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20.11.03 - Bad Hersfeld
Eine "letzte Chance" für die Werratalschule in Heringen
Die Schulsituation im Werratal und den benachbarten Regionen ist angespannt. Die Schülerzahlen der Grundschulen in Wölfershau-sen, Heimboldshausen, Hönebach, Mansbach und Ransbach sind gering; die Tendenzen eher fallend. Die "Kreuzbergschule" in Philippsthal hat auf Grund der zu geringen Schüler-Anmeldungen keine fünfte Klasse Förderstufe mehr; die Klassenzahlen für die Haupt- und Realschule sind mehr als dünn. Die "Werratalschule" in Heringen muss aufgrund der schwankenden und instabilen Schülerzahlen in den gymnasialen Klassen der Mittelstufe um den Erhalt der Oberstufe und damit um den Erhalt der Möglichkeit eines Abiturs in der Kali-Stadt bangen.
Angesichts dieser Situation hatte Landrat Dr. Karl-Ernst Schmidt zu zwei Schul-Gesprächen in Heringen und Philippsthal die Schulleitungen, die Eltervertre-tungen sowie die Bürgermeister geladen. Als Moderator, nicht mit großen Versprechungen, wollte Landrat Dr. Schmidt die Lage beraten, um anschließend mit Kultusministerin Karin Wolff auszuloten, ob es Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Schullandschaft im Werra-tal gibt und welche Chancen bestehen, die Abiturmöglichkeit im Werratal zu erhalten. Zudem führte er im Nachgang zum ministeriellen Gespräch weitergehende Erörterungen mit den im Ministerium für die Schulentwicklungsplanung Verantwortlichen und diskutierte Möglichkei-ten, Schule im Werratal zu halten und zu sichern.
"Die Gespräche waren ernüchternd, hart, aber nicht perspektivlos", fasste der Landrat das Ergebnis zusammen, das er am gestrigen Dienstag, 18. November 2003 den zu einer ge-meinsamen Beratung tagenden Verantwortlichen aus Heringen und Philippsthal sowie dem Leiter des Staatlichen Schulamtes Hersfeld-Rotenburg/Werra-Meißner, Wolfgang Krippner, im Dorfgemeinschaftshaus Unterneurode vortrug. Im einzelnen berichtete der Landrat:
Grundschulen
Kultusministerin Wolf und die Verantwortlichen im Kultusministerium stimmten mit ihm über-ein, dass für die Kleinsten möglichst wohnortnahe Grundschulen erhalten werden sollen. Dabei stehe das Ministerium der klassenübergreifenden Beschulung - also Klassen eins und zwei gemeinsam sowie drei und vier gemeinsam - offen gegenüber, wenn dies nicht zu ei-nem erhöhten Lehrerbedarf führe. Dies, so der Landrat, müsse nun gemeinsam mit dem Staatlichen Schulamt sowie den politisch Verantwortlichen diskutiert und abgewogen wer-den, wo klassenübergreifende Grundschschul-Beschulung sinnvoll und möglich ist. Hessen-weit gelte nach den Angaben der Ministerin sowie der Experten im Ministerium, dass es nur eine Grundschule pro Großgemeinde geben solle. Ausnahmen seien aber möglich.
Kreuzbergschule Philippsthal
Für die Philippsthaler Schule stehen die Aussichten denkbar ungünstig. Die Klasse fünf der Förderstufe fehlt aufgrund geringer Anmeldezahlen komplett. Die Klasse sechs der Förder-stufe hat nur 18 Kinder. Die Klassen sieben und acht haben im Schnitt von Haupt- und Real-schule je neun Schülerinnen oder Schüler, die Klassen neun 10 Haupt- und 16 Realschüler und die Klasse 10 nur 15 Realschülerinnen und -schüler - das ist deutlich zu wenig, um ü-berlebensfähig zu sein.
Werratalschule Heringen
Sorgen bereiten die geringen Schülerzahlen in der Oberstufe der Heringer Werratalschule sowie die schwankenden Zahlen im gymnasialen Zweig der Mittelstufe. Insgesamt ist die Jahrgangsbreite mit durchschnittlich 98 Kindern in den Klassen sieben, acht und neuen über-lebensfähig - vorausgesetzt, die Eltern im gesamten Werratal schicken auch weiterhin ihre Kinder in die Heringer Schule und lassen sie dort ihre Abschlüsse machen. Die Schule sel-ber will ab kommendem Schuljahr den gymnasialen Zweig schon ab Klasse fünf anbieten und zugleich beantragen, als erste Schule eine 12jährige Schulausbildung mit Abiturab-schluss anzubieten. Vor diesem Hintergrund, so der Landrat, wolle das Ministerium wohlwol-lend prüfen, ob der Werratalschule eine dreijährige Bewährungs-Frist eingeräumt werden könne, in der sich die Schülerzahlen allerdings auf "50 plus" im gymnasialen Bereich stabili-sieren müssten. Anderenfalls drohe dem Abitur im Werratal das Aus, sagte der Landrat.
"Es ist fünf vor Zwölf", betonte Dr. Schmidt im Gespräch mit den Bürgermeistern, den Schul-leitungen sowie den Elternvertretern. Zu spät sei es aber noch nicht, jedenfalls nicht für die Werratalschule mit ihrem gymnasialen Angebot. Er appellierte an die Schulleitung, alles zu unternehmen, um mehr Schülerinnen und Schüler für das Abitur in Heringen zu gewinnen. "Nur wenn das Angebot angenommen wird, nur wenn die Eltern im Werratal das Angebot für ihre Kinder akzeptieren und es auch wahrnehmen, wird die gymnasiale Oberstufe eine Chance erhalten. Anderenfalls nicht", fügte Landrat Dr. Schmidt an. Schulamtsdirektor Krippner erklärte, es gebe "keinen Anhaltspunkt, dass die Oberstufe in Heringen schlechter ist, als andere". Auch koste die Oberstufe in Heringen nicht mehr, als etwa in Bad Hersfeld oder Rotenburg.
Landrat Dr. Schmidt unterrichtete abschließend, dass der im Kultusministerium für die Schulentwicklungsplanung Verantwortliche im kommenden Monat in den Landkreis kommen und mit den Verantwortlichen über die Zukunft der Oberstufe in Heringen diskutieren werde. Bis dahin, so Dr. Schmidt, müsse die Zeit genutzt werden, um neue Möglichkeiten zu erar-beiten, Konzepte zu entwerfen und tragfähige Schülerzahlen zu ermitteln. "Wir haben eine Chance - wir wollen sie nutzen", schloss der Landrat. +++