Archiv
Dr. Andrew Danison -

GEISA

Viertes Schlossgespräch zu „Deutschland und Amerika - 65 Jahre Luftbrücke"

28.11.13 - Gemeinsam mit der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung und der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen lud die Point Alpha Stiftung am 26.11.2013 zum vierten „Geisaer Schlossgespräch" ein, bei dem sich Dr. Andrew B. Denison und Prof. Dr. Horst Teltschik mit dem deutsch-amerikanischen Verhältnis in Vergangenheit und Gegenwart auseinandersetzten. Dr. Andrew Denison ist Direktor von Transatlantic Networks, einem Forschungsverbund mit Sitz in Königswinter; er beschäftigt sich mit dem transatlantischen Verhältnis und insbesondere mit der geostrategischen Rolle der Vereinigten Staaten in der sich erweiternden Atlantischen Gemeinschaft. Prof. Dr. Horst Teltschik war lange Zeit der wichtigste außen- und sicherheitspolitische Berater von Bundeskanzler Helmut Kohl und steht maßgeblich für die internationalen Verhandlungen zur Wiedervereinigung 1990. Von 1999 bis 2008 leitete er die Münchener Sicherheitskonferenz.

Moderiert wurde die Veranstaltung von der Leiterin des Alliierten-Museums Berlin, Frau Dr. Gundula Bavendamm. Sie ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Point Alpha Stiftung.Für einen unkonventionellen Einstieg in die Gesprächsrunde sorgte die Moderatorin Frau Bavendamm mit der Frage, wie die beiden Gäste ihren Kindern oder Enkeln erklären würden, warum die Berliner Luftbrücke wichtig war. Herr Teltschik verwies auf den historischen Kontext und die sich nach 1945 schnell verändernde politische Lage zwischen den Alliierten. Die Berliner Luftbrücke der Amerikaner war für die Westberliner Bevölkerung nicht nur eine unglaubliche technische Leistung sondern auf dem Höhepunkt der ersten Krise des Kalten Krieges eine der wichtigsten emotionalen Voraussetzungen für das zukünftige freundschaftliche Verhältnis zwischen Deutschen und Amerikanern in den westlichen Zonen überhaupt. Herr Denison erklärte seinen Kindern vor allem, was alles in dieser Zeit an Ereignissen geschah, als die Teilstadt Westberlin abgeschlossen durch die sowjetische Blockade nur über drei Luftkorridore erreichbar war. Frau Bavendamm ergänzte und erinnerte an die Leistungen der Briten und Franzosen, die ebenfalls maßgeblich an der Organisation und Umsetzung der Luftbrücke beteiligt waren, die größte in der Geschichte der Luftfahrt insgesamt.Die Abriegelung der Demarkationslinie in Berlin und der anschließende Beginn des Mauerbaus im August 1961 gaben dem Deutsch-Amerikanischen Verhältnis einen Dämpfer, weil vor allem viele West-Berliner hofften und erwarteten, dass die West-Alliierten die Schließung der Grenze so nicht hinnehmen würden. Frau Bavendamm erinnerte an das Bitt-Schreiben von Willy Brandt an den amerikanischen Präsidenten, einzugreifen, was damals keineswegs politisch korrekt gewesen sei, weil Brand ja „nur" Oberbürgermeister von West-Berlin war ohne politischen Verhandlungsanspruch gegenüber den Westalliierten. Die Ereignisse um den Mauerbau und Reaktionen der Westalliierten waren zugleich eine wichtige Voraussetzung für die Einleitung der so genannten Entspannungspolitik, um die menschlichen Begegnungen zwischen Westdeutschen und Ostdeutschen langfristig wieder herzustellen und zu verbessern.

Ein neuer Höhepunkt im Deutsch-Amerikanischen Verhältnis war der Besuch von Präsident John F. Kennedys 1963 in Deutschland, in Hessen und in Westberlin, und wo er sich in seiner Rede vor dem Schöneberger Rathaus, die Horst Teltschik damals live miterlebte als Student in West-Berlin, spontan zum Berliner erklärte. Die Bootschaft dahinter aber war das eigentlich spektakuläre. Der dauerhafte Bestand des Status Quo mit den Sowjets einerseits, und andererseits die Botschaft, wir werden West-Berlin nicht aufgeben, keinen Millimeter mehr preisgeben, was ja zuvor von den West-Berlinern gemutmaßt wurde ob der verhaltenen Reaktionen der Westalliierten auf den Mauerbau 1961. Die Gefahren eines Dritten Weltkrieges waren schließlich in der Zeit zwischen 1961 und 1963 nie wieder so hoch gewesen, ergänzte Andrew Denison.

Im weiteren Verlauf sprachen die Podiumsteilnehmer über die Entwicklung der Entspannungspolitik in den siebziger Jahren, so den KSZE-Prozess und die damals scheinbar unerklärlichen Reaktionen der Sowjetunion, trotz aller vertraglichen Vereinbarungen zur Rüstungsbegrenzung und Kontrolle mit dem Ausbau von Mittelstreckenraketen gegen Westeuropa zu beginnen. Das führte in Reaktion der Amerikaner dazu, den NATO-Doppelbeschluss mit Bundeskanzler Helmut Kohl gegen die Mehrheit der Deutschen Bevölkerung durchzusetzen. Präsident Ronald Reagan rief zudem die so genannte Strategic Defense Initiative (SDI) ins Leben, die strategische Verteidigungsinitiative der USA als „VORWÄRTSVERTEIDIGUNG VOM WELTRAUM AUS", auch als „Krieg der Sterne" bekannt.

Horst Teltschik berichtete eine Anekdote von einer Reise in die Sowjetunion im Jahr 1983 zum damaligen Staatsoberhaupt und Generalsekretär des ZK der KPdSU, Juri Andropow. Dieser und sein Beisitzer seien dem Bundeskanzler und ihm bei dem Treffen deutlich vergreist entgegengetreten und sie hätten sich körperlich kaum noch unter Kontrolle gehabt. Andropow starb dann auch kurz darauf und ein anderer Greis, Konstantin Tschernenko, folgte ihm auf diesen Posten bis März 1985. Danach wurde der erst 54järhige Michail Gorbatschow neuer Staatschef. Mit ihm änderte sich die politische Lage ab 1987 vor dem Hintergrund seiner Glasnost und Perestroika-Politik.

Die Gesprächspartner waren sich einig, dass vor allem die schwierige wirtschaftliche Lage in der Sowjetunion vor dem Hintergrund der weiteren Auf- und Nachrüstung den Wandel der sowjetischen Pakt- und Außenpolitik mit Glasnost und Perestroika bewirkten, was sich auch in der Haltung Gorbatschows gegenüber den Verbündeten zum Ausdruck brachte. Die Aufgabe der Breschnew-Doktrin war (Gorbatschow spricht in eigener Darstellung von 1985 im Rahmen der Beisetzungsfeierlichkeiten von Tschernenko, andere vom Dezember 1988 auf einer Konferenz des Warschauer Paktes in Bukarest oder vom 25. Oktober 1989 im Rahmen finnisch-sowjetischer Gespräche in Helsinki) für den Prozess der Demokratisierung Osteuropas wohl der wichtigste Baustein und endete damit, die bisherige Einmischungspolitik der Sowjetunion in die Angelegenheiten der Bündnisstaaten als Mittel der Politik aufzugeben. Demokratische Reformen hin zu demokratischen staatlichen Strukturen konnten sich dadurch spätestens 1989 in Polen und Ungarn recht zügig durchsetzen, was wiederum ein wesentlicher Baustein war für die schrittweise Öffnung des Eisernen Vorhangs in Ungarn im Sommer 1989.

Es folgten der Fall der Berliner Mauer, das Ende des Warschauer Pakts, die deutsche Wiedervereinigung und der Zusammenbruch der Sowjetunion. Dies alles, das betonten die Gesprächspartner auf unterschiedliche Weise, war am Beginn von Glasnost und Perestroika nicht abzusehen.Horst Teltschik verwies am Ende noch einmal darauf, dass die verbündeten Staaten von Europa und die USA weltweit das einzige Bündnis demokratischer Staaten sei, das es zu erhalten und zu schützen gilt. Gastgeber und die Gäste verorteten die historisch gewachsene Deutsch-Amerikanische Freundschaft daher trotz NSA-Affäre als stabil im transatlantischen Bündnis.Der Direktor der Point Alpha Stiftung, Volker Bauch, der Behördenleiter der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung, Dr. Bernd Heidenreich, und der Leiter der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Franz-Josef Schlichting, bedankten sich bei den hochkarätigen Gästen für die z.T. sehr konkreten Einblicke in politische Geschehnisse und Abläufe sowie für die vermittelten Erkenntnisse an diesem Abend. Ein gemeinsamer Eindruck jedoch bleibt allen Gästen, nämlich, wie schlicht sich große Politik gelegentlich abspielt.+++ Henning Pietzsch/Point Alpha

Dr. Andrew B. Danison, Dr. Gundula Bavendamm und Dr. Horst Telschik


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön