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03.08.03 - IM WORTLAUT

"Zeugin des Glaubens" - von Bischof Heinz Josef Algermissen

"Edith Stein wird am 12. Oktober 1891 in Breslau als jüngstes von elf Kindern geboren. Ihre jüdische Familie ist tief religiös. Der Vater stirbt so früh, dass Edith keine Erinnerung an ihn hat. In der Schule hat das genial begabte Mädchen keine Schwierigkeiten. Sie ist immer bei den Ersten bis zum Erwerb des philosophischen Doktorgrades 1917 bei Edmund Husserl. Ihre hervorragenden Geisteskräfte bringen sie früh auf eigene Wege. Schon als Siebenjährige entdeckt sie die Einsamkeit des Menschen: „Wir sind eine Welt in der Welt.“ Für ihre Verwandten ist Edith „ein Buch mit sieben Siegeln“. Nur wenige ahnen deshalb, wie sehr sie von der Frage gequält wird: Was ist Wahrheit? Bei der Jugendlichen tritt dann fast notgedrungen an die Stelle des ererbten jüdischen Glaubens das Vertrauen auf die Vernunft.

Im Sommer 1921 geschieht für die inzwischen Dreißigjährige das „Wunder“. Bei ihrer Freundin Hedwig Conrad-Martius findet sie im Bücherschrank das entscheidende Buch ihres Lebens. „Ich griff aufs Geradewohl und holte ein umfangreiches Buch hervor. Es trug den Titel „Leben der heiligen Theresia von Avila“. Ich begann zu lesen, war sofort gefangen und hörte nicht mehr auf bis zum Ende. Als ich das Buch schloss, sagte ich mir: Das ist die Wahrheit.“

Edith liest in Theresias Biographie atemlos ihr eigenes Schicksal. Gott ist nicht ein Gott der Philosophen, sondern Gott ist Liebe. Seine Geheimnisse löst nicht schrittweise der schlussfolgernde Verstand, sondern die liebende Hingabe. Mit sicherem Blick erfasst die Jüdin das Zentrum des Christentums: Jesu Tod und seine Auferstehung.

Äußerlich gesehen geht ihr Leben erst einmal seinen gewohnten Gang, aber innerlich reift sie dem Sakrament der Taufe zu, das sie am 1. Januar 1922 empfängt. Ihre Freude wird nur durch die Furcht getrübt, dass die Mutter, eine fromme und entschiedene Jüdin, diesen Schritt nicht verstehen könnte. Mehrere Monate bringt sie in Breslau zu, um der Mutter ihre Liebe und Hochachtung zu zeigen, damit sie den Schritt ihrer Tochter allmählich annehmen konnte; verstanden hat sie ihn nie.

In der Folge ihrer grundsätzlichen inneren Wandlung möchte Edith sich ganz Gottes Anspruch zur Verfügung stellen. Sie will in den Karmel eintreten, um wie Theresia von Avila den „Weg der Beschauung“ zu gehen. Aber ihr geistlicher Berater, Generalvikar Schwind von Speyer, lehnt diesen Plan ab und verordnet eine lange Wartezeit. Zehn Jahre stellt Edith Stein immer die gleiche Frage: „Darf ich jetzt?“, und immer kommt die gleiche Antwort: „Nein!“ So bleibt sie hauptberuflich Lehrerin an einem Mädchengymnasium und Dozentin am Speyerer Lehrerseminar.

Häufig wird sie in diesen Jahren als geschätzte Referentin und als führender Kopf der Frauenrechtsbewegung ins In- und Ausland eingeladen. 1932 folgt sie einem Ruf an das Institut für wissenschaftliche Pädagogik in Münster, doch schon ein Jahr später verbieten ihr die Nazis die Lehrtätigkeit, weil sie jüdischer Abstammung ist. So kommt von einer Seite die Wende ihres Lebens, von der sie es nicht erwartet hatte.

Klarer als die meisten Juden erkennt sie die Zeichen der Zeit und versucht, das drohende Geschick ihres Volkes im Geheimnis des Kreuzes zu begreifen. Angesichts der Judenverfolgungen wächst sie zu ihrer eigentlichen Sendung heran. Noch kurz vor ihrem Abtransport nach Auschwitz sagt sie in einem Gespräch: „Sie glauben nicht, was es für mich bedeutet, Tochter des auserwählten Volkes zu sein, nicht nur geistig, sondern auch blutmäßig zu Christus zu gehören.“ Am 15. April 1934 tritt sie in den Kölner Karmel ein.

1938 versucht die Priorin des Karmels, ihre Einwanderung nach Palästina zu erwirken. Das misslingt. So nimmt sie der Karmel Echt/Holland auf. In ihrem Testament schreibt Schwester Benedicta, wie Edith Stein nun heißt: „Ich nehme den Tod, den Gott mir zugedacht hat, in vollkommener Unterwerfung entgegen.“ 1940 besetzen deutsche Truppen Holland. Auch in den Ordenshäusern werden Razzien veranstaltet. Am 2. August 1942 wird sie verhaftet.

Wir haben nur ganz wenige Nachrichten über ihren weiteren Weg. Endstation ist Auschwitz, der Ort des Grauens. Dort ist sie mit vielen Hunderttausenden verschollen. Vergast, verbrannt. Keine Spur ist geblieben, nur ihre Bücher, ihre Briefe und der Widerhall, den ihr Leben in den Herzen vieler findet. Ihre letzten überlieferten Worte sind: „Ich gehe für mein Volk …“ Im Jahre 1987 wurde sie selig- und 1998 heiliggesprochen." +++

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