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Der große zeitgenössische Philosoph Prof. Hermann Lübbe bei seinem beeindruckenden Vortrag - Torsten Jahn

Kann nicht nur sparen, sondern auch philosophieren: Fuldas Oberbürgermeister Gerhard Möller - Torsten Jahn

14.05.04 - Fulda

Fördert Fortschritt Fundamentalismus? Philosoph Prof. LÜBBE bei "IT-Forum"

"Das war wirklich ein enorm spannender Abend - man musste allerdings sehr aufmerksam zuhören und mitdenken", sagte ein Teilnehmer nach dem "1. Fachforum IT-Zeitsprünge". Der gemeinnützige Verein "Zeitsprung IT-Forum Fulda e.V." hatte in das Museumscafe eingeladen und rund 100 Besucher waren gekommen, um den 78-jährigen international renommierten Philosophen Professor Dr. Hermann Lübbe zu hören, der mit seinen Ausführungen das Publikum zugleich forderte und faszinierte.

"Die konstant steigende Evolutionsgeschwindigkeit unserer Gesellschaft führt zu wachsenden sozialen Problemen". Zu diesem Ergebnis kam Professor Dr. Hermann Lübbe von der Universität Zürich im Rahmen des Fachforums. Der aus Deutschland stammende Zürcher Geisteswissenschaftler wird von Fachleuten als einer der großen zeitgenössischen Philosophen bezeichnet. Er war einer der ersten, der sich philosophisch mit den Folgen der weltweiten Vernetzung auseinander setzte. In Fulda betonte er in seinem Vortrag, dass in den modernen Zivilisationen nicht Armut, sondern die Unfähigkeit zur Anpassung der Lebensentwürfe an die Segnungen der neuen Zeit, das eigentliche soziale Problem seien.

Professor Lübbe fesselte die Zuhörer mit seinen Gedankenkonstruktionen zur "Gegenwartsschrumpfung und Vergangenheitsgegenwärtigung". Anhand von Beispielen aus der Wissenschaft, der Ökonomie und der Kunst erläuterte Lübbe, dass sich ständig verkürzende Innovationszyklen allmählich die Menschen verunsichern. Die Halbwertzeit von Wissen nehme ständig ab, so dass sich mittlerweile eine eigene Zunft der Wissenschaftshistoriker entwickelt habe. Prof. Lübbe kam zu dem Ergebnis, dass der stete Fortschritt den Wert alterungsresistenter kultureller Bestände erhöht. Damit erklärte er auch das wachsende Phänomen des Fundamentalismus. Die Gegenwartsschrumpfung, so Lübbe weiter, habe auch Auswirkungen auf unser Verhältnis zur Zukunft. Zukünftige wissenschaftliche Entwicklungen seien immer weniger vorhersagbar. "Die unbekannte Zukunft rückt näher und wirkt auf uns unbehaglich."

Hermann Lübbe ist 1926 in Aurich/Ostfriesland geboren. Ab 1956 lehrte er an den Universitäten Erlangen, Hamburg, Köln, Münster, Bochum und Bielefeld. Von 1966 bis 1970 war er Staatssekretär, erst im Kultusministerium, dann beim Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen. Von 1971 bis 1991 war er ordentlicher Professor für Philosophie und Politische Theorie an der Universität Zürich, seit 1991 ist er dort Honorar-Professor. Der mit vielen Ehrungen ausgezeichnete Geisteswissenschaftler war von 1975 bis 1978 Präsident der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland. Wichtige Veröffentlichungen und Bücher sind "Politischer Moralismus" (1987), der vieldiskutierte "Abschied vom Superstaat" (1994), "Ich entschuldige mich" - Das neue politische Bußritual (2001) und "Im Zug der Zeit. Verkürzter Aufenthalt in der Gegenwart" (2003). Der 78-jährige fügt seinem Wirken noch immer neue Aufgaben zu: am 17. Mai wird er seine Antrittsrede halten - als neuer "Senior Fellow" des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen für das Sommersemester 2004.

Großes Lob erntete bei dem "Zeitsprung-Forum" aber auch der Fuldaer Oberbürgermeister Gerhard Möller für seine philosophische Einführung mit dem Titel "Unser Verhältnis zur Zeit" und der tiefgründigen Auseinandersetzung mit diesem Thema. Möller hob die Notwendigkeit von "Haltepunkten" hervor, die bei der "Terminhatz von Stunde zu Stunde" verloren gingen. "Je mehr wir unser Zeitgeschehen betrachten, um so flüchtiger erscheint uns heute der Wechsel von Aufgaben, Meinungen und Erfolgen. Was bleibt uns eigentlich von unserer Zeit?" Möller ging schließlich auf das Bonifatiusjubiläum als Fuldas Beitrag zur Vergangenheitsgegenwärtigung ein.

Zeitsprung-Vorsitzender Carsten Micheel-Sprenger und Organisationsleiter Prof. Dr. Hans-Ulrich Bühler waren mit dem "1. Fachforum IT-Zeitsprünge" vollauf zufrieden und wollen diese Veranstaltungsreihe fortsetzen.

"Zeitsprung IT-Forum Fulda e.V." ist ein gemeinnütziger Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, die Informationstechnologie in der Wirtschaftsregion Fulda zu fördern. Mehr als 100 Unternehmer, Führungskräfte, Studenten und Professoren sind hier organisiert und treffen sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch. Neben der bereits zum zweiten Mal veranstalteten Fachtagung IT-Zeitsprünge (www.it-zeitspruenge.de) hat der Verein auch eine eigene IT-Datenbank (www.it-regionfulda.de) im Internet errichtet, in der IT-Leistungen und IT-Jobs angeboten und gesucht werden können. Mitglieder und Freunde des Vereins treffen sich am zweiten Donnerstag jeden Monats zum IT-Stammtisch im Bistro des ITZ-Fulda. +++


Zufrieden mit der Resonanz des Forums: Prof. Hans-Ulrich Bühler - Torsten Jahn

100 aufmerksame Zuhörer im Museumscafe - Torsten Jahn

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