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Häuptling Gabriel E. Umeh öffnet einen Wasserhahn des neuen Brunnens. - Fotos: privat

Pater Ifeanyi segnet den Johannesbrunnen in Akwa.

06.02.12 - KÜNZELL

Sauberes Wasser für Akwa - Brunnen in Afrika durch Spendenaktion eingeweiht

Pater Ifeanyi Emejulu begrüßt im Flughafengebäude von Port Harcourt die Gäste aus Deutschland in seiner südnigerianischen Heimat. Begleitet wird er von mehreren schwer bewaffneten Polizisten, die in den nächsten Tagen den Deutschen nicht mehr vor der Seite weichen. Für elf Tage sind zwölf Männer und Frauen aus Pilgerzell, Dirlos, Buttlar, Dipperz und Bad Orb in das krisengeschüttelte westafrikanische Land gekommen, um im Heimatdorf von Pater Ifeanyi zwei Brunnen einzuweihen.

Die beiden Brunnen, bis zu 240 Meter musste gebohrt werden, sind vor allem durch mehrere Spendenaktionen in Pilgerzell, durch zahlreiche Einzelspenden sowie durch eine Benefizveranstaltung in der Florenberghalle finanziert worden. Bei der Einweihung der Brunnen sind wohl alle 2500 Einwohner des Dorfes Akwa auf den Beinen. Der Festtag beginnt mit einem Gottesdienst in der großen, seit Jahren im Rohbau befindlichen Pfarrkirche. Ein Jugendchor mit Band gestaltet den fast dreistündigen Gottesdienst mit. Pfarrer Ifeanyi predigt, und es scheint, dass er in der guten halben Stunde die Menschen noch lauter, temperamentvoller, eindringlicher anspricht als in der Pilgerzeller Pfarrkirche. Mit Blick auf die deutschen Gäste erinnert er an die eine gemeinsame katholische Kirche, die „weltweit im gleichen Ritus Eucharistie feiert, nur in anderen Sprachen“. Die Männer, Frauen, Jugendlichen und Kinder bestätigen die Aussagen des Predigers wiederholt durch lebhaften Beifall. Und immer wieder erklingt ein vielstimmiges begeistertes: Amen!

Während des Festgottesdienstes patroullieren die Polizisten vor der Kirche. Sie begleiten die Deutschen, als sie mit Häuptling Gabriel E. Umeh und seinem Gefolge durch das Dorf ziehen, um die beiden Brunnen einzuweihen. Die Polizisten sind ständige Begleiter der Gäste auf der Reise durch das Land. Nur in der Hauptstadt Abuja fehlt der uniformierte Schutz. Hier sei er nicht notwendig, sagt Pater Ifeanyi, da die örtliche Polizei ,,alles im Griff“ habe. Das Polizeiaufgebot in der Hauptstadt ist noch größer als anderswo. Auf allen Fernstraßen bringen Polizeiposten – spätestens nach vier, fünf Kilometern – den fließenden Verkehr zum Stehen. Die Fahrzeuge werden nach Waffen untersucht.

Zurück zur Einweihung der Brunnen, die Pater Ifeanyi mit reichlich Weihwasser segnet. Häuptling und deutsche Gäste öffnen die Hähne an den Brunnen – die Bewohner von Akwa sind jetzt versorgt mit frischem, sauberem Wasser. Angewiesen sind sie nicht mehr auf das verschmutzte Wasser des Tümpels am Rande des Dorfs, in dem die Frauen Wäsche waschen. An den Brunnen, eine Solaranlage pumpt das Wasser herauf und erspart so den Kauf teuren Diesels für eine Motorpumpe, sind Gedenktafeln eingelassen. Erinnert wird in Deutsch an die Spender aus Pilgerzell (,,Johannesbrunnen“) und Dirlos (,,Antoniuswasser“), die den Brunnenbau ermöglicht haben. Beim anschließenden Dorffest vor dem Haus des Häuptlings diskutieren die deutschen Gäste bereits, welche Aufgaben ein zu gründender Förderverein in Akwa schultern könnte.

Pater Ifeanyis Herzensanliegen ist es, eine neue Schule in Akwa zu errichten. Das bisherige Schulgebäude, Tische und Stühle fehlen, genügt auch bescheidensten Ansprüchen nicht, davon können sich die Zwölf aus Deutschland überzeugen. Möglicherweise kann Bürgermeister Peter Meinecke mit einem ansehnlichen Betrag dafür sorgen, dass Akwas Schulkinder bald in einem neuen Gebäude unterrichtet werden. Meinecke wird Pater Ifeanyi im Sommer nach Akwa begleiten, um eine kommunale Partnerschaft zwischen Künzell und Akwa zu begründen.

Bevor die deutschen Gäste Akwa verlassen, werden sie durch Häuptling Gabriel E. Umeh hoch geehrt: Im Rahmen einer feierlichen Einkleidung im Palast des Häuptlings, Männer und Frauen erhalten eine traditionelle Bekleidung, werden die Männer und Frauen zu ,,Brüdern in der Diaspora“ und ,,Schwestern in der Diaspora“ erklärt. Eine Urkunde des Häuptlings bestätigt den zwölf deutschen Gästen, dem Kabinett ,,Seiner Königlichen Majestät“ in Akwa anzugehören.

In verschiedenen Städten im südlichen Teil Nigerias haben die deutschen Gäste katholische Einrichtungen – Priesterseminare, Schulen, Tagungshäuser, Altenheime, Kirchen, Häuser für Mutter und Kind – sowie eine kleine privat geführte Klinik besichtigt. In der Hauptstadt kommt es zu einer spontanen Begegnung mit dem Erzbischof von Abuja, John Olorunfemi Onaiyekan. Auch die deutsche Botschafterin Dorothee Janetzke-Wenzel empfängt die Gäste. Als einen Schwerpunkt ihrer Aufgaben in Nigeria nennt sie die Förderung der Bildung im Land, wobei vor allem die handwerkliche Ausbildung junger Menschen gefragt sei. Als die deutschen Gäste von dem Solarsystem an den Brunnen in Akwa berichten, fragt die Botschafterin ihren Referenten Jens Wagner: ,,Warum machen wir so etwas nicht?“

Pfarrer Innocent Oyibo, der fast sieben Jahre die Gemeinde St. Maria in Kassel geleitet hat und jetzt in Nigeria an einer Universität lehrt, begleitet die Deutschen zwei Tage lang. Oft stellen die deutschen Gäste ihren Begleitern die Frage: Was ist der Grund für die Unruhen im Land, die sich Anfang des Jahres auch in einem Generalstreik äußerten? Stets wird die nicht auszumerzende Korruption genannt, die das Land lähmt: im Geschäftsleben, in Politik und Verwaltung. Staatliche finanzielle Mittel versickerten wie Wasser im staubigen nigerianischen Boden. Höchstens die Hälfte des eingesetzten Geldes komme als Investitionen ,,an“. Außerdem erziele der Staat neben den Einkünften aus der staatlichen Ölförderung kaum Steuereinahmen. Das bedeute: die reichen und superreichen Einwohner entrichteten kaum Steuern. 70 Prozent der Menschen lebten unter der Armutsgrenze.

Auch während des Aufenthalts der Deutschen in Nigeria schlägt die islamistische Terrorgruppe Boko Haram in Kano, der zweitgrößten Stadt des Landes (3,7 Millionen Einwohner), zu. Bei einer Anschlagsserie werden dort mindestens 185 Menschen getötet. Der Tatort befindet sich etwa 400 Kilometer nördlich der Hauptstadt Abuja (2,5 Millionen Einwohner). Befürchtet werden müsse, so erfahren die deutschen Gäste, dass die Massaker der islamistischen Fundamentalisten vor allem im muslimisch geprägten Norden Nigerias bürgerkriegsähnliche Zustände befördern sollen.

Bankverbindung: Katholische Kirchengemeinde Pilgerzell, VR Genossenschaftsbank Fulda, Konto-Nr. 2 501 350, BLZ 530 601 80, Stichwort ,,Akwa“.

Hintergrund Nigeria:

Muslimische Geistliche sollen mäßigend auf Gläubige einwirken. Das wünscht sich der Erzbischof von Abuja, John Olorunfemi Onaiyekan, laut Tageszeitung „Daily Champion“. Onaiyekan begrüßte, dass der höchste Rat für muslimische Angelegenheiten die Terrorsekte Boko Haram scharf kritisiert habe. Seiner Ansicht nach könnten muslimische Geistliche „aber noch so viel mehr unternehmen“. Mit Waffen allein sei beim Kampf gegen die Terrorgruppe nichts auszurichten, ergänzte der Erzbischof von Abuja. In den vergangenen Wochen kamen in Nigeria rund 250 Menschen durch Anschläge von Boko Haram ums Leben. (kna-meldung von gestern)

Der ehemalige Generalsekretär der nigerianischen Bischofskonferenz Dr. George Ehusani, der sich in diesen Tagen in Deutschland aufhielt, hat darauf hingewiesen, dass sich Nigeria aus etwa 250 Volksgruppen zusammensetzt, ,,was die Ausformung eines Nationalbewusstseins sehr erschwert“. Für die Gruppenbildung sei danach in erster Linie die religiöse Identität ausschlaggebend, gefolgt von der ethnischen und der nationalen Identität. Für Dr. Ehusani ist ein Ursachenbündel für die gegenwärtige Gewalt islamistischer Fundamentalisten verantwortlich: ,,Zum einen ist die Zentralregierung zu schwach, mit der durch Korruption geschwächten Polizei und Verwaltung ihre Autorität auch im Norden des Landes durchzusetzen.“ +++


Waschtag in Akwa.

Der Erzbischof von Abuja (rechts) verabschiedet die Gäste aus Deutschland in seinem Haus.

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