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„Trauerdienst ist Liebesdienst“, sind sich Pfarrer Holger Grewe, Palliativ-Fachkrankenschwester Birgit Berger und Hospizvereins-Koordinatorin Martina Lotz-Hartwig (v.li.) einig. -

BAD HERSFELD

Trauermonat November: Annäherungen an die Themen Sterben und Trauer

23.11.13 - Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag, Totensonntag: In keinem anderen Monat des Jahres sind Sterben und Trauer so präsent wie im November. Dennoch scheinen es die meisten unter uns vermeiden zu wollen, sich mit ihrer eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen. Osthessen-News wagte die Annährung an das Thema „Tod" und sprach mit Menschen, die von Berufs oder Berufung wegen regelmäßig mit Abschied nehmen, Loslassen und Schmerz konfrontiert werden.

„Wir betrachten das Sterben als ein Geschehen, das ganz natürlich zum Leben gehört – wie das Geborenwerden", erläutert Martina Lotz-Hartwig, Koordinatorin beim Ökumenischen Hospizverein Bad Hersfeld e.V. „Uns geht es vor allem darum, da zu sein, die Menschen während ihrer letzten Lebensphase zu begleiten und deren Angehörige zu unterstützen." Es sei generell der Fall, dass Sterbende ihre Angehörigen schonen und Angehörige wiederum Rücksicht auf die Sterbenden nehmen würden. „Dabei ist es extrem wichtig, miteinander zu reden, das löst bestehende Ängste", ergänzt Birgit Berger, ebenfalls Koordinatorin beim Hospizverein sowie Fachkrankenschwester beim Palliativteam Waldhessen, die unheilbar erkrankte Menschen sowohl physisch als auch psychisch ambulant umsorgt. „Während des Sterbeprozesses, der eine Extremsituation darstellt, rücken Familien enger aneinander und erfahren eine völlig neue Intensität." Dem kann Holger Grewe, Notfallseelsorger und Pfarrer der Evangelischen Stadt- und Johanneskirchengemeinde Bad Hersfeld nur beipflichten. „Durch das Thema ‚Trauer’ vertieft sich die Gemeindearbeit."

Und immer wieder schwebten Begriffe wie „Loslassen" und „Schuld" im Raum, die wie ein Felsblock zwischen Angehörigen und Sterbende stünden. „Sterbende spüren, wenn sich das Leben dem Ende zuneigt – sie sind einen Schritt weiter als ihre Lieben", betont Martina Lotz-Hartwig. „Ab einem gewissen Stadium wollen Krebskranke beispielsweise keine Nahrung mehr zu sich nehmen", erklärt Birgit Berger. „Deren Angehörige stehen am Herd und köcheln eine Suppe, obwohl seitens des Patienten dazu gar kein Bedürfnis mehr vorhanden ist. Es heißt so schön, dass Essen und Trinken Leib und Seele zusammenhält, aber was ist, wenn Leib und Seele bereits begonnen haben, sich zu trennen?"

Pfarrer Holger Grewe ist fest davon überzeugt, dass es Mut braucht, um mit Trauer und Sterben umzugehen. „Ich bin ein Verfechter des Rituals der Aussegnung: ‚Du wirst in ewiges Leben geboren und getauft’. Dabei nehme ich den Verstorbenen wie ein Baby in den Arm, während die Trauernden einen Kreis um ihn bilden und sich an den Händen halten." Diese Symbolkraft sage mehr als tausend Worte. „Das sind besondere, heilige Momente", bekräftigt Birgit Berger. „In der ersten Stunde nach dem Tod rühre ich die Verstorbenen nicht an. Ich stehe den Angehörigen bei. Gemeinsam beratschlagen wir anschließend, ob wir den Entschlafenen gemeinsam waschen und neu einkleiden möchten." Dieses Aktivwerden am Verstorbenen sei wundersam und heilsam zugleich. So werde den Angehörigen verdeutlicht, wie essenziell es sei, in aller Ruhe Abschied zu nehmen und nicht gleich den Bestatter zu benachrichtigen.

„Ich erinnere mich gerade daran, wie ein kleines Mädchen sein Lieblingsstofftier in die Arme seiner heimgegangenen Oma gebettet hat", erzählt Holger Grewe. „Rituale sind etwas ganz Wertvolles – egal, ob gläubig oder nicht." Martina Lotz-Hartwig plädiert dafür, Kinder unbedingt mit in den Trauerprozess einzubinden. „Dann ist die gesamte Trauerfeier entspannter – Kinder stehen fürs Leben, sind menschlich und denken nicht so taktisch." In Bezug auf Trauer gebe es keine Vorschriften, sind sich Palliativ-Fachkrankenschwester, Hospizvereins-Koordinatorin und Seelsorger einig. Trauer sei so individuell wie das Leben selbst. Auch in Bezug auf die Trauerfeier gebe es keine unpassenden Ideen: „alles ist würdig".

Leider rücke das „Rituelle" mehr und mehr in den Hintergrund, moniert Pfarrer Grewe. „Viele – auch ein Teil meiner Kollegen – handeln nach dem Motto: ‚Es muss so oder so gemacht werden, sonst gibt es Schwierigkeiten’. Ich finde es beispielsweise schade, dass Trauerfeiern in einer Kapelle abgehalten werden. Warum nicht in der Kirche, inmitten der Gemeinde, wo getauft und getraut wird? Auf diese Weise rückt der Tod ins Leben." Eine Vorlage für Birgit Berger, die bekräftigt: „Es braucht Geistliche, die sagen: ‚Wir müssen dem Tod mehr Leben geben’." Schließlich müsse jede Hospizhelferin lernen, offen für die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen zu sein. „Nicht lenken, keine eigenen Ansichten überstülpen, sondern mitgehen und für andere da sein", laute die Devise. Trauer benötige eine Zeit des Abschieds, eine Zeit der Ruhe, eine Zeit der Einkehr – Trauerdienst sei Liebesdienst. (Stefanie Harth)

Termine des Hospizvereins:

- Das Trauercafé findet an jedem ersten Donnerstag im Monat von 15 bis 17 Uhr im Bad Hersfelder Mehrgenerationenhaus „Dippelmühle" statt.

- Die Gruppe trauernder Eltern trifft sich an jedem ersten Dienstag im Monat um 19 Uhr in der „Lullusstube" des Altenzentrums Hospital.

- Der Ökumenische Hospizverein Bad Hersfeld lädt alle, die an einem Qualifizierungskurs zur Sterbebegleitung interessiert sind, zu Informationsveranstaltungen ein. Diese werden am Dienstag, 26. November, um 19.30 Uhr im Seminarraum der Brückenapotheke in Heringen sowie am Donnerstag, 28. November, in der „Lullusstube" des Altenzentrums Hospital in Bad Hersfeld abgehalten.

- Am Samstagabend, 23. November, rocken zudem Live-Bands ab 20 Uhr das „PIER1" in Bad Hersfeld für den guten Zweck. Statt Eintritt werden Spenden für das Projekt „Hospiz macht Schule" gesammelt.+++

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