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Auch die "Mutter" des Frauenhauses Anni Koch (2.v.rechts) war gekommen. - Gabriele Weigand-Angelstein

Die "familiäre Feier" war gut besucht. - Gabriele Weigand-Angelstein

23.05.02 - FULDA

Feier: 20 Jahre Frauenhaus Fulda - Achtung und Anerkennung

Dank und Anerkennung für 20 Jahre "unermüdlicher Arbeit von haupt- und ehrenamtlichen Frauen" standen im Mittelpunkt der heutigen Feier zum 20-jährigen Jubiläum des Frauenhauses Fulda. Mehrere Rednerinnen und Redner drückten Respekt vor der Leistung vieler Beteiligter aus, ermahnten aber auch dazu, das Vorhandensein familiärer Gewalt und daraus folgender Probleme weiterhin öffentlich bewusst zu machen.

Zu der Jubiläumsfeier im Bonifatiushaus Fulda - in locker-freundschaftlichem Rahmen - waren viele Gäste gekommen - in der Mehrzahl Frauen. Die Vorstandsvorsitzende des "Sozialdienstes katholischer Frauen" (SkF), Gisela Buhl, konnte - neben den Rednern - unter anderem von der katholischen Kirche Stadtdechant Peter Hauser, Stadtpfarrer Winfried Reith und Diözesanreferentin Anne Schmitz, von der evangelischen Kirche den Leiter der Kreisstelle Fulda des Diakonischen Werks, Pfarrer Burkhard Enners, den Leiter des Jugendamtes der Stadt Fulda, Reinhold Gutperlet sowie die SPD-Landtagsabgeordnete Silvia Hillenbrand begrüssen. Die ebenfalls eingeladene hessische CDU-Sozialministerin Lautenschläger hatte wegen Terminproblemen eine Absage - aber nicht einmal ein schriftliches Grußwort - geschickt.

Der Fuldaer Weihbischof und Generalvikar Professor Ludwig Schick betonte, die Verantwortlichen im Bistum seien sich der "Bedeutung der Frauenhausarbeit" bewusst und sagten von Herzen Dank. Seit 20 Jahren leisteten die Ehren- und Hauptamtlichen eine "ureigenste Aufgabe der Kirche". Denn wenn man sich die von Christus aufgetragenen jeweils 7 "Werke der leiblichen und geistlichen Barmherzigkeit" ins Gedächtnis rufe, würden "im Frauenhaus an den hilfesuchenden Frauen und Kindern oft alle 14 Werke zusammen ausgeübt". Schick rief aber auch zur stärkeren politischen und gesellschaftlichen Aufarbeitung des Problembereichs "familiäre Gewalt" auf. Viele Menschen wüssten nicht, dass häusliche Gewalttaten in den vergangenen Jahren gleichbleibend hoch oder sogar steigend seien. Kirchen, Seelsorger, Jugendarbeit, Schule, Erziehung, Politik und Justiz müssten intensiver auf das Thema eingehen und Maßnahmen überlegen.

Wenn die Problematik körperlicher oder seelischer Gewalt in Familien unbewältigt bleibe, werde Gewalt in die Gesellschaft getragen. Schick forderte, die Gewalttat von Erfurt nicht so schnell zu vergessen, sondern "als Stachel im Fleisch" zu behalten. Er selbst werde sich als Beauftragter der deutschen Bischofskonferenz für Männerseelsorge in der katholischen Kirche für den "Abbau männlichen Gewaltpotentials" einsetzen. Auch die Kirche müsse stärker für die Suche und Einübung gewaltfreier Formen der Aggressionsbewältigung eintreten.

Der Fuldaer Oberbürgermeister Dr. Alois Rhiel sagte, er könne sich "nahtlos und voll deckungsgleich" den Dankesworten und Einschätzung von Schick anschließen. Das Frauenhaus Fulda sei entstanden, weil "eine Frau angesichts einer Notlage die Initiative ergriff". Im Raum Fulda kam noch der "glückliche Umstand" hinzu, dass sich der SkF als stabile Organisation dieser Aufgabe annahm sowie vom Bistum und den Kommunen Verständnis und Finanzhilfe beigesteuert wurden. Rhiel sprach die Hoffnung aus, dass das nach wie vor bestehende Problem von Gewalt in Familien künftig "immer wieder öffentlich gemacht" und nicht nur in den Fachgremien erörtert werde. Gertrud Baumgarten vom Kreisausschuss - in Vertretung des verhinderten 1. Kreisbeigeordneten Möller - sagte, 20 Jahre "Dienst am Nächsten" seien ein "echter Anlass zur Freude".

Die Fuldaer Frauenbeauftragte Hildegard Hast erklärte, sie sei "voller Achtung und Anerkennung" für das Geleistete. Durch eine Art "Netzwerk engagierter Frauen" in der Region - die einander zu verlässlichen Bündnispartnern wurden - habe vieles auf den Weg gebracht werden können. Sie wisse, dass im Landesvergleich die "Finanzierung des Frauenhauses Fulda immer deutlicher und sicherer war als anderswo" und sie hoffe, dass das so bleibe. Die Erfolgsgeschichte der Einrichtung sei auch wesentlich durch das "nicht immer einfache Zusammenwirken der haupt- und ehrenamtlichen Frauen" zustandegekommen. Polizeidirektor Günther Voß wies auf die Bedeutung des Frauenhauses mit einem persönlichen Erlebnis hin: als 20-jähriger Berufsanfänger wurde er zu einer "Familienstreitigkeit" gerufen und dachte über den in Gewahrsam und Ausnüchterungszelle gebrachten Vater damals: "Damit ist er nur 1 Tag weg". Bundesweit suchten 45.000 Frauen jährlich in Frauenhäusern Hilfe, die Dunkelziffer häuslicher Gewalttaten sei aber wesentlich höher. Die Polizei habe sich bei solchen Einsätzen auch verändert: er und sein Kollege seien damals "irgendwie hilflos" gewesen, heute würden junge Beamte in Schulungen auf diese Situationen und die nötigen Hilfestellungen für Opfer vorbereitet.

Eine "Zeitreise" durch 20 Jahre Frauenhaus - bei der Gründerin der Einrichtung Anni Koch (die auch Mitbegründerin des SkF und 30 Jahre Geschäftsführerin war) zu Wort kam und mit minutenlangem Applaus bedankt wurde - mit persönlichen Schilderungen Beteiligter und ein Festvortrag von Gabriele Glorius von der SkF-Zentrale Dortmund über "Wegweisung für Männer! Wegweisend für Frauen?" beschlossen die Jubiläumsfeier.

Das vom "Sozialdienst katholischer Frauen" getragene Frauenhaus in Fulda hat seit 1982 insgesamt 934 Frauen und 1.029 Kindern Aufnahme und Hilfe zum eigenen Leben ermöglicht. Gisela Buhl sagte, trotz neuer Regelungen wie dem "Wegweisungsrecht" habe das Frauenhaus Fulda im Jahr 2001 mit 68 Frauen und 77 Kindern die höchste Aufnahmezahl seit Gründung registriert. Tendenz sei, dass immer mehr junge Frauen kämen und somit häusliche Gewalt nicht als jahrelanges Martyrium ertragen wollten. +++


OB Rhiel (1. rechts) und Weihbischof Schick (Mitte) sprachen. Stadtpfarrer Reith (links) hielt die Messe. - Gabriele Weigand-Angelstein

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