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FULDA Denkmalschutz und "Grüne Au"

Ehemalige "GRÜNE AU" vor Abriss - Denkmalbeirat "verschaukelt"?

11.02.14 - Im rund 25-köpfigen Denkmalbeirat der Stadt Fulda rumort es seit geraumer Zeit. Grund ist der geplante Abriss der ehemaligen Gaststätte "Grüne Au" an der Ecke Abtstor/Wiesenmühlenstraße und der dort vorgesehene Neubau eines modernen Wohnkomplexes. Obwohl der Denkmalbeirat der Stadt Fulda, in dem Mitglieder aller Parteien vertreten sind, das Vorhaben in nie dagewesener Einstimmigkeit im Dezember 2013 abgelehnt hat, wird der Abrissbirne wohl kaum noch etwas entgegengesetzt werden können. „Anscheinend haben wir eine reine Feigenblattfunktion - schließlich wird doch gemacht, was der Bauherr will", beschwert sich ein Mitglied des Beirats, der sich vorgeführt und verschaukelt fühlt.

Offiziell ist der Denkmalbeirat der Öffentlichkeit (und der Presse) gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet und hat außerdem keine wirkliche Handlungsoption. Tatsächlich hat das Gremium ausschließlich beratende Funktion - über den Abriss beschließen wird der Magistrat der Stadt Fulda.

Stadtbaurätin Zuschke: „Nr. 35 bleibt definitiv erhalten"

Im September 2012 hatte Stadtbaurätin Cornelia Zuschke auf eine Anfrage zwar noch bestätigt, dass der Eigentümer des Gebäudes einen Abbruchantrag gestellt habe, der von der Unteren Denkmalbehörde geprüft werde. „Die Grüne Au besteht aus zwei Gebäuden: die ehemalige Nr. 33 und die Nr. 35. Die alte und jetzige Nr. 35 (rechts) bleibt definitiv erhalten", hieß es in der Antwort der Stadtbaurätin. Das linke Gebäude (Nr.33) sei ein Ersatzholzbau aus dem 19. Jahrhundert und werde auf Abbruch untersucht.

So war es zunächst auch geplant, bestätigt das Architekturbüro Reith + Wehner, das mit dem Projekt beauftragt wurde. Doch bei näherem Hinsehen – und durch umfangreiche Bodenuntersuchungen vor Ort - habe sich offenbart, dass ein Teilabriss nicht möglich gewesen wäre, weil der Untergrund dort äußerst problematisch sei. Diese Statikproblematik sei nicht vernünftig – und bezahlbar – zu lösen gewesen, sind sich Architekt und Bauherr einig.

Darüber hinaus seien peu à peu weitere Substanz- und Baumängel zutage getreten, die einen gewaltigen Aufwand zum Erhalt und der Sanierung notwendig gemacht hätten, erklärt Architekt Stephan Storch. Eine weitere Untersuchung habe zudem bestätigt, dass sich unter der Fassade kein schützenswertes Fachwerk befindet. Das ganze Gebäude sei eher ein „Mitläufer", kein Einzeldenkmal - im Ensemble durchaus wichtig, aber auch ersetzbar, lautete das Urteil der Denkmalbehörde. Auch die zuständige Landeskonservatorin Dr. Roswitha Kaiser habe schließlich den Daumen gesenkt: bei dieser Substanz stehe der Erhaltungsaufwand in keinem Verhältnis.

Widerstand gegen Salamitaktik

Unter der Überschrift ..und wieder stirbt ein altes Haus" kritisieren die Fuldaer Grünen eine um sich greifende „Abrissmentalität" in der Barockstadt: „Unzähligen Bomben und der Abrissmentalität der Nachkriegszeit haben sie standgehalten, viele alte stadtbildprägende Häuser in Fulda. Doch seit einigen Jahren dominiert in unserer Stadt eine Abrissmentalität. Aktuellstes Beispiel ist die ‚Grüne Au’ am Abtstor 35 an der Ecke Wiesenmühlenstraße." Das Bestandgebäude werde nicht nur ohne Not abgerissen, der geplante Nachfolgebau füge sich nicht in die Umgebung ein, das Stadtbild werde massiv gestört, lautet der Vorwurf.

Auch der Denkmalbeirat, der nicht im Verdacht steht von Grünen unterwandert zu sein, hat die Abrisspläne für das ehemalige Traditionslokal mehrheitlich und einstimmig verurteilt. Die Argumentation der nicht erhaltenswerten Bausubstanz kenne man schon von anderen denkmalgeschützten Häusern zur Genüge, heißt es. „Jetzt ist auch noch der Untergrund instabil – das ist doch Salamitaktik".


"Hirnschmalz investieren"

Der ehemalige Fuldaer Kulturamtsleiter Dr. Werner Kirchhoff – und in dieser Funktion langjähriges Mitglied des Denkmalbeirats - hat schon einige historische Gebäude gegen allerlei Widerstände vor dem Abriss bewahrt - unter anderem den Coudrayschen Bau des alten Landkrankenhauses - die heutige Musikschule und die Bürgerversammlungsstätte Alte Harmonie, die heute als Privatschule vom Bildungsunternehmen Jordan genutzt wird. Auch dort habe man mit den überdimensionalen Kosten argumentiert, die der Erhalt verursache. Die alte Bausubstanz verhindere ein modernes Nutzungskonzept, sei ebenfalls ins Feld geführt worden. Wie man heute sehe, seien aber beide Argumente widerlegt worden. „Das einzige, das man in solchen Fällen vermehrt investieren muss, ist Hirnschmalz", ist sich Dr. Kirchhoff sicher.

Neubau will „in der Grammatik des Bestands bleiben"

Nun soll anstelle der Grünen Au dort künftig beileibe kein moderner Funktionsbau entstehen. Architekt Manfred Reith will die Lücke im Gegenteil ganz im Stile der bisherigen Bebauung schließen und dabei „in der Grammatik" des Bestandes bleiben. So sollen auch die Kleinteiligkeit der angrenzenden Häuser aufgenommen und damit die Maßstäblichkeit erhalten bleiben. Diesen Plänen habe auch das Landesamt für Denkmalpflege zugestimmt.

Die grünen Kritiker halten dagegen, der geplante Nachfolgebau passe nicht in die Umgebung, der veröffentlichte Entwurf für den geplanten Ersatzbau orientiere sich nicht an Architektur und Proportion des noch bestehenden zweiteiligen Gebäudes und des umgebenden Häuserensembles. Bauherren könnten in Fulda fast sicher sein, dass ihnen gestattet werde, einen wesentlich voluminöseren Baukörper zu errichten als das abgebrochene Gebäude. "Fragwürdig erscheint, dass der langjährige Vorsitzende des Fuldaer Denkmalbeirates Mitinhaber genau des Architekturbüros ist, das viele der Sünden an dem noch vorhandenen kulturhistorischen Gebäudebestand Fuldas plant und umsetzt. Der Vorsitzende des Denkmalbeirates sollte doch wohl eine Persönlichkeit sein, die ein überdurchschnittliches Interesse an dem Erhalt historischer Gebäude zeigt", monieren die Grünen.

Wenn der Fuldaer Denkmalbeirat künftig mehr als eine Alibifunktion und eine ernstzunehmende Stimme für den Erhalt historischer Substanz der Barockstadt haben will, müsste er sich wohl „neu erfinden". +++ Carla Ihle-Becker

Die vermeintlichen Barockrahmungen der Fenster entpuppten sich als aufgeklebte Stuckrahmen ...

Ansicht von der Wiesenmühlenstraße: Die Baulücke soll durch den Neubau geschlosen werden ... Fotos: Hendrik Urbin

So soll die Lücke nach dem Abriss gefüllt werden und acht moderne Wohnungseinheiten und Gewerberaum ... Visualisierung "Reith + Wehner

Der Fußboden des Lokals von unten gesehen. Die Holzbalkendecke sei nicht mehr zu sanieren, lautet ... Fotos Bausubstanz(11): Stephan Storch

Installationen im Keller, die über Jahrzehnte "wie ein Myzel"gewachsen seien

Elektroinstallation der Kühlung

...nicht mehr nachvollziehbare Installationsführungen

"Außer Betrieb"

Die Dacheindeckung ist ist von innen aufgefroren

Provisorische Abstützungen im 2. Obergeschoss

Abgängige Dacheindeckungen

Die Untersuchungsöffnung in der Fassade habe gezeigt, dass es sich um eine minderwertige Fachwerkkonstruktion ...


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