Mein Rückblick: Lebensretter zeigen uns, was wichtig ist - Optimismus ist gefragt
01.01.25 - Der Jahreswechsel hat so seine Eigenarten: Unser Handeln ist zumeist vorbestimmt. Silvester feiern, auf Mitternacht warten und schon ist es Neujahr. So wirklich Zeit bleibt nicht. Und doch schauen wir auf das gerade ablaufende Jahr zurück. Was war gut, was dagegen nicht so fein, was hat uns bewegt?
Das Persönliche an dieser Stelle außen vor gelassen, sind meine Gedanken sofort beim Fußball. Beim Kreispokal-Halbfinale am 31. Juli 2024. Der ESV Hönebach ist im Stadion Am Hattenberg bei der SG Niederaula/Kerspenhausen zu Gast. Meinem Heimatverein. Nach unserem verdammt bitteren "Aus" im Aufstiegsspiel zur Gruppenliga wenige Wochen zuvor, eine gute Gelegenheit, zu zeigen, dass wir wieder da sind. Wir führen 1:0. Doch plötzlich ist das alles völlig egal. In nur wenigen Sekunden wird klar, dass Ergebnisse so nebensächlich sind.
Fabian Wozniak und Julien Suresch laufen nebeneinander. Plötzlich sackt Julian zusammen, Fabi kniet neben ihm und schreit los. Er erkennt sofort, was los ist. Ich denke erst, Julian ist vielleicht im Rasen hängen geblieben. Betreuer von beiden Mannschaften rennen zum Spieler vom ESV Hönebach. Plötzlich beginnt einer mit der Reanimation. Schock. Hastig wähle ich den Notruf, keife den Leitstellen-Disponenten an: keine Zeit für irgendwelche Fragen, sofort einen Notarzt hierher. Punkt. Natürlich die völlig falsche Vorgehensweise von mir.
Ersthelfer sind Vorbilder
Richtig machen es vor allem Stefan Brandenstein und Sascha Klemenz. Der Spieler aus Hönebach und der Betreuer von uns - sie sind es, die Julian Suresch retten, ihn zurückholen. Alle Spieler und Betreuer beider Mannschaften bilden einen Kreis um den Kameraden - sie bilden einen Schutzraum. Notarzt und Rettungsdienst bringen ihn später ins Klinikum Fulda. Nach dem ersten Schock ein bisschen Erleichterung. Doch unsere Gedanken sind natürlich weiter bei Julian. Wird er es überstehen? Und natürlich kreisen die Gedanken bei jedem auf dem Sportplatz: Was ist, wenn mir das passiert und kein Stefan oder Sascha vor Ort sind? Das Thema Gesundheit rückt ganz schnell in den Mittelpunkt. Unsere Mannschaft hat inzwischen eine Weiterbildung mit dem Thema Erste Hilfe bei Bewusstlosigkeit gemacht - aus eigenem Antrieb. Im Sportlerheim in Hönebach hängt seit Kurzem ein Defibrillator.
Wenige Wochen nach dem Notfall fahre ich nach Hönebach und treffe dort Julian und Stefan - an dem Tag wurde Julian aus dem Klinikum entlassen. Sascha weilte im Urlaub und besuchte später ein Spiel des ESV - auf Einladung von Julian. Es geht ihm gut - er trägt nun einen Defi im Körper. So wie der dänische Fußballnationalspieler Christian Eriksen. Er spricht mit uns, um Mut zu machen und auf die Wichtigkeit von Erster Hilfe und Defibrillatoren hinzuweisen. Was ein emotionaler Termin. Wenn es um Leben geht, wenn das wirklich Wichtige im Mittelpunkt steht, zeigt sich, wie entscheidend das Füreinander ist. Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie schnell und umsichtig so viele Menschen geholfen haben. Und wie egal es war, wer wo herkommt. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein - aber ist es das? Leider nicht.
Wir verlieren uns in Nebensächlichkeiten
Im allzu hektischen Alltag geht das viel zu oft unter. Wir verlieren uns in Nebensächlichkeiten. Dabei dürfen wir gerade in der heutigen Zeit nicht den Mut verlieren, sollten einfach mit mehr Optimismus in die Zukunft schauen. Was bringt dieses ewige Alles-Schlecht-Reden? Nichts. Ja, ich habe was gegen ständigen Negativ-Journalismus. Aber "wir" Deutschen wollen das bedauerlicherweise allzu oft - oder kriegen es aufgedrückt. Wieso nur? Neid und Machtbesessenheit regieren das Handeln. Wieso sind andere Länder besser dran, auch wenn sie vielleicht finanziell ärmer erscheinen? Weil sie optimistisch denken. Bei uns wird das schnell mit "realitätsfern" abgetan.
Aber das gehört zur Ehrlichkeit auch dazu: Die beschissenen Kriege zermürben. Egal wo, ob die in den Medien präsenten Unruhen oder in Ländern dieser Welt, die es nicht in die großen Nachrichtensendungen "schaffen". Wieso müssen immer wieder irgendwelche Machthaber Gewalt anwenden? Waffen sind einfach so sinnlos. Frieden bleibt wohl nur ein unerfüllbarer Wunsch.
Nicht wollen, sondern machen
Was die politischen Verhältnisse in Deutschland angeht: In diesen Wochen wird uns wieder erzählt, was die Kandidaten und ihre Parteien alles besser machen wollen. Ich finde: Nicht wollen, sondern machen. Wir brauchen Lösungen und Aufbruchstimmung und keine Gesetze, welche ein Großteil der Bevölkerung sich nicht leisten können und somit nicht umsetzen können. Gemeinsam statt Bevormundung - es steht wieder einmal eine Richtungswahl in Deutschland an.Hoffentlich verwechselt so mancher Wahlkämpfer nicht das Rednerpult für die wichtigen politischen Themen mit der närrischen Bütt. Die Karnevalskampagne und gleichzeitig Bundestagswahlkampf - es ist eine verrückte Zeit. Trotz aller Sorgen - lasst uns optimistisch nach vorne schauen. Im Frühjahr wird das Pokalspiel wiederholt. Möge das bessere Team gewinnen. Ach, stimmt, das sind ja eh wir. Ein bisschen Spaß gehört halt auch dazu. Jahreswechsel hin oder her. (Hans-Hubertus Braune) +++