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ULRICHSTEIN

Bürgerinitiative wird Berufung gegen Urteil zu Wasserbescheiden einlegen

30.10.13 - Es sei schon eine Seltenheit im Vogelsberg gewesen, als sich im November 2009 im Vogelsberg, wo man nicht gegen die Obrigkeit aufbegehrt, sich eine Bürgerinitiative gründete, meinte Reinhold Müller (Bobenhausen). Er sprach am Montagabend im Dorfgemeinschaftshaus Feldkrücken zu Beginn der Mitgliederversammlung der „Bürgerinitiative gegen Wasser- und Abwasserbescheide der Stadt Ulrichstein. Früher sei die persönliche Abklärung mit der Stadtverwaltung, die bisher gängige Praxis gewesen, um sich zu beschweren oder eine Reduzierung von Kosten zu erreichen. Für viele Bürger sei das bei der Globalberechnung für Abwasser und Wasser nicht mehr möglich gewesen.

„Das Maß war voll. Man fühlte sich ungerecht behandelt und die Androhung bei Nichtbezahlung sofort zu pfänden schüttete noch Öl ins Feuer", so Müller. Als Hintergrund für den vorliegenden Konflikt bezeichnete er die schlechte Kassenlage der Kommunen mit dem Resultat, dass immer mehr Kosten auf den einzelnen Bürger verlagert würden. Die Landbevölkerung blute durch die demografische Entwicklung und angesichts der Schuldenberge und geringerer Zuweisungen von Bund und Land an die Kommunen aus. Der Landesrechnungshof habe aufgezeigt, dass die Kommunen nicht ganz schuldlos seien, da mancherorts ihre Haushaltsführung zu wünschen übrig lässt.

Zwangläufig würden im ländlichen Raum immer mehr Kosten auf immer weniger Bürger beziehungsweise Haushalte verteilt. Eine bürgernahe Politik, eine Politik für und mit den Bürgern, die zum Ziel hat, mit den verfügbaren Mitteln kreativ im Sinne der Bewohner einer Stadt umzugehen, sollte eigentlich das Ziel unseres neuen Stadtoberhauptes sein, meinte der Sprecher der BI: „Eine schrumpfende Region braucht keine Vorzeigeprojekte, keine „Leuchttürme", keine neuen oder vergrößerten Dorfgemeinschaftshäuser.

Müller schilderte dann den bisherigen Ablauf des Streitverfahrens und stellte erfreut fest, dass am 19.September 2013 bei der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Gießen ein erster Etappensieg erreicht wurde. Die Stadt habe auch im Hauptsache-Verfahren Abwasser zu 100 Prozent und im Verfahren Wasser zu 75 Prozent verloren. Als einen Trick der Stadt bezeichnete Müller die Einbeziehung der „Fernwirkleitungen" beim Wasser. Hier habe der Anwalt der Stadt versucht das Gericht in die Irre zu führen, um die Leitungslängen, die ja Funkverbindungen seien, zum Leitungsnetz von 43 km hinzuzurechnen, um die 50 Prozent-Regelung, beziehungsweise eine qualitative Verbesserung, zu erreichen.

Es wäre richtiger von der Kostenrelation, Instandsetzung Wasserleitungsnetz mit cirka 1,1 Millionen Euro und Fernwirkanlage cirka 38.000 Euro auszugehen. Das seien für die Fernwirkanlage nämlich nur 3,4 Prozent der Gesamtkosten. Im Urteil Abwasser verweise der Richter vom VG-Giessen ausdrücklich auf das Urteil vom VGH Kassel. Im Vorfeld zu dem Verfahren sei schon ein Eilverfahren gegen die zweite Rate der Vorausleistungsbescheide für Abwasserbeiträge vor dem Verwaltungsgericht Gießen erfolgreich gewesen. Gegen diesen Beschluss hatte die Stadt Ulrichstein Berufung eingelegt und war vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel ebenfalls gescheitert.

Die von der Stadt erhobenen Beitragszahlungen für Abwasserbeiträge seien damit rechtswidrig. Doch statt die Niederlage einzugestehen und die Konsequenzen zu ziehen, habe man erneut versucht von den Bürgern die dritte Rate einzutreiben. Im Anschluss an diesen ausführlichen Rückblick gab es eine fast dreistündige Diskussion über das Urteil des VG-Gießen, dessen Auswirkungen und die weitere Vorgehensweise. Bei einem Vortrag von Dieter Kraft (Bobenhausen) wurde deutlich, dass die berechneten Geschossflächenzahlen im unbeplanten Innen- und Außenbereich erheblich von den tatsächlichen abweiche. Zudem seien die Protokolle der Berechnung dieser Geschossflächenzahlen nicht mehr auffindbar.

Die beiden Fachanwälte Prof. Dr. Lutz Eiding und Dr. Martin Faußner gingen dann auf die rechtliche Seite des Urteiles ein und bedauerten zunächst, dass es über zweieinhalb Jahre gedauert habe, bis das Gericht auf die Untätigkeitsklage gegen die Stadt Ulrichstein reagiert habe. Lob zollten beide der BI, die diese „Durststrecke" unbeschadet überstanden habe. Als Angriffspunkte für einen Antrag auf Berufung gegen die Wasserbescheide nannten sie die Berechnung der Geschossflächenzahl und die Einbeziehung der Fernwirkanlage. Letzteres sei Kleinkram und nicht ein zentrales Anlagebestandteil der Wasserversorgung. Einstimmig wurde danach beschlossen, den Antrag auf Berufung gegen das „Wasser-Urteil" zu stellen. Um dies zu finanzieren wurde vorgeschlagen und beschlossen einen Betrag von je 50 Euro von den insgesamt 152 Mitgliedern der BI zu erheben. (gr)+++

Bilder: Dieter Graulich


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