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Frank Bernshausen/Planungsgruppe für Natur und Landschaft (PNL) Hungen, Klaus Ulrich Battefeld/Hessisches Umwelt- und Energieministerium, Moderatorin Dr. Danuta Kneipp/IFOK, Marion Ruppel und Dr. Ivo Gerhards/Regierungspräsidium Gießen standen Rede und Antwort (von links) - Fotos: Dieter Graulich

14.06.13 - ULRICHSTEIN

Moratorium zum Stopp von Windkraftanlagen gefordert: Über 150 Besucher

Mit einem eindeutigen Plädoyer für die Windkraft eröffnete Bürgermeister Edwin Schneider am Donnerstagabend die Veranstaltungsreihe „Bei uns hat Energie Vorfahrt". Insgesamt acht Veranstaltungen des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sollen über die Energiewende und die Ziele der Hessischen Landesregierung im Bereich der erneuerbaren Energien informieren. Da Ulrichstein seit Mitte der 90er Jahre als Windkraftgemeinde überregional bekannt wurde, war die Auftaktveranstaltung schon für Mitte Dezember geplant. Der neue Leitfaden zur Berücksichtigung der Naturschutzbelange bei Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, in denen Natura 2000 Gebiete ausgeschlossen sind, sorgte für eine Rückstellung des Termins. Für Ulrichstein habe diese Vorgabe erhebliche Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der Windkraft, da das Gebiet der Stadt gänzlich in Natura 2000 Gebieten liegt.

So gebe es keine neuen Anlagen mehr und die alten müssten noch Ende der Laufzeit abgebaut werden. Schneider machte deutlich, dass die Verantwortlichen der Stadt mit ihren weitreichenden Beschlüssen zur Energiewende beitragen wollen und natürlich auch an der Erzeugung der erneuerbaren Energie profitieren wollen. Den Vogelsberggemeinden ginge es finanziell besser, wenn man pro Kubikmeter Wasser das hier gefördert werde und nach Frankfurt/Main fließe, einen „Wasserpfennig" bekommen würde. Schneider bilanzierte dann die Einnahmen aus der Windkraft für 2013. Bei einem Haushaltvolumen von rund sieben Millionen Euro, machten die Einnahmen aus der Windkraft mit 1,85 Millionen Euro 26 Prozent der Gesamteinnahmen aus. „Nur mit diesen Geldern können wir die Infrastruktur, wie zum Beispiel neun DGH´s, acht Kläranlagen, die Wasserversorgung, 45 Kilometer Kanal, 45 Kilometer Wasserleitung und die Feuerwehren in unserer kleinen Stadt noch aufrechterhalten. Ohne die Einnahmen aus der Windkraft hätten wir uns im letzten Jahr als Schutzschirmkommune beim Land Hessen eintragen lassen können und wir könnten die Lichter buchstäblich bald ausmachen", so Schneider.

Auf die Anzahl der Anlagen eingehend sagte er, dass sich in Ulrichstein derzeit in 7 Windparks insgesamt 53 Anlagen drehen. Von diesen 53 Anlagen stünden 14 im Eigentum des Eigenbetriebes der Stadt Ulrichstein. Weiterhin gebe es drei Bürgerwindparks, an denen viele Bürgerinnen und Bürger aus Ulrichstein und der näheren Umgebung beteiligt seien. Weitere Anlagen sind im Eigentum der hessenenergie, der hessenWind und von Privatinvestoren, die ihren Betriebssitz in Ulrichstein haben. „Die Wertschöpfung bleibt dadurch in Ulrichstein beziehungsweise in der Region, weil bei uns keine fremden Windkraftinvestoren vor Ort sind", betonte der Bürgermeister.

Die Überlegungen der Stadt Ulrichstein zielten darauf ab, an bis zu sechs Standorten im Stadtgebiet die Windenergienutzung zu konzentrieren. Die Zahl der Anlagen sinke durch die geplanten Neuinvestitionen von 53 WEA sukzessive am Ende dieses Jahrzehnts auf 39 WEA. Hierfür bedürfe es Finanzmittel in Höhe von rund 165 Millionen Euro die im Verlauf der kommenden zehn Jahre eingesetzt werden sollen.

Unter der Moderation von Dr. Danuta Kneipp, von der IFOK, einer international führenden Strategie- und Kommunikationsberatung in den Bereichen Nachhaltigkeit, Beteiligung und Dialog moderiert, gaben die Experten, Klaus Ulrich Battefeld vom Hessischen Umwelt- und Energieministerium, Dr. Ivo Gerhards und Marion Ruppel vom Regierungspräsidium Gießen sowie Frank Bernshausen von der Planungsgruppe für Natur und Landschaft (PNL) Hungen anschließend in kurzen Statements einen Einblick in die aktuelle Faktenlage rund um die Themen Naturschutz und Windenergie sowie die Regionalplanung.

Battefeld wies dabei darauf hin, dass es bereits vor 300 Jahren eine erste Energiekrise gegeben habe, denn damals sei das Holz knapp geworden. Hier sei auch erstmals der Begriff „Nachhaltigkeit" geprägt worden. Hessen habe sich jetzt vorgenommen, bis zum Jahr 2050 seine Energie komplett aus erneuerbaren Ressourcen zu gewinnen und benötige dazu zwei Prozent der Landesfläche.

Dr. Gerhards erläuterte die Rolle der Regionalplanung, die nachvollziehbar, transparent und einheitlich sei. Über 3000 Ansatzpunkte seien bei der Offenlegung des Teilregionalplans eingegangen, die nun bearbeitet werden müssten. Keine Abwägungen gebe es beim Genehmigungsverfahren zu den Anträgen selbst, war von Marion Ruppel zu hören. Hier müsse nach der Gesetzeslage entschieden werden.

Auf die Gutachten ging Frank Bernshausen ein und meinte, dass hierbei ein einheitliches Leitbild gegeben sei. Weit über eine Stunde standen die Experten dann im Kreuzfeuer der über 150 Besucher. Angesprochen wurde die unterschiedliche Behandlung von Natura 2000 Flächen in Süd-, Nord- und Mittelhessen. „Die Bürger werden in Nord- und Mittelhessen nicht mitgenommen", war dabei zu hören. Kritik gab es auch an der Umweltverträglichkeitsprüfung, denn hier sollte nicht nur Schwarzstorch, Milan und Fledermaus, sondern der Mensch im Vordergrund stehen. Ein weiterer Diskussionsteilnehmer merkte an, dass die Gesetze nicht mehr in der Lage seien, den Menschen zu schützen. Axel Rockel vom NABU-Vogelsberg meinte, die Windkraftanlagen nehmen zu und der Schwarzstorch nimmt ab. Er schlug ein Moratorium vor das bis zum Inkrafttreten des neuen Teilregionalplanes keine weiteren Genehmigungen für WKA’s erteilt würden.

Ein Moratorium für den Stopp von WKA’s im gesamten Vogelsberg hatte zuvor bereits Hans Teegelbeckers von der Gegenwind Vogelsberg gefordert und dabei den stärksten Beifall erhalten. Er wies in seinen Ausführungen darauf hin, dass es noch nicht ausreichend Speicherkapazität für Windenergie gebe. Kritik kam dann auch aus dem Bereich Ulrichstein zur Windkraft. So betrage der Flächenanteil bereits acht Prozent und es gebe keine Bürgerversammlungen. Der Wind wehe nicht nur im Vogelsberg, sondern auch in der Rhön und im Taunus war zu hören. Fragen gab es auch zur Umzingelung von Ortschaften, wie zum Beispiel Unter-Seibertenrod. Die Besucher hatten im Anschluss an den offiziellen Teil noch Gelegenheit zu Gesprächen mit den Experten. ++gr++


Über 150 Besucher waren zur Auftaktveranstaltung in den Spiegelsaal des Innovationszentrums gekommen. Schilder gegen den Windpark Alteburg in Schotten

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