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24.08.13 - HANAU

„Ich war aus dem Häuschen“ - Künstler mit Handicap erhalten Auszeichnung

„Ich war aus dem Häuschen", erzählt Robertino Rims. „Ich bin fast bis zur Decke gesprungen." Stolz ist er, schließlich ist ein Interview von ihm von der Jury eines internationalen Literaturwettbewerbs ausgezeichnet worden. Rims ist nicht der einzige Preisträger, der im KunstRaum des Brockenhauses Hanau arbeitet. Sein Kollege Georg Schilling wurde ebenfalls für einen literarischen Beitrag ausgezeichnet und seine Kollegin Susanne Just hat für eines ihrer Gemälde den Lothar-Späth-Preis erhalten.

Auf dem Bild (v. links): Susanne Just, Georg Schilling und Robertino Rims. (Foto: Maria Huhn)

Bei der Verleihung des Lothar-Späth-Preises war Susanne Just so aufgeregt, dass ihr Bruder Uwe die Urkunde für sie entgegen nehmen musste. Nun zeigt sie jedem Besucher des KunstRaumes, in dem Menschen mit Handicaps ihre kreativen Talente entfalten können, stolz das eingerahmte Schriftstück: „Können Sie ruhig mal lesen." Den Anerkennungspreis erhielt die 57-Jährige aus Kesselstadt für ihr Bild „Gesichter", das sie mit Ölkreide auf Pappe gemalt hat. „Das Thema des Wettbewerbs war offen und wir haben die Gemälde, die wir eingeschickt haben, sehr spontan ausgewählt", erzählt Nicole Pietschmann, Gruppenleiterin des KunstRaumes. Die ganze Bandbreite des Ateliers von realistischen Werken bis zu „ganz bunten Bildern" sei dabei vertreten gewesen, ergänzt ihre Kollegin Martina Roth, die als kunsttherapeutische Gestaltungstrainerin tätig ist. Das Brockenhaus und seine Arbeitsbereiche gehören zum Behinderten-Werk Main-Kinzig e.V. (BWMK). Ziel des Projekts ist es, Menschen mit Behinderungen Arbeits- und Qualifizierungsmöglichkeiten zu bieten, die ihren Talenten und Fähigkeiten entsprechen. „Für alle Interessierten aus Hanau und der Umgebung bietet das Brockenhaus Gastronomie, Kultur und Genussprodukte in ansprechendem Ambiente", unterstreicht Pietschmann.

2006 hat der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Lothar Späth, einen Förderpreis gestiftet, der jedes Jahr in Wehr an Künstler mit geistiger Behinderung verliehen wird. Die Fachjury bewerte die Einsendungen nur nach künstlerischen Aspekten, nicht nach therapeutischen Kriterien, erklärt Martina Roth. 60 Einrichtungen aus Deutschland und der Schweiz hatten für den Wettbewerb über 300 Gemälde eingesandt. Im Juni war Susanne Just zur Preisverleihung nach Wehr gefahren, zusammen mit ihrem Bruder und einer Betreuerin.

Am 12. September reisen wieder Mitarbeiter des KunstRaumes zu einer Preisverleihung, dieses Mal nach Bielefeld. Eingeladen hat der Verein „Die Wortfinder". Er hat es sich zum Ziel gesetzt, das kreative Schreiben und die künstlerische Gestaltungen von Menschen mit geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen und Menschen in besonderen Lebenslagen zu fördern. Zum dritten Mal hat der Verein in diesem Jahr einen internationalen Literaturwettbewerb für Menschen mit geistiger Behinderung ausgeschrieben – und zum dritten Mal hat sich der KunstRaum des Hanauer Brockenhauses daran beteiligt. 2011 stand der Wettbewerb unter dem Motto „Rund um den Tod herum". Das aus den Siegertexten zusammengestellte Buch ziert ein Titelbild, das von einem Mitarbeiter des KunstRaumes gemalt wurde. 2012 gewannen Peter Beilstein mit einem Auszug seines Interviews und Agop Talsik mit seinem Portrait „Ich bin ein Künstler". Seinerzeit war die Ausschreibung mit „Kunst und Lebenskunst" überschrieben.

Da einer seiner Kollegen im vergangenen Jahr nicht an der Preisverleihung teilnehmen konnte, war Robertino Rims als Vertreter mitgefahren. Die Feier habe dem 43-jährigen Steinheimer so gut gefallen, dass er dieses Jahr selbst gewinnen wollte, erzählt Nicole Pietschmann. Und tatsächlich – „Das war eine Punktlandung", so die Gruppenleiterin. „Er ist richtig stolz." Auch Rims Kollege Georg Schilling gehört zu den Preisträgern, deren Werke „die Wortfinder" in einem Wandkalender abgedruckt veröffentlichen. „Georg war sehr überrascht, dass ausgerechnet er dazugehört", sagt Pietschmann. In seinem Gedicht „Wahnsinn" thematisiert er das Malen. Querschnittgelähmt malt Georg Schilling mit einem speziellen Gestell, das auf seinen Kopf gesetzt wird und für ihn den Pinsel hält. In seinem Gedicht erklärt er, wie wichtig ihm seine künstlerische Arbeit ist: „Hier kann ich zeigen was ich kann. Ich kann mehr als nur Blödsinn labern."

Nicole Pietschmann und Martina Roth sind stolz auf das Kreativ-Team. „Hier hat jeder schon mal mit einem Werk bei einem Wettbewerb oder einer Ausstellung gepunktet", sagt Roth. Die Arbeit des KunstRaumes trägt Früchte. Seit Januar 2012 arbeiten dort Künstler mit Handicap. Hier sollen sie den Freiraum finden, künstlerisch zu arbeiten und eine eigene Bild- und Formensprache zu entwickeln. 20 Mitarbeiter hat das Atelier, viele von ihnen arbeiten nur tageweise dort, ein kleiner Stamm von sechs, sieben Mitarbeiter die ganze Woche über – darunter auch Robertino Rims und Susanne Just.+++

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