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- Fotos: Florian Dietz

14.01.13 - BREITENBACH/H.

"AUS" auf Burg Herzberg: keine Ritterspiele und Mittelalter-Märkte mehr

Wie der Hessische Ritterbund und Das Artefakt mitteilen, zieht man sich mit sofortiger Wirkung aus allen Veranstaltungen auf Burg Herzberg zurück. Damit kündigen das Artefakt und der Hessische Ritterbund eine achtzehn Jahre andauernde Zusammenarbeit mit der Dörnberg’schen Stiftung Burg Herzberg auf. Was als kleine, fast familiäre Veranstaltung begann, entwickelte sich rasch zu einer der größten und bekanntesten Mittelalterveranstaltungen in Deutschland. Dies war nur durch viel Idealismus einer Gruppe von Leuten möglich, welche das Gelände der Burg Herzberg Jahr für Jahr für die Ritterspiele vorbereitete. Das Gelände der Burg Herzberg hat zwar ein einzigartiges Ambiente, ist aber durch seine schlechte Infrastruktur nicht für große Veranstaltungen geeignet.

Da direkt an der Burg weder genug Parkraum vorhanden, noch der einzige Zufahrtsweg zur Burg entsprechend ausgebaut ist, mussten die Besucher mit einem Bus-Pendelverkehr von einer eigens angemieteten und als Parkplatz genutzten Wiese 2km unterhalb der Burg zum Veranstaltungsgelände gefahren werden. Wegen der für Veranstaltungen zu schwach ausgelegten Wasserversorgung und dem Brandschutz mussten Tankwagen bereitgestellt werden und auch die Anmietung mobiler Chemietoiletten war notwendig. Bei schlechtem Wetter und durchnässten Wiesen mussten oftmals Fahrzeuge von Besuchern und Aktiven vom Gelände geschleppt werden. Der Auf- und Abbau der Lager und Marktstände musste wegen der engen Zufahrt über mehrere Tage verteilt werden und erforderte bei schlechtem Wetter viel Geduld von den Teilnehmern und organisatorisches Geschick bei den Veranstaltern.  

Zur Durchführung der Veranstaltung waren zudem viele behördliche Genehmigungen, teils mit hohen Auflagen verbunden, erforderlich. So musste das ganze Gelände umzäunt sein, um zu verhindern, dass der angrenzende Wald betreten wird. Wegen der abgeschiedenen Lage des Burggeländes gab es die zusätzliche Auflage, dass die Feuerwehr mit mehreren Fahrzeugen und in entsprechender Mannstärke vor Ort ist und ein Sanitätsdienst gestellt wird. Ab diesem Jahr sollten - als Reaktion auf die Loveparade-Katastrophe in Duisburg 2010 - neue Bestimmungen greifen, welche zusätzlich ein umfassendes Sicherheitskonzept erforderlich machen. Obwohl die Gemeinde Breitenbach am Herzberg mit der Veranstaltung warb und die Belebung der Region sowie die Einnahmen durch Genehmigungen etc. gerne an nahm, war sie im Gegenzug nicht bereit, die Ritterspiele und deren Veranstalter zu unterstützen.  

Bereits seit geraumer Zeit waren die Organisatoren mit dem relativ hohen Eintrittsgeld unzufrieden, wollte man doch Mittelalter für Familien mit Kindern erlebbar machen. Seit der ersten Veranstaltung war die Finanzierung, auch durch die Abhängikeit vom Wetter, immer ein großes, privat getragenes Risiko. Da sich weder die Stiftung noch die Gemeinde finanziell beteiligten und die Suche nach Sponsoren durch die strukturschwache Gegend weitgehend erfolglos war, mussten die gesamten Kosten durch Eintrittsgelder gedeckt werden. Und obwohl die gesamten Vorbereitungsarbeiten, so auch die überregionale Werbung mit Flyern und Plakaten, ehrenamtlich geleistet wurden, war es in vielen Jahren nahezu unmöglich kostendeckend zu arbeiten.

Ohne die vielen hundert Arbeitsstunden für die Burg hätten die Veranstaltungen niemals all die Jahre und vor allem nicht in dieser Größenordnung fortbestehen können. Doch nicht nur die Veranstaltungen bedeuteten Arbeit. Mauern der Burganlage wurden wieder und wieder von Unkraut und Bewuchs befreit, ein Toilettenhaus außerhalb der Burg wurde erbaut, die Umfassungsmauer des Biergartens errichtet, Wasserleitungen verlegt, gewartet und repariert. Am Dach des Toilettenhauses mussten immer wieder Ziegel ausgetauscht werden, weil Steine aus der einsturzgefärdeten Burgmauer sie zerschlagen hatten. Durch die langjährige Arbeit vieler Freunde der Burg, die - letztendlich auch für die Freiherrlich von Dörnberg’sche Stiftung Burg Herzberg - ehrenamtlich, das heißt ohne Bezahlung, geleistet wurde, wurde all dies erreicht. Nach der letzten Veranstaltung war es dann zu unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten über Art und Durchführung der Veranstaltungen zwischen der Freiherrlich Dörnberg’schen Stiftung Burg Herzberg und den Veranstaltern gekommen. Dem seit Jahren anhaltenden Zuschauerschwund wollten Artefakt und der Hessische Ritterbund mit einem neuen Konzept begegnen, doch dies scheiterte leider schon nach einem Jahr am Veto der Burgbesitzer. Die Stiftung machte das Konzept für die schwachen Zuschauerzahlen verantwortlich, während die Veranstalter das schlechte Wetter und die mangelnde Werbung als Problem identifiziert hatten. Hierüber kam es letztlich zum Bruch.  

Nun ziehen die beteiligten Personen die Konsequenz, keine Veranstaltungen mehr auf der Burg Herzberg durchzuführen. Dies bedeutet das Aus für Ritterspiele, Frühjahrsmarkt, Weihnachtsmarkt und leider auch für das beliebte Schulprogramm, die „Kinderwochen". "Wir hatten tolle Jahre gemeinsam auf der Burg, aber man muss auch erkennen, wenn eine Ära zu Ende geht. So bleibt uns nur, uns bei allen Besuchern, Helfern und Freunden für die schöne Zeit und die Unterstützung zu bedanken."  

Doch der Rückzug ist keine Kapitulation, das neue Konzept "Einblick ins Mittelalter" wird weiter verfolgt. „Wegen der Schwemme an mittelalterlichen Spektakeln und dem sich dadurch seit mehreren Jahren abzeichnenden Besucherrückgang wollen wir ein neues Konzept etablieren, welches ein Alleinstellungsmerkmal in der Region und ganz Hessen haben wird. „Einblick ins Mittelalter" soll dem Besucher Informationen über das Mittelalter vermitteln und Geschichte historisch korrekt erlebbar machen ohne dabei oberlehrerhaft oder langweilig zu sein." Das neue Konzept führt weg vom allseits bekannten Mittelalter-Fantasy-Klamauk hin zur fundierten Information und zeitgenössischer Unterhaltung aus der Zeit des 11.-14.Jh. und soll an einem neuen Standort etabliert werden. Man darf gespannt sein.+++




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