Ilse STIEWITT (SPD) - ein "politischer Wandervogel" zieht weiter

"Ich bin ein politischer Wandervogel". Die das sagt, hat mehr als ein Jahrzehnt in der Region Nord- und Osthessen Politik mitgetragen und nimmt jetzt Abschied: Ilse STIEWITT (60), Sozialdemokratin, tritt von der politischen Bühne der Region ab - und niemand ruft "Zugabe". In den vergangenen elf Jahren war sie Regierungspräsidentin, dann hessische Sozialministerin, übernahm dann ein Landtagsmandat für die Region Fulda und war auch Kreistagsabgeordnete. "Meine Mandatszeit ist vorbei" erklärte sie im Gespräch mit "Osthessen-News" und machte auch keinen Hehl, dass sie in die Hauptstadt zieht. "Berlin ist spannend".

"Mit 60 fragt man sich, wie lange man noch im politischen Geschäft mitmachen kann" meinte die gebürtige Niedersächsin. Im März 1943 in Schöningen (Niedersachsen) geboren, arbeitete sie nach dem Abitur als Ingenieurassistentin bei der Fa. Siemens. Von 1966 bis 1971 war sie als Diplom-Sozialwirtin in Göttingen tätig. 1972 wurde sie Referentin des Oberbürgermeisters und später Amtsleiterin in Duisburg. 1984 wechselte sie als Referentin zum Umweltministerium des Landes Nordrhein-Westfalen. 1987 wurde sie Beigeordnete für Schule, Kultur und Sport der Stadt Herne.

Von 1992 bis Mai 1993 war sie Regierungspräsidentin in Kassel, von Juni 1993 bis April 1995 Hessische Ministerin für Frauen, Arbeit und Sozialordnung. 1995 war sie - über Platz 15 der SPD- Landesliste - Mitglied des Hessischen Landtages geworden und kümmerte sich um den Wahlkreis 15 Fulda-Süd. Es folgte eine zweite Wahlperiode bis Herbst 2002 - und hat dann aber nicht mehr kandidiert..

Als eine "Belebung des Kreistages" bezeichnete dessen Vorsitzender Franz Rupprecht (CDU) am Montag dieser Woche Ilse Stiewitt bei ihrer Verabschiedung. Auch SPD-Fraktionschef Günter Strelitz dankte namens der Partei für ihr politisches Engagement und wünschte "alles Gute". In Osthessen war die 60-Jährige am längsten in ihrer Laufbahn "hängen geblieben" - jetzt sucht sie in Berlin die "letzte Herausforderung". Was sie genau macht, verrät sie natürlich nicht ("Das ist noch nicht spruchreif"), aber es sei "nicht nur kulturell, sondern politische Bezüge werde es schon geben".

Das alles klingt nicht gerade sehr überschwenglich - und in der Tat gibt es bei der osthessischen SPD auch keine Abschiedsparty. Es ist eher ein "Abschied in Raten", mal hier, mal da und zwischen den Zeilen ist dann etwas von dem doch "kühlen Verhältnis" zwischen der Sozialdemokratin und der heimischen Basis zu spüren. Sie hat für ihren bisherigen Wahlkreis eine gute Arbeit gemacht, doch zu einem richtig "warmen, innigen und herzlichen Verhältnis" hat es offenbar nicht gereicht. Vielleicht auch ein Grund, warum Ilse Stiewitt jetzt ohne politische Mandate vom ländlichen Flieden in die Bundeshauptstadt wechselt - oder "flüchtet"?

"Ich habe manche Pfähle gesetzt - und wenn jetzt beim Abschied jemand traurig ist, dann wäre das schon schön" sagte Ilse Stiewitt gestern abend. Es ist nicht ausgeschlossen, sie in Berlin auch mal anzutreffen. Der Abstand zur Politik ist jedenfalls nicht groß - schon ihre neue Wohnung wird nur einen Steinwurf von der Museumsinsel entfernt sein.

Übrigens: Nachrücker im Fuldaer Kreistag für die SPD wäre laut Kandidatenliste zum Kreistag Reiner Wahl, der 1. Beigeordnete der Gemeinde Bad Salzschlirf. Ob er allerdings das Mandat annimmt, wußte gestern abend nicht einmal die SPD selbst. (ma) +++

(ma) +++