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26.06.03 - Fulda
IHK und DIHK fordern neues, einfaches Steuersystem für alle
Die Einführung eines einfacheren, gerechteren und transparenteren Steuersystems in Deutschland innerhalb der nächsten zehn Jahre hat das "Steuerforum Fulda" gefordert. 120 Finanzexperten, Wissenschaftler, Unternehmer und Vertreter der Handelskammern aus dem ganzen Bundesgebiet waren heute nach Fulda gekommen, um an diesem erstmaligen Fachtagungs-Angebot der IHK Fulda und des DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammertag teilzunehmen. Fazit des Tages: die Fachleute halten ein "leicht verständliches, einfaches Steuersystem" für machbar und die Teilnehmer bewerteten das neue "Steuerforum" als Möglichkeit zu Information und Meinungsbildung als sehr positiv.
Der Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Fulda (IHK), Dr. Christian Gebhardt und Alfons Kühn vom DIHK erklärten, viele Betroffene müssten unter den Folgen des deutschen "Steuerdschungels" leiden. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen "erstickten in Bürokratie". Immer neue Regelungen und administrative Forderungen erschwerten dem Mittelstand den Arbeitsalltag und verbrauchten wertvolle Zeit, die dem Kerngeschäft verloren gehe.Vor allem junge Selbstständige seien häufig überfordert.
Diese Einschätzung konnte IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schunck nur unterstreichen. "Wir haben über 5.000 Steuergesetze und über 85.000 Einzelvorschriften. 70 Prozent der Weltmenge an Steuerpublikationen werden in Deutschland veröffentlicht - das muss aufhören", sagte Schunck. Schließlich kämen ja nicht mal mehr die Finanzverwaltungen selbst mit diesem "Gesetzeswust" zurande - die Veranlagungen dauerten zu lang und auch die Behandlung von Rechtsmitteln ziehe sich immer mehr hinaus. Deshalb müssten die Ermitlung, die Erhebung und die Rechtsprechung vereinfacht werden. Die Handelskammern als Interessenvertreter der Wirtschaft wollten mit dem "Steuerforum" - das auf eine Idee der Fuldaer IHK zurückgeht - "ein Signal setzen gegen das allgemeine Jammern und Klagen". Denn - so meint Schunck - heute gelte es, Ideen zu entwickeln und Initiative für Verbesserungen zu ergreifen.
Am Ende des ganztägigen Symposiums beschlossen die 120 Wirtschaftsvertreter, Finanzexperten, Wissenschaftler und Unternehmer zehn Hauptpunkte für eine wirklich umfassende Steuer-Novellierung. Unter dem Namen "Fuldaer Resolution" soll das Papier der Bundesregierung, dem Bundetags und den Steuerexperten der Parteien und Länder zugehen. Kern der Vorschläge sind die grundsätzliche "Einmalbesteuerung" jedes Einkommens und das Ende der "Lenkungspolitik" des Staates durch Steuermittel. Das bedeutet, dass Steuereinnahmen nicht mehr für Subventionen oder etwa familienpolitische Maßnahmen ausgegeben werden dürfen. "Steuermittel sollen ausschließlich der Finanzierung des Staatshaushaltes dienen", so die Auffassung der Fuldaer Tagung.
Ein renommierter Experte, der Professor für Finanzwissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Manfred Rose, fertigte in Fulda mit anderen Fachleuten zusammen eine Berechnung an, wonach "der Staat auch finanzierbar ist, wenn es eine ganz einfache Steuer gibt". Denkbar wäre etwa ein einheitlicher Steuersatz von 25 Prozent für alle. Dies würde zwar für viele Unternehmen, Selbstständige oder auch Bürger den "Verzicht auf Gewohntes" - etwa Ausnahmeregelungen, Eigenheimzulage, Absetzbarkeit von Werbungskosten oder Kirchensteuer - bedeuten. Allerdings würde ein solcher Steuersatz auch eine deutliche finanzielle Entlastung bringen - der Durchschnitt liegt heute bei etwa 35 Prozent.
"Einmalbesteuerung" würde heißen, dass die heutige Mehrfachbesteuerung wegfalle. Tatsächlich - so Stefan Schunck - sei es ja heute so, dass eine Vielzahl von Steuern gezahlt werden muss: Lohn- und Einkommenssteuer, die Steuer auf Konsum und Dienstleistungen (Mehrwertsteuer), Umsatzsteuer, Kapitalertragssteuer oder Zinsabschlagssteuer auf Sparguthaben oder Dividenen sowie Erbschaftssteuer. Das seien nur ein paar Beispiele Und auch über die Wiedereinführung der Vermögenssteuer werde ja immer wieder gesprochen. Nach Ansicht des "Steuerforums Fulda" müsse es eine einfache und breitere Bemessungsgrundlage geben und die Handelskammern hätten "die Vision, dass unser Standortnachteil in Deutschland durch unser jetziges Steuersystem mal wegfällt". Machbar wäre dies innerhalb der nächsten zehn Jahre - aber es müsse politischer Wille sein. Und für ein Umdenken in diese Richtung engagieren sich die Teilnehmer des "Steuerforums Fulda", die unter anderem aus Berlin, Würzburg, Ludwigshafen, Oberkochen, Frankfurt am Main, Dresden, Karlsruhe, Hannover, Darmstadt, Detmold, Potsdam oder Bayreuth nach Fulda gekommen waren. +++