Archiv
Preisträger sind Marie Therese FUTTERKNECHT und Marie-Anjes LUMPP
14.07.14 - Es war keine leichte Entscheidung, denn alle aktuellen Produktionen der Bad Hersfelder Festspiele werden sowohl vom Publikum als auch den Kritikern nicht nur gut angenommen, sondern auch gelobt und gefeiert. Doch die Jury ist am Samstag zu einem Ergebnis gekommen. Gestern Vormittag wurden die beiden Preise an zwei Frauen in der fast vollbesetzten Stiftsruine verliehen. Der Große Hersfeldpreis 2014 ging an Marie Therese Futterknecht und der (Kleine) Hersfeldpreis 2014 an Marie-Anjes Lumpp.
Von der Moderatorin zur Preisträgerin
Mit einem grandiosen Trick wurde gestern Vormittag bei der Verleihung der beiden Hersfeld-Preise in der Stiftsruine aus einer Moderatorin der Veranstaltung eine Preisträgerin: HR-Journalist und Juror Hermann Diel wollte gerade zur Preisverleihung schreiten, als ihm gespielt spontan einfiel, die bis dahin moderierende Marie-Anjes Lumpp zum Bleiben auf der Bühne aufzufordern. Begründung: er als „kleines Reporterlein" sei sehr aufgeregt – sie solle diese Aufgeregtheit doch mit ihm teilen. „Außerdem schauen dann die Leute auf Sie schöne junge Frau und nicht auf mich alten Sack!"
Von der Beratung der aus Journalisten bestehenden Jury verriet Diel wenigstens soviel, dass alle fünf Mitglieder einen Namen gemeinsam auf ihrem Zettel gehabt hätten – den von Marie Anjes Lumpp für ihre ausstrahlungsstarke Rollengestaltung der Bianca/Lois Lane im Cole- Porter- Musical- „Kiss me Kate". Die gerade noch redegewandte Moderatorin wurde von ihrer Nominierung sichtlich „kalt erwischt". Sie sei sehr gerührt und habe mit dieser Wendung überhaupt nicht gerechnet, als Intendant Holk Freytag sie gebeten hatte, die Moderation der Veranstaltung zu übernehmen, erzählte Lumpp.
Starke Frauen
Zufrieden über seinen Coup und die gelungene Geheimhaltung lobte Hermann Diel die überdurchschnittliche Präsens starker Frauen in dieser Festspielsaison – es sei eine „sehr damenhafte Spielzeit". Immer werde die Jury gefragt, ob es schwierig gewesen sei, sich auf die Gewinner zu einigen. Ja, so sei es eigentlich jedes Mal, aber besonders in dieser Saison, denn alle Inszenierungen seien ’bis in die Tiefe’ toll besetzt gewesen, das heißt, auch die Nebenfiguren seien zur Höchstform aufgelaufen.
Laudator bleibt stecken
Mit seiner Laudatio zur Trägerin des Großen Hersfeldpreises 2014 kommt der Moderator nicht weit: schon bei der Nennung ihres ersten Vornamens brandet ein zustimmender Beifallssturm auf, denn Marie Theres Futterknecht hatten sicher alle Zuschauer auf dem Zettel, die „ihre" Maria Stuart auf der Bühne erleben durften. Begleitet vom a cappella-Chor aus ihrer Schafott-Szene kommt sie von der Tribüne. Holk Freytag habe sie am Vortag angerufen und ihr von der großen Ehre berichtet – und sie habe geheult vor Freude, sagt die charismatische Schauspielerin.
Begeistert berichtet sie von „diesem wahrhaftig gigantischen Stück und ihrer Arbeit an ihrer Rolle („Ja, ich war wirklich fleißig!"). „Traurig bin ich darüber, dass ich die Maria nur noch dreimal spielen darf – dann ist es schon wieder vorbei!" Und sie empfiehlt die Schiller-Inszenierung von Holk Freytag wärmstens für alle, die sie noch nicht gesehen haben.
Diese Aufführung hatte in seiner Einführung auch der Vorsitzende der Gesellschaft der Freunde der Stiftsruine, Helgo Hahn schon lobend erwähnt. Mehrere Kritiker habe er unabhängig voneinander urteilen hören, das sei die beste Inszenierung Holk Freytags überhaupt. Aber auch die Zuschauerzahlen für alle anderen Stücke dieser Festspielsaison seien auf dem Weg nach oben. So hätte sich der prominente Besucher von letztem Sonntag, Bundespräsident Joachim Gauck, sowohl vom Spielort als auch der künstlerischen und darstellerischen Qualität der Festspiel begeistert und beeindruckt gezeigt und man sei guter Hoffnung, dass er wieder die Schirmherrschaft dafür übernehmen werde.
„Vergesst Eure persönlichen Eitelkeiten"
Hahn lobte auch das großartige ehrenamtliche Engagement der vielen Festspielfreunde, die meist außerhalb des Rampenlichts für das große Ganze und dessen reibungslosen Verlauf sorgten. „Ähnliche Zielstrebigkeit und hervorragende Zusammenarbeit würde ich mir auch an anderer Stelle wünschen", sagte Hahn unter zustimmendem Klatschen seiner Zuhörer, die den dezenten Hinweis auf die Querelen zwischen Bürgermeister Thomas Fehling und Intendanten und Ensemble verstanden hatten. Natürlich gebe es objektiv einen Sparzwang, doch es müsse intelligent gespart werden. „Die simple Streichung ist nicht intelligent", sagte Hahn in Richtung Stadtregierung. „Mit ineffektiven Sparzwängen verspielen wir in kurzer Zeit, was durch unsere Intendanten in 64 Jahren aufgebaut wurde: die Einzigartigkeit der Bad Hersfelder Festspiele." Hahn schloss mit dem leidenschaftlichen Appell: „Vergesst Eure persönlichen Eitelkeiten. Arbeitet für die Festspiele, die all diese Ränkespiele bisher überstanden haben!"
Der Große Hersfeldpreis 2014 für Marie Therese Futterknecht
Die Begründung der Jury: Mit dem Großen Hersfeldpreis 2014 wird Marie Therese Futterknecht für ihre Darstellung der Titelrolle in Schillers Trauerspiel MARIA STUART ausgezeichnet. Im grandiosen Porträt der schottischen Königin zeigt sie eindringlich die Wandlung von der schmachtenden Gattenmörderin über die rachetrunkene Herrscherin zur geläuterten Märtyrerin. Mit subtilen und ausdrucksstarken darstellerischen Mitteln verkörpert sie die Maria als temperamentvolle und lebenshungrige Femme Fatale, die letztlich ihren inneren Frieden findet. Marie Therese Futterknechts Schauspielkunst löst in der beklemmend aktuellen Inszenierung des Klassikers Bestürzung aus.
Mit dem Großen Hersfeldpreis werden Darstellerinnen und Darsteller ausgezeichnet, die die weiträumige Bad Hersfelder Festspielstätte in Spiel und Sprache beherrschen und die sich in ihr als rollenausschöpfende Schauspielerpersönlichkeiten erweisen. Im letzten Jahr hat Stephan Schad (NATHAN DER WEISE) den Preis bekommen. Der erste Preisträger war im Jahr 1962 Hans Caninenberg. Zu den Preisträgern gehörten unter anderem auch Volker Lechtenbrink, Uwe Friedrichsen, Mario Adorf, Tilly Lauenstein, Julian Weigend, Helen Schneider und Rufus Beck.
Der (Kleine) Hersfeldpreis 2014 geht an Marie-Anjes Lumpp
Die Begründung der Jury: Mit dem Hersfeldpreis 2014 wird Marie-Anjes Lumpp für ihre Darstellung der Bianca/ Lois Lane im Musical KISS ME, KATE ausgezeichnet. Sie tanzt, singt und spielt auf gleichermaßen hohem Niveau. Starke Bühnenpräsenz und intensive Ausstrahlung verbinden sich bei ihr mit komödiantischem Talent. Zudem überzeugt sie durch ebenso leichtes wie intensives Spiel und ihre bezaubernde Natürlichkeit. Dadurch wertet Marie-Anjes Lumpp in der erstklassig choreografierten, fulminanten Inszenierung ihre Rolle deutlich auf.
Der Hersfeldpreis wird an Darstellerinnen und Darsteller vergeben, die sich durch ihre Leistung profiliert haben, wobei die Auszeichnung insbesondere den Nachwuchs-Schauspielern zuerkannt werden soll. Im letzten Jahr bekamen Patrizia Margagliotta (in diesem Jahr in SEKRETÄRINNEN zu sehen) und Jonas Minthe (DIE DREI MUSKETIERE) diesen Preis. Der Hersfeld Preis wurde 1969 zum ersten Mal vergeben: Albert Hormann bekam ihn. Im Laufe der Jahre kamen Namen wie Cornelia Froboess, Uwe Friedrichsen, Dietlinde Turban, Jutta Speidel, Marie-Therese Futterknecht (2005 und 2008) oder Maaike Schuurmans dazu.
HINTERGRUND: Die undotierten Preise werden von der Stadt Bad Hersfeld und der Gesellschaft der Freunde der Stiftsruine alljährlich vergeben. Eine unabhängige Jury aus Theaterkritikern entscheidet über die Vergabe der Preise. Mitglieder sind in diesem Jahr Bettina Fraschke (HNA, Kassel), Susanne Sobko (Freie Journalistin, Eisenach), Hermann Diel (Hessischer Rundfunk, Fulda), Christoph A. Brandner (Fuldaer Zeitung) und Bertram Lenz (Lauterbacher Anzeiger).
Der Zuschauerpreis der 64. Bad Hersfelder Festspiele wird am 26. Juli nach der Vorstellung KISS ME, KATE auf der Bühne der Stiftsruine vergeben. Die Besucher der Festspiele entscheiden darüber mit einem Stimmzettel, den sie in der Stiftsruine erhalten und dort in die dafür aufgestellten Boxen werfen.+++PM/ci