen. Sein Leichnam wurde in die sich an den Palatin anschließende Kloake, die altrömische Abwasserkanalisation geworfen. Christen fischten seinen Leichnam heraus und begruben ihn an der Via Appia. Heute erhebt sich über seinem Grab eine der sieben Hauptkirchen Roms, San Sebastiano.(me)+++


Zum 43. Mal fand die Sebastiansmesse am Kreuzberg statt. Pater Martin und Gotthard Schwender mit der gesägten „43“ nach dem Gottesdienst.


Voll besetzt war die Klosterkirche zum Sebastianstag

Die Auszubildenden der Bayerischen Staatsforsten dienten bei der Sebastiansmesse als Ministranten, natürlich in ihren Schutzanzügen. Das Bild zeigt von links: Florian Welzenbach, Alexander Rüppel, Julian Schwender, Pater Martin, Organisator Gotthard Schwender, Philip Müller und Andreas Väthjunker.


Eintrag ins Gästebuch zum Sebastianstag. Landrat Thomas Habermann, Pater Martin und Gotthard Schwender.

„Weils so Tradition ist“. Sepp Rölling, Hans Kober, Martha Grimm und Erich Rölling sind seit Jahren treue Besucher der Sebastiansmesse.


Einen Tag Urlaub für den Heiligen Sebastian, für die Männer der Stadt Bad Königshofen eine Selbstverständlichkeit. Das Bild zeigt von links Hubert Hertl, Lothar Kuhn Egbert Fürst, Wolfgang Dippert, Harald Mauer und Stefan Schubert.

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