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05.12.12 - Fulda
Drei Jahre in zwei gepackt - Umschulung zum Hörgeräteakustiker
Thomas Leibold hat aus gesundheitlichen Gründen zum Hörgeräteakustiker umgeschult
Drei Jahre Ausbildung in zwei Jahre Umschulung gepackt - „Das war happig, aber nachdem ich das Praktikum gemacht hatte, wollte ich nie mehr was anderes machen", erklärt Hörgeräteakustiker Thomas Leibold, der vorher Energie- und Gebäudeelektroniker war. Sein Chef Georg Krönung, Inhaber des Krönung Hörakustik Studio, fasst zusammen, was ihn dazu bewogen hat, den Umschüler in 2010 einzustellen: „Sein großes Engagement, einen Umschulungsplatz zu ergattern, hat mich beeindruckt."
So wurde der damals 22-Jährige einer von rund 300 Umschülern, die in den vergangenen fünf Jahren durch die Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda gefördert wurden. Körperliche Probleme (z.B. Rücken), psychische oder physische Beeinträchtigungen – die Gründe, die dazu führen können, dass es nicht mehr möglich ist, im ursprünglich erlernten Beruf zu arbeiten, sind vielschichtig, wie Reha-Berater Reiner Kottusch von der Arbeitsagentur Fulda berichtet. Unter seinen Kunden findet man den 20-Jährigen, der seit einem Unfall im Rollstuhl sitzt, genauso wie den Angestellten, der nach einem Burn-Out-Syndrom wieder langsam beruflich Fuß fassen will. Auch Frauen und Männer, die wegen chronischen Erkrankungen nicht voll einsatzfähig sind, zählen zu seinen Kunden.
Thomas Leibold beispielsweise ging es bereits während seiner ersten Ausbildung gesundheitlich „nicht so gut", so dass er nach seinem Abschluss direkt die Fachhochschulreife erwarb, um eventuell ein Studium dranzuhängen. „Als Elektriker steht man viel auf Leitern rum, ich brauchte einen fußfreundlicheren Beruf", berichtet der Ebers-burger. Sein heutiger Arbeitgeber war nicht nur von seiner Beharrlichkeit angetan, sondern zählte auch auf dessen gute Vorkenntnisse in der Elektrotechnik, die dem Umschüler dann tatsächlich vieles erleichterten. Auch bei der Arbeitsagentur sah man dies als erfolgversprechend an. „Wenn es um eine Umschulung geht, schauen wir auf die körperliche und geistige Eignung, auf Neigungen, Fertigkeiten und Fähigkeiten des Umschülers. Wenn der von ihm ausgewählte Beruf mit unserem ärztlichen Gutachten vereinbar ist und so gute Vorkenntnisse vorhanden sind, wie bei Herrn Leibold, steht der Bewilligung nichts entgegen", erklärt Reha-Berater Kottusch, der darauf hinweist, dass die Wahl des Umschulungsberufes kein reines „Wunschkonzert" ist. Die physischen, bzw. psychischen Beeinträchtigungen müssen zum angestrebten Beruf passen, damit die Erfolgsaussicht gegeben ist. Schließlich ist diese Art von Fördermaßnahmen nicht zum Nulltarif zu haben. Pro Umschüler/in hat die Arbeits-agentur Bad Hersfeld-Fulda im vergangenen Jahr 875 Euro monatlich aufgewendet. Was an Kosten übernommen wird, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Unter anderem erhält ein Umschüler Leistungen zum Lebensunterhalt (Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld), die Arbeitsagentur übernimmt auch die Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie Kosten für Lern- und Lehrmaterial, bzw. Prüfungsge-bühren. Auch der Arbeitgeber kann unter Umständen Geld- und Sachleistungen er-halten. „Das geht von der Finanzierung eines höhenverstellbaren Schreibtischs bis zur Montage von Treppenliften oder Außenaufzügen", erklärt Kottusch.
Im Fall von Thomas Leibold zahlte die Arbeitsagentur ihm Arbeitslosengeld. Außerdem übernahm die Agentur für Arbeit die Gebühren für die Berufsschulblöcke in Lübeck und zahlte Kilometergeld für die Strecke vom heimischen Wohnort an seine Ar-beitsplätze in Fulda, bzw. in die Filialen in Großenlüder und Neuhof. Ohne eine För-derung durch die Arbeitsagentur wäre die Umschulung mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zustande gekommen. „Eine zweite Lehre ohne Zuschüsse hätte ich mir nicht leisten können", weiß Leibold, und auch Hörakustik-Meister Krönung ist sich sicher: „Ohne Förderung hätte ich ihn wahrscheinlich nicht eingestellt, da die freie Ausbil-dungsstelle bereits vergeben war. Zwei Jahre sind sehr kurz, weil in dieser Zeit auch die Berufsschulblöcke untergebracht werden müssen."
Einen Fall vom Hörtest bis zum endgültigen Abschluss einer Hörsystem-Versorgung betreuen, das konnte Thomas Leibold in den vergangenen zwei Jahren seiner Um-schulung deshalb selten Dafür kann er jetzt zeigen, wo seine Stärken liegen. Sein Chef jedenfalls ist begeistert: „Er ist ein Praktiker, der anpackt, mitdenkt und gut mit Kunden kann. Er macht das sehr gut!"
Wann ist eine Umschulung möglich?
Wenn eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung vorliegt, ein von der Norm abweichender, für das Lebensalter untypischer Zustand, der voraussichtlich länger als sechs Monate anhält. Die Person muss aufgrund dieser nicht nur vorübergehenden Leistungsminderung der besonderen Hilfen der Teilhabe am Arbeitsleben bedürfen.
Welche Leistungen erbringt die Arbeitsagentur?
Leistungen an den Arbeitnehmer zur Teilhabe am Arbeitsleben, unterhaltssichernde ( Übergangsgeld oder Arbeitslosengeld bei Weiterbildung, Ausbildungsgeld oder Be-rufsausbildungsbeihilfe) und ergänzende Leistungen (z.B. für den behindertengerech-ten Umbau von Fahrzeugen nach der Kfz-Hilfe VO, Arbeitsplatzausstattung, Kosten der Maßnahme, Fahrtkosten, Prüfungsgebühren u.a. An Arbeitgeber können Geld-und Sachleistungen, z.B. Finanzierung von Umbaumaßnahmen für einen barrierefreien Zugang und Eingliederungszuschüsse zur Einstellung und Beschäfti-gung behinderter und schwerbehinderter Mitarbeiter.
Wo gibt es Informationen? Arbeitnehmer-Servicerufnummer: 01801 555 111 Arbeitgeber-Servicerufnummer: 01801 66 44 66+++