Archiv


18.11.03 - Fulda

EXKLUSIV: Rechtsextreme werben mit totem Erzbischof DYBA

Mit einer ganzseitigen Annonce im Anzeigenblatt "Fulda aktuell" schockiert seit dem Wochenende eine Initiative namens "Die Deutschen Konservativen" die Region Osthessen. "Christen beten zu Erzbischof Dyba" wird oben behauptet und darunter steht in fetten Lettern - wie in einer Boulevard-Zeitung - im Stil eines persönlichen Bekenntnisses: "Gib Martin Hohmann Mut und Kraft - und schütze ihn vor falschen Anschuldigungen". Darunter ein Bild des segnenden Erzbischofs Johannes Dyba mit Mitra und Krummstab. Diese Veröffentlichung ist der unverschämte Versuch, über die umstrittene Rede des - aus der CDU/CSU-Fraktion ausgeschlossenen - Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann, die von Politikern aller Parteien und Ebenen als "unsäglich" eingestuft wird, den seriösen "Deckmantel" der katholischen Kirche und des Christentums zu breiten.

Zunächst verteidigen "Die Deutschen Konservativen eV.", die ihren Schriftzug mit einem stilisierten Brandenburger Tor schmücken, Hohmanns Rede. Da heißt es: "Er hat weder Haß gesät noch böse Worte gebraucht. Er hat nicht gelogen und niemanden verleumdet". Schließlich wird behauptet, Hohmann habe doch nur gesagt, dass alle Menschen und Völker. die von Gott abfielen, ganze Nationen ins Unglück brächten und das hätten auch "der Papst, viele anständige Staatsoberhäupter und Millionen Christen" gesagt. Der Verein mit einer Postfach-Adresse in Hamburg versteigt sich dann zu der Behauptung: "Wir sind sicher: Wäre Erzbischof Dyba noch am Leben - er würde Martin Hohmann verteidigen, sich schützend vor ihn stellen".

Unter der Aufforderung "Darum sollten wir Erzbischof Dyba im Gebet bitten" folgen dann die fünf "Fürbitten-ähnlichen" Sätze:

1. Gib Martin Hohmann Kraft in diesen schweren Stunden

2. Gib Martin Hohmann Mut und Standfestigkeit

3. Schütze Martin Hohmanns Familie

4. Laß Martin Hohmann nicht verzweifeln

5. Gib Martin Hohmann die Fackel, mit der er einem von Verwirrung bedrohten Volk den richtigen Weg weisen kann, auch der CDU/CSU - zur Not sogar gegen sie."

Und weil Dyba ja auch deutscher katholischer Militärbischof war, soll er jetzt "seinen Schutz" auch dem entlassenen Bundeswehrgeneral Reinhard Günzel geben. Und wie nicht anders zu erwarten in derlei Ergüssen richten sich besondere Vorwürfe an "die Medien". Denn "positive Umfrage-Ergebnisse" für Hohmann würden von den Medien bewusst verschwiegen oder "nur versteckt berichtet". Und während "die Medien" Hohmann nahezu einhellig verurteilten, stünden doch "breite Teile der Bevölkerung klar auf der Seite von Martin Hohmann".

Wer dieses - als Anzeige verpackte - polemische und armselige Pamphlet ausgebrütet hat, will damit dumpfe Klischees rechten Gedankenguts bedienen und rührt dafür eine unappetitliche Mischung aus deutschnationalem Patriotismus und blasphemischer "Christen-Benutzung" zusammen. Solche "Meinungsmache" war im Nationalsozialiusmus an der Tagesordnung - und sollte all jene in der CDU aufschrecken, die in einer ständig wiederholten Kritik an der Unionsführung und steter Verteidigung von Hohmann womöglich die Chance sehen, die Entscheidung gegen den Abgeordneten noch "umzudrehen".

Offenbar will nun ein ganz spezielles Klientel aus dem "Fall Hohmann" eigennützig "Honig saugen". Denn in der ganzseitigen Anzeige wird unter dem Motto "Das fragen wir heute alle Bürger" nicht nur gefragt, ob die Leser den Fraktionsausschluss richtig finden und ob sie sich "von den deutschen Medien (besonders vom Fernsehen) ausreichend und objektiv informiert" fühlen. Auf dem "Großen Umfrage- und Stimmzettel" steht auch der verräterische Satz "Würden Sie Martin Hohmann auch wählen, wenn er an der Spitze einer neuen Partei stünde?" Hohmann als neuer Kopf einer oberflächlich gesehen glaubenskonservativen, untergründig aber rechtsextremen "neuen Bewegung" ?

Der "Informationsdienst gegen Rechtsextremismus" weiß über den Verein folgendes zu berichten:

An der Spitze der 1986 gegründeten und nur 25 Mitglieder zählenden "Deutschen Konservativen" steht der Journalist Joachim Siegerist. Ehrenpräsident ist der ehemalige Berliner CDU-Innensenator Heinrich Lummer, der zugleich ständiger Mitarbeiter der "Jungen Freiheit" ist . Sowohl Joachim Siegerist als auch weitere Funktionäre der Deutschen Konservativen stehen wegen ihrer politischen Aktivitäten vor dem Kadi. 1987 werden Siegerist, Michael Stange und Chlodwig Prinz zur Lippe u.a. wegen Beleidigung von Willy Brandt zu einer Geldstrafe verurteilt. Siegerist wird 1994 wegen Aufstachelung zum Rassenhass verurteilt, im Revisionsverfahren wird die Strafe 1997 zur Bewährung ausgesetzt. Die Programmatik der Deutschen Konservativen ist unverkennbar rassistisch. Vereinzelt tauchen auch antisemitische Stereotypen auf. Ausserdem werden immer wieder fremdenfeindliche Ressentiments geschürt.

Die "Deutschen Konservativen" sehen sich selbst als "Bürgerinitiative" und erklären auf ihrer Internet-Seite, sie seien "..unbestreitbar die wohl bedeutendste demokratische, konservative Bewegung in Deutschland", in der mehr als 40.000 Anhänger "den täglichen Kampf gegen die Linken und die linken Medien bestehen". Nach dem "Informationsdienst gegen Rechtsextremismus" hat der Verein dagegen lediglich 25 Mitglieder und "seine Bedeutung ist nur marginal". Nach den Recherchen der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" war die Gruppe "...um gute Kontakte bemüht" zu dem österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider. Zu Veranstaltungen wurde gern der NPD-nahe Liedermacher Frank Rennicke "zum Singen deutscher Volkslieder" eingeladen.

Ein Thema beim Jahreskongress 2000 der "Deutschen Konservativen" war die "Einigung der Rechten", dazu waren Vertreter u.a. der rechten "Deutschland-Stiftung", Aktivisten von Lebensschutzorganisationen und Heiner Kappel vom "Bund Freier Bürger" eingeladen. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering appellierte im März 2002 in einem Offenen Brief an die Generalsekretäre von CDU und CSU, sich von den "Deutschen Konservativen" eindeutig zu distanzieren. Der Grund: der rechtslastige Verein hatte in einer Zeitungsanzeige für ein erwünschtes Bündnis geworben: "Edmund Stoiber als Kanzler - aber in den Bundesländern geht es nicht ohne Schill".

Und noch etwas. "Osthessen-News" hat in Erfahrung gebracht, dass auch der "Fuldaer Zeitung" diese umstrittene Anzeige zur Veröffentlichung vorlag - und von der "FZ" strikt abgelehnt wurde. Beim Anzeigenblatt "Fulda aktuell" gab es auch "Bedenken", wie auf Anfrage unserer Redaktion erklärt wurde. Doch weil der Inhalt "eher nur moralisch anstössig, juristisch aber nicht angreifbar ist", hatte sich der Verlag - so Anzeigenleiter Michael Schmitt - entschlossen, "im Interesse der Meinungsvielfalt" die Anzeige im Wert von etwa 4.000 Euro abzudrucken.




Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön